Bei der ao Vollversammlung der Solidarwerkstatt Österreich am 1.7.2018 wurde folgendes Aktionsprogramm für die Bereiche "Wirtschaft - Soziales - Umwelt" beschlossen. Für uns sind diese Programme Orientierung für unsere aktuelle Politik und zugleich "work in progress". Wir freuen uns daher über Diskussionsbeiträge. (an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Aktionsprogramm der Solidarwerkstatt

Soziales – Wirtschaft - Umwelt

Version 1.0

beschlossen bei der ao Vollversammlung der Solidarwerkstatt Österreich am 1.7.2018 in Linz

Überblick

A. Vorspann

    A.1. Ringen um Selbstbestimmung
    A.2. Vielfalt statt Konzern- und Technokratieherrschaft
    A.3. Kooperative Rahmenbedingungen statt EU-Konkurrenzregime

B. Konkrete Forderungen zu Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik

    B.1. Volkssouveränität und internationale Kooperation auf Augenhöhe
    B.2. Vollbeschäftigungspolitik – Für das Recht auf Arbeit
    B.3. Solidarstaat ausbauen – Solidarquote erhöhen
            B.3.1. Umfassende öffentliche Solidarversicherung
            B.3.2. Weitere Maßnahmen für Verteilungsgerechtigkeit, Armutsbekämpfung,  Umweltschutz und Nachhaltigkeit
           
B.3.3. Zukunftsfähige, sozial gerechte und ökologische Steuer- und  Abgabenpolitik
    B.4. Wirtschaftsdemokratie entwickeln
    B.4.2. Demokratische Steuerung der Ökonomie
    B.4.1. Öffentliches und gemeinschaftliches Eigentum stärken

 

A. Vorspann

A.1. Ringen um Selbstbestimmung

Wirtschaftssysteme mit rigider Verstaatlichung und autoritärer Kommandoökonomie sind zusammengebrochen. Das markiert eine historische Niederlage gesellschaftlicher Kräfte, die um menschliche Emanzipation ringen. Diese Kräfte sind jedoch bereits zuvor in eine langjährige Defensive geraten. Die Arbeiterbewegung hofft, mit der Durchsetzung ihrer Interessen die Durchsetzung allgemeiner Interessen zu erreichen. In der gesellschaftlichen Praxis ist es ihr jedoch nicht gelungen, die Sehnsucht nach Freiheit, die Auflehnung gegen autoritäre Strukturen und Politik, wie sie gerade ab der Mitte des 20. Jahrhunderts virulent geworden sind, in ihre politische Praxis zu integrieren.

Kapital- und Konzerninteressen waren zu jener Zeit in einer prekären Lage. Riesige Territorien und Menschenmassen waren durch die Existenz des sogenannten realen Sozialismus dem freien Markt entzogen. Zahlreiche Völker führten einen ernsthaften Kampf um Befreiung vom kolonialen Joch und imperialistischer Bevormundung. Nach der Niederlage des Faschismus ist es zu einem enormen Aufschwung der Arbeiterbewegung gekommen, die vielfach erheblichen Einfluss auf die jeweilige nationale Politik erreichte. Der Aufstand gegen autoritäre gesellschaftliche Strukturen und restriktive Verhältnisse, der besonders auch von den neuen Bildungsschichten getragen wurde, schien die Elitenherrschaft ernsthaft auf Dauer zu gefährden. Erst die Eskalation des falschen Konflikts zwischen traditioneller Arbeiterbewegung und neuen sozialen Bewegungen ermöglichte der Elitenherrschaft wieder in die Offensive zu kommen. Mit dem Ruf nach Aufbrechen verkrusteter Strukturen, nach Überwindung nationaler Grenzen gelang es den Eliten, die als Globalisierung verbrämte neoliberale Wende als Realisierung der Anliegen der neuen sozialen Bewegungen zu verkaufen. Die Verklärung des EU-Projekts ist dafür kennzeichnend. Die Überwindung des falschen Konflikts zwischen traditioneller Arbeiterbewegung und den neuen sozialen Bewegungen muss daher Ausgangspunkt jedes emanzipativen Projekts am Beginn des 21. Jahrhunderts sein. Es gilt, die Sehnsucht nach Freiheit und Geborgenheit in ihrer Unauflöslichkeit und in ihrer Widersprüchlichkeit anzuerkennen.

Die Herrschaft des sogenannte „freie Marktes“ ist in Wirklichkeit die Herrschaft von Konzern- und Technokratieeliten. Wir erleben gerade in der EU eine unglaubliche Zusammenballung von wirtschaftlicher und politischer Macht bei kapitalistischen Industrie- und Finanzoligarchien und den mit ihnen oft nahezu verschmolzenen staatlichen Machteliten. Über Verträge und Institutionen der Europäischen Union wurde ein neoliberales Konkurrenzregime einzementiert, das auf maximale Eigenkapitalrendite und die Kapitalisierung aller Lebensbereiche abzielt. Im Rahmen dieses Konkurrenzregimes erfolgt der Großangriff auf die sozialen und demokratischen Errungenschaften, die auf der Ebene der Nationalstaaten erkämpft werden konnten. Das führt zu einer zunehmenden Brutalisierung der gesellschaftlichen Entwicklung: verschärfte soziale Ungleichheit, Massenarbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung, ökologische Verheerungen, kriegerische Gewalt nach außen und zunehmende Repression nach innen. Die Zentralisierung der Macht bei wenigen lässt demokratische Prozedere immer mehr zur Fassade werden. Technokratische Institutionen, die demokratisch kaum belangt werden können (z.B. EZB, ESM, EU-Kommission) entmündigen zunehmend gewählten Parlamente und setzen Konzerninteressen als vorgebliche „Sachzwänge“ („There is no alternative“, „marktkonforme Demokratie“) gegen Mehrheitsinteressen durch. Wachsende Ohnmacht und soziale Existenzangst sind wiederum der Nährboden für Rechtsextremismus und Rassismus, der den Interessen der aggressivsten Kräfte der Kapital- und Machteliten entspricht.

Diese Konzern- und Technokratieherrschaft, dieses EU-Konkurrenzregime stehen unserem Ringen um soziale und individuelle Selbstbestimmung diametral entgegen. Gleichwohl zeigt uns die wechselvolle Geschichte der Emanzipationsbewegungen, dass es für menschliche Selbstbestimmung keine Zauberformel oder fertige Gesellschafts- und Wirtschaftsmodelle gibt, sie ist vielmehr ein widersprüchlicher Prozess, um den ständig neu gerungen, der ständig neu verhandelt werden muss und der grundsätzlich nie abgeschlossen ist. Herrschaftsgesellschaften, in denen sich eine schmale Klasse exklusive Verfügungsgewalt über den gesellschaftlichen Lebens- und Arbeitsprozess aneignet, können nicht alleine dadurch überwunden werden, dass Eigentumstitel ausgetauscht und neue politische Prozedere gefunden werden, es erfordert einen umfassenden Prozess solidarischer Selbstermächtigung von unten. Welche sozioökonomischen Perspektiven und Rahmenbedingungen brauchen wir, damit wir dieses Ringen um Selbstbestimmung hier und heute zur Entfaltung bringen können?

A.2. Vielfalt statt Konzern- und Technokratieherrschaft

Diese Konzern- und Technokratieherrschaft einer schmalen Elite muss einer Vielfalt von Eigentums- und Regulierungsweisen Platz machen. Wir brauchen diese Vielfalt, um in hochkomplexen, arbeitsteiligen Gesellschaften individuelle Initiative und die Freiheit von Existenzangst, ökologische Vorsorge und wirtschaftliche Effizienz, unsere Sehnsucht nach Freiheit und Geborgenheit in ihren Widersprüchlichkeiten gesellschaftlich gestaltbar und lebendig zu machen.

Für uns heißt das:

- Wir brauchen die massive Ausweitung öffentlicher Budgets für sozialwirtschaftliche Dienste, gemeinschaftlichen Konsum und Infrastrukturen, um die gewachsene Produktivität nicht in ebenso sinnlosen wie gefährlichen Exportschlachten oder parasitärem Luxuskonsum zu verpulvern, sondern um gemeinschaftliche Existenzbedingungen zu sichern und die Grundbedürfnisse aller Menschen, auch der zukünftiger Generationen, zu befriedigen, sie zur gesellschaftlichen Teilhabe zu ermächtigen und ihre freie Entfaltung zu fördern. Während derzeit die kapitalwirtschaftliche Profitlogik noch den Rahmen vorgibt, in dem die sozialwirtschaftlichen Dienste organisiert werden, müssen wir eine Wirtschaftsweise durchsetzen, in der die Sozialwirtschaft den Rahmen für vielfältige weitere wirtschaftliche Organisationsformen bildet.

- Wir brauchen eine wirtschaftliche Rahmenplanung, basierend auf einer Vielfalt wirtschaftspolitischer Instrumentarien, um die zentralen Investitions- und Verteilungsfragen einer demokratischen Entscheidungsfindung zugänglich zu machen, ohne deshalb Freiräume und kreative Dynamik dezentraler Wirtschaftssubjekte und regionaler Wirtschaftskreisläufe zu ersticken. Gewinnkalküle einzelner Unternehmungen und marktwirtschaftliche Prozesse müssen in gesellschaftliche, soziale, ökologische Ziel- und Wertevorstellungen eingebettet sein, statt – wie im Neoliberalismus – den Wirtschaftsprozess und die Gesellschaft zu beherrschen.

è Wir brauchen eine Vielfalt an Eigentumsformen: öffentliches Eigentum in Kernbereichen der Wirtschaft (das selbst vielfältige Ausformungen haben kann und soll), die Förderung von Selbstverwaltung und Genossenschaften aber auch privates Eigentum vor allem im klein- und mittelbetrieblichen Bereich.

- Wir brauchen die Stärkung der Selbstorganisation und der Mitbestimmung der Arbeitenden sowie der kommunalen Mit- und Selbstbestimmung auf allen Ebenen.

