ImageBei der Vollversammlung am 23. Oktober 2010 in Linz wurde Norbert Bauer zum neuen Vorsitzenden gewählt. Das WERKSTATT-Blatt hat sich mit ihm über Arbeitsschwerpunkte und Zielstellungen unterhalten.


WERKSTATT-Blatt: Norbert, Du bist seit 2004 bei der Werkstatt. Wie bist Du zur Werkstatt gekommen?

Norbert Bauer: Damals wurde in Wien von der "Friedenswerkstatt", wie sie damals noch hieß, eine Bündniskonferenz für die Einleitung eines "Friedensvolksbegehrens" organisiert. Bei diesem Treffen war ich zufällig dabei und zunächst einmal ganz angetan von der Friedenstaube am Werkstattplakat, das vorgestellt wurde. Danach habe ich mich immer wieder an Aktionen der Werkstatt beteiligt und wurde so langsam mit den politischen Stoßrichtungen dieser Gruppe vertraut.

WERKSTATT-Blatt: Ein Eindruck erscheint auffallend: Es ist viel in Bewegung in der Gesellschaft. Auch durch die Krise. EU-Analyse und EU-Kritik ist aber mit wenigen Ausnahmen verstummt. Wie erklärst Du Dir das?

Norbert: Die politischen, sozialen, gesellschaftlichen, religiösen und kulturellen Umbrüche in und vor denen wir noch stehen, sind auch hierzulande tatsächlich gewaltige. Bei den diesbezüglichen Analysen und Prognosen wird dabei von Politikern und Medienvertretern, aber auch von den meisten NGO's EIN Thema nahezu ausgeklammert oder clever umschifft: die Europäische Union ("EU"), beziehungsweise deren maßgebliche Rolle beim Durchpeitschen der aktuellen  neoliberalen und militaristischen Politik.

Man will diesen "Traum", man könnte es etwas salopp auch als Hirngespinst bezeichnen, diese EU könne sich irgendwann doch noch zum besseren verändern, und dann endlich die versprochene "Friedens-, und Sozialunion" entstehen, um keinen Preis aufgeben. Nahezu alle politischen Gruppierungen tanzen deshalb regelrecht um diese EU wie um das biblische Goldene Kalb. Jede substanzielle EU-Kritik wird hingegen schnell und vehement ins rechte Eck gedrängt, was augenscheinlich viele kritische und durchaus engagierte Menschen von einer offenen Artikulation ihrer EU-Sekpsis abhalten dürfte. Dabei weist die Werkstatt immer wieder darauf hin, dass speziell die FPÖ, jenseits ihrer (kampf)rethorischen Schaumschlägereien, sowohl  mit ihrem Abstimmungsverhalten bei Parlamentsbeschlüssen als auch durch ihre programmatische Ausrichtung geradezu als  Vorantreiber eben dieses "Hegemonialprojektes EU" bezeichnet werden müsste.
 
Hier bietet die Solidarwerkstatt mit ihren schonungslosen Analysen und zukunftsträchtigen Vorschlägen eine erfrischende Alternative für all jene, die bei dem oben erwähnten "Tanz um das Goldene Kalb EU" nicht mehr mitmachen wollen.

WERKSTATT-Blatt: Du bist Betriebsratsvorsitzender bei einer int. Hotelkette und über die FCG in der Gewerkschaft Vida aktiv. Wie erlebst Du die aktuelle Situation für die Beschäftigten in der Gastronomie?

Norbert: Die Unzufriedenheit der Beschäftigten im Hotel-, und Gastgewerbe ist enorm angestiegen, wie jüngste diesbezügliche Umfragen klar ergeben haben. Der schlechte Ruf als "Niedriglohnbranche" verwundert in diesem Zusammenhang auch nicht allzusehr, verdiente doch 2009 über die Hälfte aller Beschäftigen weniger als 1481.- Euro brutto. Dazu kommen die überwiegend unregelmäßigen Arbeitszeiten und Überstunden ohne Ende. Ich will hier kein Eigenlob betreiben, wenn ich darauf hinweise, dass das Hotel, in dem ich arbeite, - was das Lohn und Gehaltsniveau betrifft -, sicherlich zu den Top 10 in Wien zu zählen ist. Hier ist allerdings anzusetzen, bietet doch gerade unsere Branche  viele Möglichkeiten und durchaus auch Taumjobs. Speziell das Hotel und Gastgewerbe dürfte übrigens besonders unter der allgemeinen Senkung der Lohnquote in Österreich seit dem EU-Beitritt gelitten haben. Diesem Negativtrend ist entschieden entgegenzuwirken. Um den VIDA-Vorsitzenden Kaske zu zitieren: "Lohn und Sozialdumping sind nicht vereinbar mit unserem Ruf als Qualitätstourismusland".

WERKSTATT-Blatt: Ist für Deine Arbeit als Betriebsrat, Deine Aktivität in der Werkstatt eine Belastung oder eine Bereicherung.

Norbert: Das aus der Mitarbeit bei der Solidarwerkstatt resultierende politische Rüstzeug bereichert meine Betriebsratsarbeit durchaus und ergänzt die Bildungsangebote von AK und ÖGB auf sehr erfrischende weise, um es etwas diplomatisch zu formulieren.

WERKSTATT-Blatt: Gibt es spezielle Vorhaben, die Du mit Deiner Vorsitzübernahme verbindest?

Norbert: Wir von der Solidarwerkstatt sehen das Ringen um den konkreten politischen Raum Österreich als unser wesentliches politisches Vorhaben. Ich möchte dazu beitragen, engagierte Menschen davon zu überzeugen, sich jenseits von politischem Lagerdenken für dieses Vorhaben, für dieses  Projekt mit Namen "Österreich" im eigenen Umfeld einzusetzen.

WERKSTATT-Blatt: Was sind nach Deiner Auffassung die nächsten Schritte für die Werkstatt?

Norbert: Wir bräuchten - gerade jetzt - mehr Staatsausgaben für Bildung, Gesundheit, Öffentlicher Verkehr usw., also eine Erhöhung der Staatsquote. Stattdessen wird weiter eisern gespart und gekürzt. Dass dies "nicht in unserem Namen" geschieht, darauf werden wir als Solidarwerkstatt bei unseren nächsten Aktionen immer wieder hinweisen. Außerdem haben wir erst jüngst eine Bürgerinitiative "Pflege in die Sozialversicherung" gestartet. Die Thematisierung und damit die klare Ablehnung der österreichischen Beteiligung an den EU-Battle Groups wird ebenfalls ein wichtiger Schwerpunkt für die kommenden Monate. Natürlich werden wir auch alles in unserer Kraft stehende tun, um das Volksbegehren “Raus aus EURATOM” (28.2. bis 7.3.2011) zu einem Erfolg zu machen. Nicht zuletzt planen wir, am 15.Mai einen jährlichen "Gedenk,- und Feiertag" rund um die Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages zu etablieren.  In diesem Zusammenhang lade ich alle Menschen mit weltoffener Gesinnung herzlich ein, in und mit der Solidarwerkstatt auf einen lebens-, und liebenswürdigen Solidarstaat Österreich hinzuwirken.