A.3. Kooperative Rahmenbedingungen statt EU-Konkurrenzregime

Diese Konzern- und Technokratieherrschaft kann nur gebrochen werden, wenn wir aus dem autoritären Konkurrenzregime ausbrechen, das durch die EU-Verträge faktisch in Stein gemeißelt worden ist. Das EU-Primärrecht verpflichtet alle EU-Staaten zu einem wirtschaftspolitischen Regime „des freien Wettbewerb mit offener Marktwirtschaft“. Freihandel und hemmungslose Kapitalmobilität nach innen wie außen sind in den EU-Grundlagenverträgen verbindlich vorgegeben. Solche konkurrenziellen Rahmenbedingungen produzieren politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Monokulturen. Sie eröffnen dem Einzelnen keinen Raum der Freiheit für die Lebensgestaltung, sondern halten ihn in einem Käfig der Angst – Angst zu scheitern und ausgestoßen zu werden. Kooperative Rahmenbedingungen dagegen sind die Voraussetzung für die Entfaltung von Vielfalt und Selbstbestimmung und deren Einbettung in solidarische Zielstellungen. Wir brauchen kooperative Rahmenbedingungen,

  • um ein hohes Maß an realer Gleichheit bei gleichzeitiger individueller Entfaltung der Menschen in ihrer Vielfalt und Verschiedenheit zu verwirklichen
  • um Grundrechte für alle sicherzustellen, wie etwa das Recht auf Arbeit, Bildung, Wohnen, demokratische Teilhabe und soziale Existenzsicherheit
  • um uns eine ökologische, in Raum und Zeit solidarische Lebensweise zu erarbeiten
  • um nachhaltige regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken
  • um unsere politische und wirtschaftliche Souveränität gegenüber imperialistischen Bevormundungen zu verteidigen und uns in solidarische internationale Allianzen auf Augenhöhe einzubringen.

Wir kämpfen daher für einen Solidarstaat Österreich, der diesen kooperativen Gesamtrahmen gewährleistet, in dem die Menschen souverän, demokratisch und ergebnisoffen über die Ausgestaltung ihrer Solidarbeziehungen entscheiden können.

Das ist auch friedenspolitisch von größter Bedeutung. Denn der Krieg ist letztlich die Fortsetzung der entfesselten Konkurrenz mit anderen Mitteln. Imperialistische Machtblöcke unterwerfen und plündern schwächere Staaten und geraten zunehmend in Konflikte zueinander, was sich in wachsender Aufrüstung und Stellvertreterkriegen manifestiert. Das EU-Konkurrenzregime fördert sowohl die Aushungerung der Nachfrage im Inneren als auch den aggressiven Drang zur Eroberung ausländischer Rohstoffquellen, Waren- und Kapitalmärkte. Alle Staaten der „europäischen Nachbarschaft“, die nicht bereit waren, sich der neoliberalen EU-Freihandelspolitik völlig unterzuordnen, sind Ziel direkter oder indirekter militärische Gewalt geworden: das eh. Jugoslawien, Libyen, Syrien, die Ukraine. Wirtschaftlicher Außenexpansion und EU-Militarisierung sind zwei Seiten einer Medaille. Ebenso Solidarstaat und Friedensrepublik. Denn strukturelle Friedensfähigkeit erfordert eine solidarische Gesellschaft, in der die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen zueinander, zu ihren Nachkommen und zu ihrer Umwelt auf einem hohen Maß an Kooperation, sozialer Gleichheit, Vielfalt, Selbstbestimmung und ökologischer Nachhaltigkeit aufbauen. Wir sehen daher ein freies, solidarisches, neutrales und weltoffenes Österreich als Teil der internationalen Friedensbewegung mit dem Ziel, die Wurzeln von Gewalt und Militarismus auszutrocknen.



B. Konkrete Forderungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik


B.1. Volkssouveränität[1] und internationale Kooperation auf Augenhöhe!

Souveränität bedeutet nicht Abkoppelung, sondern die Fähigkeit internationale Kooperation demokratisch und auf Augenhöhe zu gestalten. Wir fordern daher:

  • Wiederherstellung einer souveränen, demokratisch gestaltbaren Fiskal-, Geld-, Währungs-, Industrie- und Außenwirtschaftspolitik und aller damit verflochtenen wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Bereiche.
  • Demokratische Kontrolle der Geldpolitik statt Unterordnung unter das autokratische EZB-ESM-Regime. Wiedereinführung einer eigenständigen Währung. Möglichkeit von zins- und tilgungsfreien Notenbankkrediten, um die öffentliche Hand nicht in die Abhängigkeit von den internationalen Finanzmärkten zu treiben.
  • Wiederherstellung von Handelsregulierungen und Kapitalverkehrskontrollen, die die Grundlage jeder demokratischer Wirtschaftspolitik darstellen.
  • Ausstieg aus dem EU-Binnenmarktregime, der Währungsunion sowie allen Verträgen (Fiskalpakt, ESM) sowie EU-Richtlinien und Verordnungen (Sixpack, Twopack, usw.), die das Parlament im Bereicht der Budget- und Wirtschaftspolitik entmündigen.
  • Kein Mandat für die EU-Kommission bei der Aushandlung von internationalen Handelsverträgen! (z.B. TTIP, CETA, TiSA, EPA) Die Entscheidung über die Ratifizierung solcher weitreichender Verträge kann nur bei der österreichischen Bevölkerung in einer Volksabstimmung liegen.
  • Nicht-Umsetzung bzw. Rücknahme der diversen EU-Liberalisierungsrichtlinien (Energie, Nachrichtenübermittlung, Dienstleistungen, Eisenbahn, Luftraumüberwachung, Verkehr, Landwirtschaft, etc.); keine Unterordnung der öffentlichen Dienste, der öffentlichen Auftragsvergabe und der Industriepolitik unter das EU-Wettbewerbsrecht.
  • Lösung aus der einseitigen handelspolitischen Fixierung als verlängerte Werkbank v.a. für die deutsche Großindustrie. Ausbau vielfältiger internationaler Kooperationen und Handelsbeziehungen zum wechselseitigen Vorteil mit dem Ziel, auch in Europa eine solidarische Wirtschaftsgemeinschaft wie z.B. ALBA am lateinamerikanischen Kontinent mit anderen Staaten zu begründen, die sich aus dem EU-Konkurrenzregime befreien. Ausbau fairer Wirtschaftsbeziehungen mit neutralen und blockfreien Staaten auf allen Kontinenten! Ausstieg aus den Sanktionen gegenüber Russland!

B.2. Vollbeschäftigungspolitik – das Recht auf Arbeit verwirklichen!

Das EU-Konkurrenzregime hat zu explodierender Arbeitslosigkeit geführt. Arbeitslosigkeit zermürbt die Betroffenen sozial und seelisch und macht die (noch) nicht Betroffenen fügsam und treibt sie zu Überarbeit. Das muss der Vergangenheit angehören. Der Solidarstaat Österreich sichert das Recht auf Arbeit durch eine gezielte Vollbeschäftigungspolitik. Das kann nicht heißen, irgendwelche Arbeitsplätze zu schaffen, es geht im ersten Schritt darum, Arbeitsplätze zu schaffen, mit denen Produkte und Dienstleistungen geschaffen werden, die wir dringend brauchen und die unter den Bedingungen des neoliberalen Konkurrenzregimes zu wenig, gar nicht, in ungenügender Qualität oder nur für eine kleine Minderheit bereit gestellt werden. Wir treten daher für eine Erhöhung der Solidarquote (Anteil der gemeinschaftlichen/öffentlichen Ausgaben am BIP) um rd. 10% ein, um Arbeitsplätze in jenen Bereichen zu schaffen, wo wir sie am dringendsten brauchen, um Lebensqualität und Lebenschancen für alle, einschließlich unserer Kinder und Kindeskinder zu sichern: Gesundheit, Pflege, Bildung, Kinderbetreuung, sozialer Wohnbau, Umweltschutz, öffentlicher Verkehr, erneuerbare Energien, kommunale Dienstleistungen und Infrastrukturen. Die wichtigsten Finanzierungsquellen sind wertschöpfungsbezogene Abgaben und Steuern sowie die Überwindung der Arbeitslosigkeit selbst, die die größte wirtschaftliche Verschwendung ist.

Während im Neoliberalismus die gestiegene industrielle Produktivität überwiegend für Gewinnausschüttungen zugunsten der Aktionäre und destruktive Exportschlachten vergeudet wird, wollen wir diese gestiegene Produktivität zur Erhöhung der Solidarquote verwenden, um die öffentliche Armut zu überwinden. Denn den armen Staat können sich bekanntlich nur die Reichen leisten. Ein solches sozialökologisches Großprogramm (sh. dazu weiter unten), das 30 bis 35 Milliarden zugunsten des öffentlichen Konsums und der öffentlichen Investitionen umschichtet, schafft hunderttausende neuer gesellschaftlich sinnvoller Arbeitsplätze. Ob dieses Großprogramm ausreicht, die Arbeitslosigkeit völlig zu beseitigen, können wir schwer prognostizieren. Weitere wichtige Maßnahmen, um Vollbeschäftigung zu erreichen bzw. zu sichern, stellen für uns daher verschiedene Formen der Umverteilung der Arbeit dar, also Verkürzung der Tages-, Wochen-, Jahresarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich! Sofort in Angriff genommen werden müssen Maßnahmen zum Abbau von Überstunden werden (z.B. Erhöhung der Überstundenzuschläge). Auch die anderen Instrumente der Wirtschaftspolitik (Geld-, Außenhandel-, Arbeitsmarktpolitik, usw.) müssen zur Erreichung von dauerhafter Vollbeschäftigung eingesetzt werden.

B.3. Solidarstaat ausbauen – Solidarquote erhöhen!

B.3.1. Umfassende öffentliche Solidarversicherung!

Das Sozialversicherungsprinzip, wie wir es derzeit vom Grundsatz her im Bereich der Krankenversicherung haben, stellt eine enorme Errungenschaft dar. Es beruht auf einem solidarischen Verteilungsprinzip, wo jede/r entsprechend seiner/ihrer Leistungsfähigkeit beiträgt, jeder/m aber entsprechend seiner/ihrer Bedürfnisse gegeben wird: d.h. individueller Rechtsanspruch auf qualitativ hochstehende Leistungen für jeden und jede. Dieses solidarische Versicherungssystem wollen wir stärken und auf weitere Bereiche ausdehnen. Denn bei Gütern mit hohen externen Effekten wie Gesundheit, Bildung oder umweltfreundlicher Mobilität ist das mit hohem Zusatznutzen verbunden: Wenn es jedem einzelnen gut geht, geht es allen zusammen noch besser. Gerade in diesem Bereichen wirkt sich jede Form der Zwei- oder Mehrklassengesellschaft besonders negativ auf Lebensqualität und Teilhabemöglichkeiten der Menschen aus. Die Rückbindung der Finanzierung an die Wertschöpfung (derzeit noch unzureichend realisiert) sorgt zudem für eine stabile Einnahmengrundlage. Solche Finanzierungsmodelle stellen auch die Grundlage für mehr demokratische Mitbestimmung dar. Denn wo jede/r beiträgt, soll auch jede/r mitbestimmen können. Diese Solidarversicherungen verbinden also drei Komponenten miteinander:

  • Gemeinsame Finanzierung entsprechend der Leistungsfähigkeit gemessen an Einkommen bzw. Beiträgen zur Wertschöpfung (d.h. Ausweitung auf die gesamte Wertschöpfung inkl. Abschreibungen, Gewinne; zusätzlich: Aufhebung der Deckelung von Solidarbeiträgen – mit Ausnahme der Pensionsversicherung)
  • individueller Rechtsanspruch für jede/n auf dieselben qualitativ hochwertigen Sach- und Dienstleistungen entsprechend des jeweiligen Bedarfs (derzeitige Lücken in der Erfassung durch die Sozialversicherung müssen geschlossen werden)
  • Selbstverwaltungskörper öffentlichen Rechts mit direkter demokratische Wahl der Verwaltungsorganisation durch die Versicherten (derzeit nur indirekt).

Die Solidarwerkstatt tritt für die Ausweitung der bisherigen Sozialversicherung zu einer umfassenden Solidarversicherung ein. Dazu gehört:

1) Von der sozialen Kranken- zur umfassenden Gesundheitsversicherung

  • Ausweitung des Leistungskatalogs der Krankenversicherung, z.B.: Psychotherapie auf Krankenschein, Zahnersatz und Mundhygiene, Brillen und Sehbehelfe
  • Abschaffung der Selbstbehalte in der Krankenversicherung. Diese ebnen einer Zwei-Klassenmedizin durch die Hintertür den Weg. Ihr Lenkungseffekt ist äußerst umstritten. Studien zeigen, dass sie eher kostensteigernd als senkend wirken, da Ärmere dringend notwendige Behandlungen hinauszögern.
  • Entschiedener Widerstand gegen jede Aushebelung der Selbstverwaltung und der Zurückdrängung der ArbeitnehmerInnen-Vertretung in der Sozialversicherung. Die sozialen Kassen müssen den Versicherten gehören. Rücknahme der bereits in vergangenen Jahren erfolgten Entmachtung der ArbeitnehmerInnen-Vertretung im Hauptverband der Sozialversicherung und der Einschränkung der Selbstverwaltung (z.B. Durchgriffsrecht des Gesundheits- und Finanzministeriums auf die Landeszielsteuerungskommission).
  • Keine Bespitzelung und kein Missbrauch von Gesundheitsdaten der Versicherten; keine personenbezogene Weitergabe bzw. Verkauf von Gesundheitsdaten an Unternehmen (z.B. Elga).
  • Ausbau von Maßnahmen zur Krankheitsvorbeugung
    • Ausbau von flächendeckenden, dezentralen Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Krebsfrüherkennung bei Frauen und Männern; Projekt kariesfreie Schule, usw.)
    • Maßnahmen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Arbeitswelt, z.B.: niemand darf länger als zehn Vollzeitarbeitsjahre einer schweren körperlichen bzw. psychischen Belastung ausgesetzt sein. Danach gibt es Rechtsanspruch auf Umschulung bzw. Wechsel in andere weniger belastende Beschäftigungsverhältnisse oder die deutliche Reduktion von Tages-, Wochen- und Jahresarbeitszeit
  • Unfallversicherung:
    • Hände weg von der AUVA!
    • Zeitgemäßer Versicherungsschutz für Berufskrankheiten: Ausweitung der Berufskrankheitenliste (z.B. Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Krankheiten, arbeitsbedingte Krebserkrankungen); Abkehr von Prinzip der Monokausalität hin zu einer möglichen Teilverantwortlichkeit (mit einer entsprechenden teilweisen Kostenübernahme durch die UV), Beweislastumkehr im Feststellungsverfahren. Dafür gilt es auch eine entsprechende Finanzierung zu gewährleisten.
  • Pflege muss ein fixer Bestandteil der Solidarversicherung sein!
    • Wir wollen keine Zwei-Klassen-Pflege! Jeder und jede soll entsprechend seiner/ihrer Möglichkeiten einbezahlen. Und dafür soll jeder und jede - wie bei Krankheit oder Unfall - auch im Pflegefall Anspruch auf qualitativ hochstehende Pflegeleistungen entsprechend des Bedarfs haben - unabhängig vom jeweiligen Einkommen!
    • Sachleistungsprinzip anstelle der bisherigen Geldleistungen (Pflegegeld), die oft nicht ausreichen und daher immer wieder zu Armutsgefährdung, Überlastungen in den Familien, v.a. von Frauen, und zu prekären Arbeitsverhältnissen führen. Durch Rechtsanspruch auf bedarfsorientierte Leistungen soll eine treffsichere, den gesamten Bedarf umfassende Pflege gewährleistet und die pflegenden Angehörigen entlastet werden. Die Wahlfreiheit der pflegebedürftigen Person bleibt erhalten. Pflegenden Angehörigen soll – wie z.B. in skandinavischen Ländern - die Möglichkeit einer sozialversicherten Anstellung bei den Gemeinden bzw. Pflegeverbänden eröffnet werden, um prekäre Arbeitsverhältnisse zu vermeiden.

2) Solidarversicherung Bildung und Kinderbetreuung

  • Um Beruf und Familie besser vereinbar zu machen, muss es einen Rechtsanspruch auf kostenfreie, qualitativ hochwertige, kostenlose Kinderbetreuungseinrichtungen ab dem 1. Lebensjahr des Kindes geben sowie Nachmittagsbetreuung in den Schulen geben. Kinderbetreuungsgeld in ausreichender Höhe bis zum 3. Lebensjahr des Kindes.
  • Noch immer wird Bildung in hohem Maß vererbt. Diese Bildungsbarrieren müssen beseitigt werden. Daher: Abschaffung der frühen Selektion im Bildungswesen - Einführung einer echten Gesamtschule ohne Selektion bis zum 15. Lebensjahr
  • Bereitstellung der notwendigen Mittel, um eine echte Schul- bzw. Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr verwirklichen zu können: Es ist untragbar, dass fast 10% jedes Jahrganges über keine Ausbildung über die Pflichtschule hinaus verfügen.
    • Ausbildungsfonds, in den Unternehmen einzahlen, die nicht ausbilden, obwohl sie es könnten, zur Förderung von Betrieben, die qualitativ hochwertig ausbilden, und von öffentlichen Lehrwerkstätten
    • Ausweitung der Berufsschulzeiten und des Fächerkatalogs
    • Ausdehnung der Ausbildungspflicht bis 18 auch auf jugendliche AsylwerberInnen
  • Über diese verlängerte Schul- und Ausbildungspflicht hinaus soll es den Rechtsanspruch für jede/n auf eine fünfjährigen Bildungskarenz geben, die öffentlich in einem existenzsicherendem Ausmaß finanziert wird. Dieser tertiäre Bildungsweg kann sowohl im Anschluss an den sekundären Bildungsweg (z.B. Universität, Fachhochschule) als auch während des Erwerbslebens in Form verschiedener Aus- und Weiterbildungen in Anspruch genommen werden, für die die öffentliche Hand die Kosten übernimmt. Diese zusätzlichen Bildungsjahre werden für die Pension angerechnet. Nicht in Anspruch genommen Bildungsjahre ermöglichen einen früheren Pensionsantritt. Ziel dieses Rechtsanspruchs auf fünf zusätzliche öffentlich finanzierte Bildungsjahre ist die Verallgemeinerung einer neuen Erwerbs- und Bildungsbiographie, wie sie derzeit nur für AkademikerInnen gilt: von 5 bis 65 Jahren ca. zwei Drittel unmittelbare Arbeit, ca. ein Drittel Bildungs- und Ausbildungszeiten. Die scheinbar utopische Losung der Studierendenbewegung „Reiche Eltern für alle!“ wird damit ein Stück Realität.
  • Kostenloser Basiszugang zum Internet, da es sich dabei um grundlegende Technologie für gesellschaftliche Teilhabe handelt. (sh. z.B. Estland mit flächendeckendem W-Lan und öffentlichem Internetzugang)

3) Verbesserung der solidarischen Pensionsversicherung:

  • Streichung der 15 schlechtesten Jahre bei der Pensionsberechnung
  • Anhebung von Pensionen und Löhnen/Gehältern im Ausmaß der Inflation (reale Inflation, d.h. bemessen an den wirklichen durchschnittlichen Lebenshaltungskosten) plus des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstums.
  • Deutliche Anhebung der Ausgleichzulage auf die offizielle Armutsgefährdungsschwelle; keine Anrechnung von Partnereinkommen bei der Ausgleichzulage. Anspruch auf Ausgleichszulage entsteht nach 15 Beitragsjahren.
  • Keine direkte oder indirekte staatliche Förderung kapitalgedeckter Pensionsvorsorgemodelle. Ein kapitalgedecktes Pensionssystem macht die Versorgung im Alter von den Bewegungen am Kapitalmarkt abhängig. Es führt zu einer Aufblähung von Vermögenswerten, ist immer enorm krisenanfällig und gefährdet damit nicht nur die Versorgung im Alter sondern insgesamt den Wirtschaftskreislauf. Ein solidarisches Pensionssystem hingegen wirkt antizyklisch, sprich: federt krisenhafte Bewegungen in der Wirtschaft ab. Die Umstellung auf ein kapitalgedecktes Pensionssystem ist abzulehnen, weil es in Folge zu einer massiven Kürzung der Pensionsansprüche führt.
  • Ausweitung der Anspruchsberechtigung auf eine Pension auch für Personen, die die 15 Beitragsjahre nicht erreichen.
  • Regelpensionsalter mit 65 Jahren bzw. nach 40 Erwerbsjahren – ausgenommen Menschen, die unter die SchwerarbeiterInnenregelung fallen oder Menschen, die die zusätzlichen fünf Bildungsjahre nicht in Anspruch genommen haben.

4) Verbesserungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung

Arbeitslosigkeit bedeutet für viele das rasche Abgleiten in Armut und Ausgrenzung. Wir fordern daher:

  • Erhöhung des Arbeitslosengeldes: Anhebung der Nettoersatzrate auf 80%
  • Ausdehnung des Bezugs von Arbeitslosengeld auf zumindest 30 Wochen
  • Keine Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe
  • Berufsschutz während des Bezugs von Arbeitslosengeld
  • Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik, einschließlich des zweiten Arbeitsmarktes

Das darf nicht zur Umgehung regulärer Kollektivverträge führen.

5) Solidarversicherung Öffentlicher Verkehr

Erste Erfahrungen mit der Einführung des Nulltarifs auf Öffentlichen Verkehrsmitteln zeigen, dass es dadurch zu einem sprunghaften Anstieg der ÖV-Nutzung und einer Steigerung der Lebensqualität kommt. Angesichts der enormen externen Kosten des Motorisierten Individualverkehrs (Umweltzerstörung, Unfälle, Staus,…) halten wir es für gerechtfertigt, dass alle Menschen bzw. Betriebe einen an Einkommen bzw. Wertschöpfung orientierten Mobilitätsbeitrag zahlen und dafür den Anspruch auf kostenlose Nutzung aller Öffentlichen Verkehrsmittel erhalten. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch sozialpolitisch wirksam. Denn das obere Einkommensviertel verbraucht viereinhalb Mal soviel Sprit wie das untere Einkommensviertel.

  • Recht auf kostenlose Benutzung aller öffentlichen Verkehrsmitteln bei gleichzeitiger Finanzierung über eine wertschöpfungsbezogene Mobilitätsabgabe
  • Massiver Ausbau des Öffentlichen Verkehrs (sh. B.3.2.) und Ausstieg aus den EU-Eisenbahnliberalisierungspaketen.
  1. Soziale Wohnversicherung

Für viele Menschen wird Wohnen immer schwieriger leistbar. Wir sind der Meinung: Wohnen ist eine Menschenrecht. Deshalb treten wir dafür ein, auch das Wohnen in eine umfassende Solidarversicherung einzubeziehen. D.h.: Die Einzahlung eines Wohnbeitrags, der sich an der finanziellen Leistungskraft bzw. der Wertschöpfung orientiert, begründet das Recht für jede/n auf leistbaren Wohnraum. Dieser Wohnbeitrag tritt anstelle des derzeitigen Wohnbauförderungsbeitrags, der immer stärker zweckentfremdet wird. Durch die Ausweitung auf die gesamte Wertschöpfung würden erhebliche zusätzliche Mittel für eine soziale Wohnungspolitik frei. Die Verwirklichung dieses Rechts erfordert die Wiederbelebung eines flächendeckenden sozialen Wohnbaus und sozialen Wohnungswesens. Die Organisation soll möglichst selbstverwaltet und gemeindenah (über die Kommunen bzw. Kommunenverbände) erfolgen.

B.3.2. Weitere Maßnahmen für Verteilungsgerechtigkeit, Armutsbekämpfung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit

1) Lohn-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik

Aktive Lohnpolitik:

Seit dem EU-Beitritt hat es eine deutliche Umverteilung von Arbeit zu Kapital gegeben, insbesondere die unteren Lohneinkommen haben real deutlich verloren. Daher fordern wir:

  • Aktive Lohnpolitik um diese Entwicklung wieder umzukehren, D.h.: Lohnerhöhungen, die nicht nur die reale Inflation sondern auch die Produktivitätsentwicklung entsprechend abgelten. Insbesondere die unteren Lohn-/Gehaltseinkommen müssen endlich deutlich angehoben werden.
  • Keine Aushebelung von Kollektivvertragsverhandlungen durch branchenmäßige oder regionale Aufsplitterung der Verhandlungen. Stopp dem Angriff auf Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer!
  • Erfassung aller ArbeitnehmerInnengruppen durch Kollektivverträge
  • Wer Vollzeit arbeitet, muss davon anständig leben können. Wir fordern eine deutliche Anhebung des Mindestlohns und dessen periodische Erhöhung, um Inflation und Produktivitätsgewinne auszugleichen.
  • Einführung von Mindestlehrlingsentschädigungen gestaffelt nach Lehrjahren

Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigung:

  • Stopp der ungehemmten Flexibilisierung der Arbeitszeit, keine Ausweitung der Tages- und Wochenhöchstarbeitszeit; keine Ausweitung der Wochenendarbeit und der Verkürzung der Arbeitsruhe
  • Keine Zurückdrängung der Mitbestimmung von Gewerkschaft und BetriebsrätInnen bei der Gestaltung der Arbeitszeit.
  • Volle rechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten
  • Zurückdrängen von unfreiwilliger Teilzeitarbeit
  • Einschränkung und Befristung von Leiharbeit
  • Weitere Maßnahmen gegen die Prekarisierung von Arbeit (z.B. Verbot unbezahlter Praktika, Begrenzung von befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit,…)
  • Aufstockung der Arbeitsinspektorate
  • Regulierung des Zustroms zum Arbeitsmarkt – Aufhebung der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit (diese neoliberale Arbeitsmarktpolitik führt zum „brain-drain“ in den ärmeren Ökonomien und zu Lohndumping und Prekarisierung in den reicheren)

Weitere sozialpolitische Maßnahmen:

  • Bedarfsorientierte Mindestsicherung:
    • Anhebung auf Mindestsicherung auf das Niveau der nationalen „Armutsgefährdungsschwelle“, 14 Mal im Jahr; bundesweit einheitliche Regelung
    • keine Anrechnung von Partnereinkommen
    • keine Deckelung – jedes Kind ist gleich viel wert
    • Keine Diskriminierung von Asyl- und Schutzberechtigten
  • Wiedereinführung eines Entgeltfortzahlungsfonds, finanziert aus wertschöpfungsbezogenen DG-Beiträgen, aus dem die Entgeltfortzahlung für alle ArbeitnehmerInnen finanziert wird.
  • Abschaffung von Regressregelungen bei Mindestsicherung Ein „bedingungsloses“ Grundeinkommen lehnen wir entschieden ab, weil es ein Einfallstor für Lohndumping und Kombilöhne, die Aushebelung von Kollektivverträgen und des solidarischen Sozialversicherungssystems darstellt.

2) Gesundheit und Pflege:

  • Keine „Deckelung der Gesundheitsausgaben“[2]. Die Ausgaben für die Gesundheit müssen sich am Bedarf der Menschen und nicht am Auf und Ab der Wirtschaftskonjunktur bzw. technokratischen EU-Sparvorgaben orientieren.
  • Ausdehnung der Gesundheitsbudgets, um mehr Menschen in den Gesundheitseinrichtungen beschäftigen zu können, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die überlangen Arbeitszeiten endlich abzubauen. Denn gute Arbeitsbedingungen sind eine Voraussetzung für eine gute Behandlung der PatientInnen.
  • Beibehaltung der Gesamtverträge; Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum.
  • Flächendeckende psychosoziale Betreuungseinrichtungen
  • Ausbau der professionellen Pflege
    • Attraktivierung der Pflegeberufe
      • gerechte Entlohnung für diese wertvolle Tätigkeit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen
      • besserer Pflege- bzw. Betreuungsschlüssel (Senkung der PatientInnen pro Pfleger/in bzw. Betreuer/in), um die Qualität der Pflege und Betreuung zu verbessern und Überlastung und burn-out vorzubeugen.
      • Flächendeckender Ausbau der öffentlichen bzw. gemeinnützigen Dienste besonders im Bereich der ambulanten Pflege (auch in der Nacht und an den Wochenenden), der teilstationären Pflege (Tagesheimzentren) und der Kurzzeitpflegeplätze.
      • Weiterentwicklung und Verbesserung der Pflegeausbildung; keine Nivellierung nach unten.
    • Mehr Investitionen in Vorbeugung, Früherkennung, Vernetzung und Integration. Nicht bei der Qualität der Pflege soll gespart werden, sondern human und intelligent, indem in die Vorbeugung, Früherkennung, Vernetzung und Integration investiert wird:
      • Automatische Pflegebedarfserhebungen ab einem bestimmten Alter (wird z.B. in Dänemark erfolgreich praktiziert)
      • Verbesserung freiwilliger Vorbeugemaßnahmen zur Erhaltung von Gesundheit und Vitalität 
      • bessere Vernetzung des mobilen, ambulanten, teilstationären und stationären Bereichs sowie der Schnittstellen zum Gesundheitssystem. Durch intensivere medizinische und pflegerische Angebote in Alten- und Pflegeheimen können teure Spitalsaufenthalte vermieden werden. Besonderes Augenmerk muss auf die Bezugs- bzw. Betreuungspflege (d.h. ein Mehr an Beschäftigungsmöglichkeiten des Pflegepersonal mit den BewohnerInnen) gelegt werden.
      • Einbeziehung der Raumplanung in die Pflege, um die Integration von Pflegebedürftigen in ihrem gewohnten Wohnumfeld zu verbessern und stationäre Pflege zu vermeiden (z.B. Förderung neuer Wohnformen, wie Wohngruppen und betreutes Wohnen, behindertengerechtes Bauen).
      • Sicherstellung und Förderung von Barrierefreiheit (öffentliche Gebäude, Wohnbau, öffentlicher Raum, Mobilität, …)
      • Vollständige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, der Österreich beigetreten ist
      • Selbstbestimmtes Leben für alle: bedarfsgerechter Ausbau der Persönlichen Assistenz für Menschen mit gesundheitlichen, körperlichen und geistigen Behinderungen

3) Wohnen und Gemeinden

Der Anteil der kommunalen Investitionen am BIP ist seit Mitte der 90er Jahre um zwei Drittel gesunken. Der deutliche Rückgang des sozialen Wohnbaus hat dazu beigetragen, dass die Wohnungsmieten im letzten Jahrzehnt doppelt so stark gestiegen sind wie die durchschnittlichen Löhne und Gehälter. Aufgrund der demographischen Entwicklung gibt es derzeit in Österreich einen Bedarf von 55.000 neuen Wohnungen jährlich; der Neubau liegt bei 45.000, davon nur mehr 60% gefördert.

Wir fordern daher:

  • Massive Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnbau durch Kommunen und gemeinnützige Wohnungsgenossenschaften. Keine Einschränkungen des sozialen Wohnbaus auf die Ärmsten (wie das EU-Kommission unter Zuhilfenahme des EU-Wettbewerbsrechts durchsetzen will, um möglichste viele in den privaten Wohnungsmarkt zu drängen)
  • Wiederherstellung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung (sh. auch Soziale Wohnversicherung)
  • Kauf und Bevorratung von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau durch die Kommunen
  • Verdichtung in den Zentren vor neuer Versiegelung von Grünflächen, Stärkung der Nahversorgung, Stopp der Zersiedelung durch überregionale Koordination der Flächenwidmungspläne
  • Ausweitung der Förderungen
    • für Wohnungssanierungen zur Senkung von Energiekosten (Austausch von Fenstern, Wärmedämmung, Fernwärmeanschluss)
    • für den nachträglichen Einbau von Liften
    • für den Zubau von Balkonen und anderen Freiflächen
  • Diversifizierung von Wohnformen (individuelles Leben)
  • Stärkung der Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs
  • Anhebung der kommunalen Investitionen zumindest wieder auf den Stand von Mitte der 90er Jahre, um den Investitionsstau, der durch die Sparpolitik der letzten Jahrzehnte entstanden ist, zu kompensieren. Das heißt mehr Geld für Kindergärten, Schulerhaltung, Pflegeeinrichtungen, psychosoziale Versorgung, Öffentlichen Nahverkehr, Müllentsorgung, Wasser- und Abwasseranlagen, Kultur-, Sport, Freizeit, uvm.

Leistbares Wohnen erfordert nicht nur mehr sozialen Wohnbau, sondern auch mehr regulative Eingriffe in den privaten Wohnungsmarkt:

  • Wirksamen Mietzinsobergrenzen bei gefördertem Wohnungen und Gebäuden, die vollständig amortisiert sind.
  • Einschränkung der Befristungsmöglichkeit
  • MaklerInnen-Provisionen soll gänzlich der/die AuftraggeberIn zahlen
  • Meldepflicht für leerstehende Wohnungen, Häuser und Büros; Einweiserecht der Kommunen in Wohnungen und Büroräumlichkeiten (nach Adaptierung), die länger als ein Jahr leer stehen
  • Keine gewerbliche Nutzung von Wohnraum wie z.B. Air-BnB
  • Maßnahmen gegen die beschleunigte Gentrifizierung und Spaltung von Städten in reiche und arme Stadtteile
  • Rücknahme der Verschlechterungen im Bereich der Wohnbeihilfe.
  • Jeder Mensch, der/die sich in Österreich legal aufhält, muss gleiche Rechte in der Wohn-Förderung haben
  • Möglichkeit der Einleitung von Grundstückenteignungsverfahren, wenn nachweislich Bauland gehortet wird.
  • Volle Besteuerung von Umwidmungsgewinnen.
  • Einrichtung eines kommunalen Fonds für die (Mit-)finanzierung von Kautionen
  • Verbesserungen des Mietrechts für Wohngemeinschaften
  • Schaffung bzw. Ausbau von Wohnungskontingenten für Menschen in Krisensituationen (z.B. Scheidung, Krankheit, junge Alleinerziehende, Gewaltbetroffene, ….)
  • Förderung von Initiativen für obdachlose Menschen und der Delogierungsprävention
  • Verstärkte öffentliche Regulierung von kommunalen Dienstleistungen (Energie, Abwasser, …), um das Explodieren dieser Kosten zu stoppen. Kein Verkauf öffentlicher Versorgungsbetriebe!
  • Verbesserung der MieterInnenmitbestimmung; Neugründung einer demokratischen Genossenschaftsbewegung

4) Bildung und Kinderbetreuung

Die Verallgemeinerung von Bildung und Qualifikation auf möglichst hohem Niveau ist nicht nur aus Gerechtigkeitsgründen geboten, sie sind auch die Voraussetzungen dafür, dass eine zunehmend komplexe und hochtechnologische Wirtschaft demokratisch und – im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Vernunft – produktiv organisiert werden kann. Um die ambitionierten Ziele der Solidarversicherung Bildung und Erziehung zu verwirklichen, brauchen wir eine deutliche Aufstockung der öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich. Das heißt unter anderem:

  • Ausbau sozialer Infrastrukturen, damit Männer und Frauen Beruf und Kindererziehung miteinander vereinbaren können. Besonders wichtig ist ein flächendeckendes, dezentrales, ganztägiges Angebot von Kinderbetreuungseinrichtungen im vorschulischen Alter sowie ein flächendeckendes Angebot von Ganztagsschulen bzw. Nachmittagsbetreuung im primären und sekundären Bildungssektor.
  • Stopp den Schulschließungen, Schul- und Kinderbetreuungsangebote sollen möglichst dezentral sein.
  • Keine Aufhebung der Schulsprengel im Pflichtschulbereich
  • Stärkung der Mitbestimmung im Schulbereich (è konkretisieren!)
  • Um die Chancen einer gemeinsamen Schule der 6 bis 15-Jährigen wirklich nutzen zu können, braucht es eine deutliche Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen. Ziel: maximal 15 SchülerInnen pro Klasse sowie – entsprechend der positiven Erfahrungen in Finnland – ein umfassendes System von ZweitlehrerInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, PädagogInnen mit Zusatzausbildungen, usw.
  • Ausbau der Erwachsenenbildung: Öffentlichen Grundfinanzierung der Erwachsenenbildung, um einen niederschwelligen Zugang für alle zu abzusichern.
  • Massive Aufstockung der Gelder für den tertiären Bildungsbereich sowie Abschaffung aller Formen von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen an Hochschulen und Fachhochschulen für Studierende aus Österreich. Studierende aus anderen Staaten können auf Grund bilateraler auszuhandelnder Vereinbarungen in Österreich studieren. Dabei soll dem Import des Numerus Clausus aus anderen EU-Staaten – wie er unter dem Druck der EU-Kommission stattgefunden hat – ein Riegel vorgeschoben werden. Die Kontingente für Studierende aus Ländern des Südens, die an österreichischen Hochschulen kostenlos und öffentlich unterstützt studieren können, sollen deutlich aufgestockt werden, als Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit.
  • Rücknahme des Bologna-Prozesses und der Entdemokratisierung der Hochschulen, wie sie durch das UniStG stattgefunden hat. Wiederherstellung der studentischen Mitbestimmung und Einbeziehung von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen in die universitären Entscheidungsgremien!
  • Sicherstellung einer ausreichenden öffentlichen Forschungsförderung, um private Drittmittelfinanzierung zurückzudrängen. Die Einbindung österreichischer Universitäten und Forschungseinrichtungen in den Militär-Industriellen-Komplex muss beendet werden. Die Arbeit der österreichischen Forschungseinrichtungen und WissenschaftlerInnen müssen auf Fragen gelenkt werden, die dem Ausbau und der Stärkung des Solidarstaats Österreichs und seiner internationalen Rolle als neutraler Brückenbauer und Friedensstifter dienen: Sicherung von Vollbeschäftigung, Humanisierung der Arbeitswelt, nachhaltige Verkehrs-, Energie und Umweltpolitik, sozial-, Technologiefolgenabschätzung und umwelt- und demokratieverträgliche Technologieentwicklung, Rüstungskonversion, Friedensforschung. Wir brauchen öffentlich finanzierte Gesundheits- und Arzneimittelforschung, um die Macht der Pharmakonzerne zurückzudrängen. In Sinn dieser gesellschaftlichen Herausforderungen gilt es auch die Lehr- und Studienpläne an Schulen und Universitäten neu zu gestalten.
  • Flächendeckender Ausbau mit leistungsfähigen, schnellen Internetleitungen
  • Sonderpädagogik: Eine inklusive Schule benötigt eine entsprechende Ausweitung der Mittel entsprechend des realen sonderpädagogischen Förderbedarfs (zusätzliches Personal, bauliche Gestaltung, usw.)

5) Verkehrspolitik - Mobilität

Der Autoverkehr gehört zu den größten Schadstoffverursachern. Wir müssen rasch den Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität schaffen – auch auf Grund der zur Neige gehenden fossilen Energieträger.

Wir fordern daher:

  • Nulltarif auf allen Öffentlichen Verkehrsmitteln, finanziert über eine an die Wertschöpfung/Einkommen bezogene Mobilitätsabgabe (sh. Solidarversicherung Öffentlicher Verkehr)
  • massiver Ausbau eines flächendeckenden, regionalen und überregionalen Schienenverkehrs nach dem Muster der Schweiz. Das heißt:
    • Siedlungsgebiete ab 100 Personen müssen ganzjährig erschlossen sein,
    • Linien mit mindestens 32 Personen am Tag müssen mit mindestens vier Kurspaaren bedient werden,
    • Linien müssen im Stundentakt geführt werden, wenn eine Strecke auf ihrem meistfrequentierten Teilstück mehr als 500 Fahrgäste am Tag befördert
    • zwischen allen regionalen Zentren muss eine Verbindung zumindest im Halbstundentakt existieren
  • Dafür braucht es eine Vielzahl von Investitionen:
    • Rücknahme der Streckenstilllegungen der letzten Jahre, Sanierung der unzähligen Langsamfahrstrecken und den Bau neuer Schienenverbindungen
    • Verbesserung der Leistungsfähigkeit: Ausbau der Zwei-Gleisigkeit und Schnellzugtauglichkeit v.a. bei überregionalen Verbindungen.
    • durchgängige Elektrifizierung
    • Verbesserung der Fahrzeugtechnik: Modernes Rollmaterial, um das Flügeln (Teilung) von Schnellzüge ohne Zeitverluste zu ermöglichen und um den Bahnlärm zu bekämpfen (lärmarme Laufwerke, Bremsen…)
    • Ausweitung von Rufsystemen in weniger dicht besiedelten Gebieten
  • Gütertransport – Transitverkehr: Ziel muss es sein, Schritt für Schritt den überregionalen Gütertransport mit nichtverderblichen Gütern verpflichtend von der Straße auf die Bahn zu verlagern
    • Beendigung der Unterordnung unter die Interessen von EU-Frächter- und Automobillobby; Aufkündigung aller Binnenmarktvorschriften, die Österreich für den hemmungslosen EU-Transitverkehr öffnen und den Import ökologisch bedenklicher Produkte erzwingen. Verhandlungen mit der Schweiz, um eine gemeinsame Strategie gegen die Transitlawine zu entwickeln.
    • Sofortige Beendigung des geplanten Ausbaus von TEN-Strecken (z.B. West-/Ostumfahrung von Linz, Lobau-Autobahn, usw.)
    • Ausweitung des Güterschienennetzes; Rücknahme der Stilllegungen von Bahnbetriebsanschlüssen.
    • Flächendeckende LKW-Maut nach dem Muster der Schweiz, Ausweitung der Nachtfahrverbote sowie 28-Tonnenlimit für LKWs.
    • Stopp dem Lohn- und Sozialdumping im Transportgewerbe statt weiterer Liberalisierung der Kabotage (d.h. des Transports von Gütern auf österreichischen Straßen unter Umgehung nationaler Mindestlöhne und Sozialregelungen)
    • Vermeidung von unnötigem Verkehr durch Förderung regionaler Wertschöpfungsketten
  • Einschränkung des Flugverkehrs:
    • Flugrouten, die so weit als möglich über unbesiedeltes Gebiet verlaufen – dicht besiedelte Gebiete wie Wien und seine Siedlungsachsen müssen großräumig umflogen werden
    • die gesetzliche Verankerung eines absoluten Nachtflugverbots
    • keine 3. Piste am Flughafen Wien – kein weiterer Ausbau als Umsteigeflughafen; Verlagerung von Kurz- und Mittelstreckenflügen auf die Schiene.
  • Unterstützung der Städte und Gemeinden, um ihre (Innen-)städte weitgehend autofrei zu machen:
    • Ausbau und Verbesserung der Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
    • Förderung und Attraktivierung des Radfahrens
    • Ausweitung von FußgängerInnenzonen und verkehrsberuhigten Zonen.
    • Straßenrückbau
    • Einrichtung von Carsharing-Systemen bei Neubauten statt Autostellpflicht (Abschaffung der aktuellen Version der Reichsgaragenordnung aus dem Jahre 1938!)
    • Förderung von Projekten des Autofreien Wohnens
  • Kein Biosprit, damit die bestehenden landwirtschaftlichen Flächen für Nahrungsmittelproduktion nah am Konsumenten, an der Konsumentin verwendet werden; auch E-Cars stellen keine grundsätzliche Alternative zum Ausbau des Öffentlichen Verkehrs dar (zehn Mal höherer Reibwiderstand, Explosion der Stromimporte, hoher Energieverbrauch bei der Produktion, usw.)
  • Schwerverkehrsabgabe und andere Steuern auf den MIV werden zweckgebunden für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und andere ökologische Mobilitätsformen.
  • Stopp der Liberalisierung und Privatisierung im Eisenbahnbereich (EU-Eisenbahnpakete), die das „Rosinenpicken“ privater Betreiber, Streckenstilllegungen, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und höhere Unfallrisiken mit sich bringen.
  • Nein zur Privatisierung der Luftraumüberwachung („Single European Sky“)
  • Stärkere Einbeziehung der überregionalen Raumplanung in der Verkehrspolitik (Vermeidung von Zwangsmobilität durch den Stopp der Zersiedelung und räumlich nicht integrierter Einkaufszentren und Freizeitparks, Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen und von Mischnutzungsgebieten; sofortige Anbindung neuer Siedlungsgebiete an das ÖV-Netz, usw.)
  • Stärkung statt Abbau der Öffentlichkeitsbeteiligung im UVP-Verfahren
  • Steuerpolitik
    • Schwerverkehrsabgabe für LKWs über 3,5t auf allen Straßen in einer Höhe, die den realen Kosten des Schwerverkehrs entspricht (also auch Einbeziehung von Gesundheit, Unfallgefahren, Klima, usw.)
    • Anhebung der MÖST für Diesel auf die MÖST für Benzin
    • Zweckgebundene Flächenabgabe bestehender Einkaufszentren zur Sicherung der Nahversorgung

6) Energiepolitik

Das große Ziel des Solidarstaats Österreichs ist es, energieautark auf der Grundlage erneuerbarer Energien zu werden. Das ist ein effektiver Beitrag im Kampf gegen die globale Klimaerwärmung und schützt unserer Gesundheit. Wir schaffen damit eine Menge neuer Arbeitsplätze in den Regionen, schwächen die Macht der transnationalen Erdöl- und Atomkonzerne und stärken dezentrale Formen der Energiegewinnung. Und wir machen uns unabhängig von fossilen Energieimporten. Das sichert unsere politische Unabhängigkeit und nützt unserer Zahlungsbilanz. Und natürlich ist das auch ein wichtiger Beitrag für den Frieden, denn viele Kriege werden für Öl und andere Rohstoffe geführt.

Wir fordern:

  • Völlige Reverstaatlichung der OMV und anderer Energieunternehmen – Erdölscheichs und Atomkonzerne haben nichts in österreichischen Energieunternehmen verloren. Die Gewinne diese Unternehmen sollen nicht private Aktionäre mästen oder zum Aufkauf ausländischer Tankstellennetze verwendet, sondern in eine nachhaltige ökologische Energiegewinnung und -versorgung in Österreich investiert werden.
  • Massiver Ausbau aller erneuerbaren Energieträger (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, usw.) sowie Investitionen in das Vermeiden von Energieverschwendung bzw. deren effektivere Nutzung (Wärmedämmung, Kraft-Wärme-Koppelung, Beleuchtung, Standby,…). Studien zeigen, dass damit bereits relativ rasch – bis 2020/30 – die Energieautarkie im Bereich Raumwärme und Stromversorgung erreicht werden kann.
  • Aufhebung des Ökostromdeckels
  • Größte Herausforderung ist die Erreichung der Energieautarkie im Verkehrsbereich. Unser Hauptansatzpunkt ist der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und sanfter Mobilität sowie die Vermeidung unnötiger Verkehrsströme.
  • Antiatompolitik:
    • Österreich muss Vorreiter einer internationalen Bewegung für atomare Abrüstung und für den Ausstieg aus der Kernenergie sein.
    • Mit der Subventionierung und politischen Unterstützung der EU-Atomlobby ist das absolut unvereinbar – daher sofortiger Ausstieg aus EURATOM

7) Landwirtschaft/Ernährung/Tierrechte

  • Förderung der Ernährungssouveränität Österreichs statt Freihandel:
    • Ausbau der größtmöglichen Selbstversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten ist mit dem EU-Binnenmarkt unvereinbar, da dafür Handelsregulierungen (Zölle, Importverbote und -beschränkungen, etc.) unerlässlich sind.
    • Stopp des Verlusts wertvollen Ackerbodens durch Bodenversiegelung, umweltschonende Reagrarisierung des ländlichen Raums, Förderung von Projekten des „urban gardening“
    • Reduktion von Nahrungsmittelabfällen in der gesamten Wertschöpfungskette
  • Umstellung der österreichischen Landwirtschaft in Richtung flächendeckender ökologischer biologischer nachhaltiger Produktion statt EU-Agrarfabriken und industrielle Massentierhaltung - zum Schutz der Böden, Grundwasser und Oberflächengewässer, des Klimas, der Artenvielfalt, Biodiversität, Arbeitsplätzen und Gesundheit
    • durch sinnvolle Aneinander-Reihung von Haupt- und Zwischenfrüchten auf einem Feldstück im Laufe mehrerer Jahre (sogenannte Fruchtfolgen) und Vielfalt auf den Feldern
    • Verzicht auf Kraftfutter und Pestizide (Fungizide, Herbizide, Insektizide, Nematizide), Kunstdünger
    • Förderung einer nachhaltigen, d.h. ressourcenschonenden, standort- und klimaangepasste Landwirtschaft
  • Erhalt und Ausbau der kleinstrukturierten Landwirtschaft
    • Ökologische bäuerliche Produktion stärken
    • Saatgutmonopole zurückdrängen
    • Keine Patente auf Tiere und Pflanzen
    • Schutz und Erhalt der Vielfalt von Saatgut durch genossenschaftlich
    • Verwaltung, statt standardisierter einheitlicher Sorten der Saatgutkonzerne.
    • Dezentrale Vertriebsstrukturen
    • lokale Genossenschaften
    • Verarbeitung und Verteilung landwirtschaftlicher Produkte dezentral und kleinräumig
    • Stärkung des Genossenschaftsgedankens bei Banken - um kleinstrukturierte Betriebe zu erhalten/fördern - zur Kostenteilung für Geräte (wie z.B. Maschinenring)
  • Umweltschutz
    • Mischwald statt Monokulturen für gesunden Wald
    • Erhalt und Schutz von Aulandschaften (für Wildtiere und auch Hochwasserschutz)
    • Sicherung und Förderung der Biodiversität und Artenvielfalt
    • Österreich zu einer wirklich Gentechnikfreien Zone machen: Verbot des Anbaus
    • Imports und Einsatzes von GVO Pflanzen und Produkten (z.B. genveränderter Futtermittel)
    • Keine Patente auf Tiere und Pflanzen
    • Bewusstsein schaffen für eine Änderung des Konsumverhaltens in Richtung Reduktion des Konsums von tierischen Produkten und der Reduktion von Nahrungsmittelabfällen.
  • Tierschutz
    • Ausstieg aus der Massentierhaltung (stopp der konzentrierte Haltung von Tieren, in großer Zahl auf engem Raum zur Erzeugung tierischer Nahrungsmittel)
    • Artgerechte Haltung von Nutztieren
    • Verbot der Pelztierzucht und des Verkaufs von Produkten aus Pelztierhaltung sowie des Imports von Pelzen.
    • Einschränkung von Tiertransporten
    • Verbot von Gatterjagd und anderer tierquälerischer Praktiken wie (z.B. Ferkelkastration ohne Narkose).
    • Verankerung einer stärkeren Fruchtfolge als zentrale Maßnahme, um ein langfristiges flächendeckendes Überleben der Bienen und Wildbienen und fruchtbare Böden zu sichern
  • Internationale Solidarität
    • Schutz der Böden vor Spekulation – Landraub verhindern sowohl in Österreich als auch durch österreichische Unternehmen im Ausland; Schutz und Stärkung der Eigentums-/Landrechte der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, Stärkung der Landrechte.
    • Fairer Handel als Gebot – biologisch angebaute Produkte, die von Menschen produziert werden die faire Löhne erhalten und faire Preise für ihre Produkte; Schutz von Agrarmärkten z.B. vor Billigimporten
    • Kampf gegen neoliberale Freihandelsverträge (wie EPA, TiSA, CETA, TTIP, ....)
    • Kein Import von Biotreibstoffen

8) Abfallwirtschaftspolitik

  • Schwerpunkt muss auf Abfallvermeidung- und –verwertung liegen. Dem entgegenstehende EU-Vorschriften (z.B. Verbot des Glasflaschengebots) werden außer Kraft gesetzt.
  • Die gerade im Bereich der Abfallwirtschaft weit vorangeschrittene Privatisierung und Liberalisierung muss wieder rückgängig gemacht werden, da sie eine Reihe negativer Auswirkungen haben: EU-weiter Mülltourismus, Absenkung der ökologischen Standards, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Rosinenpicken, kurzfristiges Dividendeninteresse statt langfristiger Investitionen, private Monopolbildungen und Entdemokratisierung, unsoziale Quersubventionierung zugunsten großer Unternehmen auf Kosten von Kleinkunden, Interesse an wachsendem Müllvolumen statt Müllvermeidung.
  • Dem internationalen Mülltourismus muss ein Riegel vorgeschoben werden! Umsetzung des Näheprinzips in der Müllentsorgung.
  • Der öffentliche Dienst muss auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe ein Vorreiter hinsichtlich Abfallvermeidung sein (Nutzung von Recyclingbaustoffen, ökologisches Bauen, Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe).
  • Generelle Andienungspflicht aller Abfälle gegenüber den öffentlich-rechtlichen Unternehmen, auch der gefährlichen Abfälle durch Industrie und Gewerbe, der Altstoffe und Verpackungen (Abschaffung des ARA-Systems).
  • Anstelle freiwilliger „Selbstverpflichtung” der Unternehmen müssen klare Ge- und Verbote in den Bereichen Verpackung, Produktion und Distribution kommen. Das beinhaltet das Verbot von Wegwerfgebinden, sofern diese durch Mehrweggebinde ersetzbar sind, und die Einführung von Pfandsystemen; Ausstieg aus gefährlichen und substituierbaren Materialien, z.B. PVC-Verbot.
  • Schaffung öffentlicher Forschungs- und Entwicklungszentren für ressourcenschonendes, abfallvermeidende(s) Produktdesign, Produktions- und Organisationsabläufe sowie die Durchführung entsprechender innovativer Pilotprojekte.
  • Einrichtung von Abfallräten (aus Konsumenten-, Umweltschutz- und Arbeiternehmer-VertreterInnen, Wissenschaft, betrieblichen ExpertInnen). Aufgabe: aufbauend auf den Ergebnissen solcher wissenschaftlicher Zentren werden Vorschlägen für die kontinuierliche Vermeidung, Verringerung und Wiederverwertbarkeit von Abfall auf dem jeweiligen Stand der Technik erarbeitet. Dazu gehören u.a.: ökologische und möglichst abfallarme Produktgestaltung, Erhöhung der Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten, Unterbindung von geplanter Obsoleszenz, Substituierbarkeit von problematischen Stoffen, sowie technologische Verfahren, die der Abfallvermeidung bzw. dem Recycling dienen. Entsprechende umweltfreundliche Produkt- und Prozessinnovationen werden mit Übergangsfristen- und -unterstützungen gegenüber der Wirtschaft verbindlich vorgegeben.
  • Ausbau der Abfallberatung und der Konsumenteninformation (z.B. über Langlebigkeit bzw. Verschleiß von Produkten, Reparaturmöglichkeiten, Second-Hand- und Verleih-Angebote, Steigerung der Nutzungskompetenz der Verbraucher).
  • Förderung sozialökonomischer Projekte im Bereich Reparatur und Zweitnutzung. Förderung von Reparaturnetzwerken kleiner und mittlerer Betriebe
  • Öffentliche Förderung gemeinschaftlicher Nutzungsmöglichkeiten: Flächendeckende Konzepte des Autoteilens; Revitalisierung von Gemeinschaftseinrichtungen beim Wohnungsbau, z.B. gemeinsam nutzbare Waschvorrichtungen; Projekten und Maßnahmen, die Mehrfachnutzungen anstelle von Kauf/Einmalnutzungen fördern, z.B. Geschirrmobile, Tauschzentralen.

9) Öffentliche Sicherheit

  • Rücknahme der Schließungen von Wachstuben in den Gemeinden und Stadtteilen
  • Keine Privatisierung der öffentlichen Sicherheit, keine Übertragung von Aufgaben der öffentlichen Sicherheit auf private Sicherheitsdienste

10) Entwicklungszusammenarbeit

Österreichs Budget für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) ist auf beschämende 0,3% des BIP gesunken, nicht einmal die Hälfte des UNO-Milleniumsziels. Förderung der eigenständigen Wirtschaftsentwicklung (Ernährungssouveräntität, usw.)

  • Anhebung der EZA-Mittel auf das Milleniumsziels der Vereinten Nationen von mindestens 0,7% des BIP
  • Keine Anrechnung der Ausgaben von Militärinterventionen für das Entwicklungsbudget.

B.3.3. Zukunftsfähige, sozial gerechte und ökologische Steuer- und Abgabenpolitik

Wir sehen drei wichtige Komponenten in der öffentlichen Mittelbaufbringung – mit unterschiedlichen Zielgewichtungen:

  • Durch wertschöpfungsbezogene Steuern und Abgaben kann die Einseitigkeit und Beschränktheit des bisherigen Steuersystems überwunden werden, das vor allem auf Einkommensgrößen abstellt. Damit werden vor allem auch Kapitalwerte, v.a. in Anknüpfung an Investitionen bzw. Abschreibungen, aus dem gesellschaftlichen Wertehaushalt auf öffentliche Aufgaben gelenkt und auf diese Weise zugleich die Binnenwirtschaft gestärkt. Die wertschöpfungsbezogene Finanzierung soll vor allem für jene Bereiche ausgeweitet werden, wo Rechte für alle Menschen verallgemeinert werden sollen und stabile Einnahmengrundlage unabdingbar sind: Soziale Sicherheit, Gesundheit und Pflege, Bildung, öffentliche Mobilität. Um eine umfassende Solidarversicherung zu finanzieren, wie wir sie vorschlagen (sh. oben), soll nicht nur die bisherigen Sozialversicherungsbeiträge auf die gesamte Wertschöpfung ausgedehnt werden, wir brauchen zusätzliche wertschöpfungsbezogene Sozialabgaben in der Höhe von rd. 10% des BIP. Das hat eine enorme Umverteilungswirkung zugunsten der unteren sozialen Schichten, die damit in den Genuss von existenziellen, gemeinschaftlich finanzierten, hochwertigen Leistungen kommen, die für sie sonst unerschwinglich wären. Trotzdem muss eine deutliche Anhebung der Mindestlöhne sicherstellen, dass es dadurch im unteren Einkommensbereich zu keinen zusätzlichen individuellen finanziellen Belastungen durch zusätzliche wertschöpfungsbezogene Abgaben kommt Wir treten den oft vorgetragenen Forderungen entgegen, solche laufenden Sozial- und Bildungsausgaben an die Finanzierung durch Vermögens-, Finanztransaktions- oder Umweltabgaben zu binden. Denn das hieße in der Konsequenz: Wir müssten gesellschaftliche Übel  (exzessive Ungleichverteilung, Spekulation und Umweltraubbau) hegen und pflegen, um die Sozial-, Gesundheits- und Bildungstöpfe finanzieren zu können. Wir sind der Meinung: Solche gesellschaftlichen Übel müssen beseitigt werden – als Grundlage für die nachhaltige Finanzierung des Solidarstaates sind sie daher ungeeignet.
  • Einkommens- und Vermögensbesteuerung haben neben dem Aspekt der allgemeinen Mittelaufbringung vor allem den Zweck, Verteilungsgerechtigkeit herzustellen. Wir stellen daher auch zur Debatte, ab welchem Einkommen ein Spitzensteuersatz von 100% legitim ist. Denn ab einer bestimmten Höhe hat Einkommen absolut nichts mehr mit Leistung zu tun sondern nur mehr mit der Macht, andere zu berauben. Niemand kann hier objektiv eine Linie mit dem Lineal ziehen, aber die Frage welche Mindest- und welche Höchsteinkommen wir gesellschaftlich als zulässig und fair erachten, muss breit demokratisch erörtert und beschlossen werden. Darüber hinaus gibt es weitere Bereiche, wo Steuerreformen notwendig sind: niedrigerer Eingangssteuersatz für die Einkommenssteuer und gemilderte Progression in den mittleren Bereichen; Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, Börsenumsatzsteuer; Erhöhung von Vermögens- und Konzernsteuern, Abschaffung der Gruppenbesteuerung bei der Körperschaftssteuern; Einbeziehung der Kapitalerträge in die normale Einkommenssteuerprogression (unter Einbeziehung von Spekulationsgewinnen), Abschaffung der steuerlichen Privilegierung von Privatstiftungen, uvm.
  • Produkt- bzw. Konsumsteuern dienen sicher auch der allgemeinen Mittelaufbringung, vor allem soll damit aber gelenkt werden: hin in Richtung umweltfreundlicher, arbeitsintensiver, die regionalen Kreisläufe stärkender Produkte und Dienstleistungen, d.h. selektive Senkung der Mehrwertsteuer in diesen Bereichen; Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung für den Export, Wiedereinführung der Luxusmehrwertsteuer, etc. Zweckbindungen sind insbesondere bei Ökosteuern sinnvoll (z.B. Schwerverkehrsabgabe, um in den öffentlichen Verkehr zu investieren). Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten; Einfuhr von Zöllen zum Schutz der regionalen Wirtschaft.

Für die effektive Einhebung der Steuern brauchen wir eine Aufstockung des Personals in den Finanzämtern.

 

B.4. Wirtschaftsdemokratie entwickeln!

B.4.1. Demokratische Steuerung der Ökonomie

Wir wollen keine staatliche Kommandoökonomie, die im Detail dirigiert. Aber in strategischen Wirtschaftsbereichen brauchen wir heutzutage mehr denn je langfristige, demokratisch erarbeitete Zielsetzungen und wirtschaftliche Regulierungen, die sich daran orientieren. Strategische gesellschaftliche Projekte, wie der Umstieg von fossiler auf ökologische Mobilität, die Schaffung eines energieautarken Österreichs auf Grundlage erneuerbarer Energien, die ausreichende Versorgung mit sozialem Wohnraum, der Ausbau strategischer Infrastrukturen, die Sicherung von Arbeit und Bildung für alle, uvm. brauchen langfristige Planungshorizonte. Die Absicherung existenzieller Bedürfnisse, grundlegende Entscheidungen, wie der gesellschaftliche Reichtum in unserer Gesellschaft verteilt und welche Lebensbedingungen wir zukünftigen Generationen überlassen, können nicht anonymen Markt- und hochmonopolisierten Machtverhältnissen überlassen werden, sondern müssen demokratischen Entscheidungen zugänglich gemacht werden.

Wichtige wirtschaftliche Gestaltungsinstrumente dafür sind:

  • Ein starker öffentlichen Sektor im Industrie-, Infrastruktur und Finanzbereich im Rahmen vielfältiger Eigentumsformen
  • Steuerung durch Erhöhung der Solidarquote, öffentliche Ausgaben und Investitionsprogramme (sh. Solidarstaat ausbauen)
  • Souveräne Fiskal-, Geld-, Industrie- und Außenwirtschaftspolitik - Unabhängigkeit von neoliberalen Freihandelverträgen und demokratisch kaum belangbaren Technokratien (EU-Kommission, EZB, ESM, usw.). Stärkung des demokratischen Vergaberechts der öffentlichen Hand.
  • Stärkung von Selbstverwaltung und Mitbestimmung in den Betrieben und Körperschaften: Direkte Wahl der Versicherten-VertreterInnen in den öffentlichen Solidarversicherungen; Ausbau der ArbeitnehmerInnen-Mitbestimmung im betrieblichen und überbetrieblichen Bereich.
  • Von besonderer Bedeutung für die Stärkung der Wirtschaftsdemokratie ist die Demokratisierung der Politik durch die Stärkung der Gemeinden und Gemeindeverbände und den Ausbau der direkten Demokratie. Im Wirkungsbereich der Gemeinden muss direkter BürgerInnenmitbestimmung auch in wirtschaftlichen Fragen eine steigende Bedeutung zukommen. Aber auch die Entscheidung über weitreichende Investitionsentscheidungen auf bundesweiter Ebene eignet sich für direkte Demokratie. Das lehrt die Geschichte: So wurde in Österreich der Einstieg in die Atomenergie durch eine Volksabstimmung verhindert und in der Schweiz der Einstieg in einen massiven Ausbau des Öffentlichen Verkehrs durch Volksabstimmungen von unten durchgesetzt.

B.4.2. Öffentliches und gemeinschaftliches Eigentum stärken!

Wir erkennen in der Eigentumsfrage nicht die Gretchenfrage, mit der alles entschieden wird, halten aber öffentliches und gemeinschaftliches Eigentum in Kernbereichen für wichtig, um die Versorgungssicherheit von allen mit existenziellen Gütern zu gewährleisten, private Konzerneliten zu entmachten bzw. die demokratische Steuerung der Wirtschaft zu ermöglichen. Leidvolle Erfahrungen in der österreichischen Geschichte zeigen außerdem, dass gerade die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit eines kleinen Staates wie Österreich von einem starken öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Sektor abhängt. Neutralität und öffentliches Eigentum in Schlüsselbereichen stehen in einem engen Zusammenhang.[3]

Die Solidarwerkstatt fordert daher:

  • Stärkung von Selbstverwaltungskörperschaften öffentlichen Rechts (sh. Solidarversicherung)
  • Kein Ausverkauf öffentlicher Dienste (Gesundheit, Bildung, Verkehr, Wasser, Sozialwesen, Energie, Nachrichtenübermittlung, Abfallwirtschaft, kommunale Dienste, etc.) Der Zugang zu existenziellen, für die Lebensqualität wichtigen Gütern und Dienstleistungen muss für alle Menschen auf höchstem Niveau abgesichert werden! Das heißt insbesondere in den Bereichen: Gesundheit, Wohnen, Bildung, Kinderbetreuung, Pflege- und Altenbetreuung, Energieversorgung und Wasser- und Abfallwirtschaft. Diese Bereiche müssen daher weitgehend öffentlich/partizipativ organisiert bleiben bzw. werden. Das öffentliche Eigentum in diesen Bereichen wird daher unter Verfassungsschutz gestellt!
  • (Wieder-)Herstellung von öffentlichem Eigentum und demokratischer Kontrolle in den Kernbereichen von Großindustrie, Finanzwirtschaft und Infrastrukturen! Rücknahme der diesbezüglichen Privatisierungen der letzten Jahrzehnte, Wiederherstellung der Verstaatlichtengesetze und der entsprechenden Bestimmungen des Staatsvertrages!
  • Umwandlung der ÖIAG in eine echte Verstaatlichtenholding, deren Aufgabe es ist, Schlüsselindustrien und Infrastrukturbetriebe unter öffentlichem Einfluss zu halten. Sofortige Entfernung der Großkapitalvertreter aus den Aufsichtsräten der ÖIAG und der staatlichen Unternehmungen!
  • Politische Kontrolle von Auslandsinvestitionen in Österreich
  • Förderung von kommunalem Eigentum und kooperativen Eigentumsformen (Genossenschaften, Non-Profit-Unternehmen, Eigentumsübernahme durch Belegschaften).
  • Aufhebung jener Bestimmungen, die derzeit aufgrund von EU-Recht insbesondere Banken und Versicherungen zur Refinanzierung über den Kapitalmarkt zwingen. Genossenschaftliche und kommunale Haftungen müssen Eigenkapital ersetzen können.
  • Unterstützung von privaten und genossenschaftlichen Klein- und Mittelbetrieben
    • durch die Stärkung dezentraler, regionaler Wirtschaftskreisläufe, z.B. Förderung dezentraler erneuerbarer Energiequellen statt Abhängigkeit von fossilen Energieimporten, Ernährungssouveränität statt massenhafte Agrarimporte, Einschränkung und Verteuerung des Transitverkehrs
    • öffentliche Auftragsvergabe an lokale ProduzentInnen und DienstleisterInnen
    • Stärkung der Binnenkaufkraft statt Lohndumping, das vor allem der exportorientierten Großindustrie nützt
    • starkes dezentrales kommunales und genossenschaftliches Bankensystem, das Klein- und Mittelbetrieben Zugang zu günstigen Krediten ermöglicht
    • Stärkung vielfältiger Infrastrukturen im ländlichen Raum (Postfilialen, öffentlicher Verkehr, Datenübertragung, Schulen, Jugendzentren, Kleinhandel, Wachstuben).
  • Förderung von Public Access und Public Content, d.h. die Öffentlichkeit von Information im Sinne gleicher öffentlicher Zugangsmöglichkeiten zur medialen Aneignung und zur Weitergabe von Information.
    • Kostenloser Zugang zum Internet (sh. oben); Verhinderung jeder Form eines Zwei-Klassen-Internets, Erhalt des freien Internet
    • Verweigerung von Abkommen, die – wie es z.B. ACTA versucht hat – die Privatisierung und Kommerzialisierung von Wissen und Kultur im Interesse großer Konzerne voranzutreiben
    • Öffentliche Förderung von Open-Source- bzw. nicht-kommerzieller Medienprojekten
    • Aufbau öffentlich-rechtlicher gebührenfinanzierten Internetdienste – als Alternative zu privaten Großkonzernen und Datenkraken wie Facebook, Google & Co. (muss gegen das EU-Wettbewerbsrecht durchgesetzt werden muss, das eine solche öffentlich-rechtlichen Dienste als „Wettbewerbsverzerrung“ verbietet)

Anmerkungen:

[1] Eine ausführliche Darstellung unserer Vorstellungen von Volkssouveränität erfolgt im Demokratieteil des Aktionsprogrammes.

[2] wie sie mit den „Gesundheitsreformen“ 2013 und 2017 erfolgte.

[3] Zur Erinnerung: Hauptkritikpunkte der EU-Kommission an Österreich im Zuge der Beitrittsverhandlungen waren die Neutralität und der „hohe Anteil des Staates an der Wirtschaft“.