Das Aktionsprogramm Frieden - Neutralität - Sicherheit wurde bei der Vollversammlung der Solidarwerkstatt Österreich im November 2014 beschlossen.

  1. Neutralität als Kern der Friedensrepublik

1.1 Kein Mitmarschieren und Mitfinanzieren bei aggressiven Militärblöcken

Der Kerngehalt der Neutralität ist das Friedensgebot, sich an keinen Kriegen zu beteiligen und sich in keiner Art und Weise an aggressiven Militärblöcken, deren Militärstreitmächten bzw. Kolonialmissionen zu beteiligen. Spätestens mit dem Lissabon-Vertrag ist die EU ein Militärpakt geworden. Neutralität ist mit der Mitgliedschaft in solchen Militärpakten absolut unvereinbar. Nur wer sich der Kumpanei mit den Machtblöcken der reichen Staaten verweigert, kann sich mit den Schwachen solidarisieren und glaubwürdig für eine Politik der Ächtung des Krieges in den internationalen Beziehungen eintreten, also eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik betreiben. In diesem Sinne fordern wir:

  • Keine Teilnahme an der EU-Armee und den EU-Schlachtgruppen („Battle-Groups“)!
  • Rücknahme des „Kriegsermächtigungsartikels“ 23j aus der österreichischen Verfassung und aller anderen neutralitätswidrigen Gesetzesänderungen (Kriegsmaterialgesetz, etc.)!
  • Ausstieg aus dem Europäischen Auswärtigen Dienst der EU, keine Beteiligung an den EU-Militärgremien (Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee, etc.)! Aufkündigung der Beistands- und Solidaritätsklausel im EU-Vertrag.
  • Ausstieg aus der sog. NATO-„Partnerschaft für den Frieden“, kein NATO-Beitritt!
  • Rückzug aller österreichischer Truppen von Kolonialmissionen (Balkan, Naher und Mittlerer Osten, Zentralafrika)! Bedingungen und Ausgestaltung der Beteiligung an UN-Blauhelmmissionen müssen breit diskutiert werden und dürfen nur als „peace-keeping“ Einsätze im Auftrag und unter Kommando der UNO durchgeführt werden. Als Kriterien sind der Konsens der Konfliktparteien, Neutralität und Gewaltverbot mit Ausnahme der Selbstverteidigung unbedingt einzuhalten.
  • Sperrung des österreichischen Luftraums und Territoriums für die Truppen- und Waffentransporte der Großmächte!

1.2 Abrüstung im Inneren

Wer sich verpflichtet, niemanden anzugreifen, kann auf den Aufbau offensiver Militärkapazitäten ebenso verzichten wie auf repressive Überwachungs- und Spitzelapparate, die sich gegen die eigene Bevölkerung wenden:

  • Kein Berufsheer, Beibehaltung der Allgemeinen Wehrpflicht, Auflösung aller Offensiveinheiten, Verzicht auf den Ankauf von Waffen für die Einsätze der EU-Armee!
  • Ächtung aller „Directed-Energy Weapons“ bzw. aller „Non-Lethal Weapons“ wie Mikrowellen-, Strahlen- (z. B. Laser, „High Intensity Radio Frequency Waves“) und Schallwaffen!
  • Keine Drohnen für Krieg, Bespitzelung und Repression
  • Verbot der Produktion von Kampf-Drohnen in Österreich, Ausstieg österreichischer          Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus militärisch nutzbaren Drohnen- und den damit verbundenen Bespitzelungsprojekte(z.B. Indect, Aeroceptor)   
  • Sofortige Rückgängigmachung des Eurofighter-Ankaufs! Dieses Rüstungsgeschäft ist rechtsunwirksam, weil es gegen österreichisches Recht verstößt (Staatsvertrag) und durch massive Geldflüsse und Karrieresprünge für einzelne Politiker und deren Angehörige „erkauft“ worden ist.
  • Rücknahme des Militärbefugnisgesetzes, Auflösung aller militärischen und zivilen Spitzeldienste; Ausstieg aus den EU-Spitzel- und Überwachungsvereinbarungen (Enfopol, Europol, Indect,etc), Rücknahme der ausufernden staatspolizeilichen Kompetenzen (Rasterfahndung, Handy- und Videoüberwachung, DNA-Datenbanken, etc.)!
  • Rüstungskonversion; Rücknahme der Einbindung der österreichischen Industrie in den militärisch-industriellen Komplex der EU; Austritt aus der EU-Rüstungsagentur!
  • Wir treten für eine Asylpolitik ein, die über die Genfer Konvention hinausgeht, z. B. Aufnahme von Deserteuren aus US- und EU-Streitkräften; Keine Unterordnung unter die restriktive EU-Asyl- und Flüchtlingspolitik; Existenzsicherung für Flüchtlinge!
  • Förderung von Friedenserziehung und Friedensdiensten; Ausbau der Friedensforschung!

1.3 Neuorganisation der Allgemeinen Wehrpflicht

Am 20.Jänner 2013 entschied sich die österreichische Bevölkerung bei einer Volksbefragung für die Beibehaltung der Allgemeinen Wehrpflicht in Österreich. Daran anknüpfend fordern wir:

  • Bevor entschieden wird, wie und gegen wen verteidigt wird, muss geklärt werden, was verteidigt wird. Noch bevor sich der/die Einzelne für seinen konkreten Beitrag zur Verteidigung entscheidet, muss in der Grundausbildung die Bedeutung eines freien, demokratischen, solidarischen und neutralen Österreichs vermittelt und erarbeitet werden
  • Es müssen gesellschaftliche Strukturen aufgebaut werden, die die wechselseitige Bedeutung und das Zusammenwirkung der einzelnen Komponenten der Verteidigung sicher stellen.
  • Die demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte der SoldatInnen und Zivildienstleistenden müssen gestärkt werden.
  • Allgemeine Wehrpflicht bedeutet nicht automatisch militärische Landesverteidigung. Zivile, nichtmilitärische Formen der Verteidigung, „Soziale Verteidigung“, müssen forciert werden: Einüben gewaltfreier Konfliktlösungen im Inneren, Nicht-Kooperation mit Aggressoren, usw. Ob bzw. welchen Stellenwert militärische Komponenten im Rahmen der Allgemeinen Wehrpflicht einnehmen, muss von den Menschen nach einer breiten öffentlichen Debatte in einer Volksabstimmung entschieden werden. Auch hier ist die Kernfrage der Ausstieg Österreichs aus dem Militärpakt EU. Gerade Menschen, die jede Form der militärischen Landesverteidigung ablehnen, müssen für den Ausstieg aus diesem Militärpakt eintreten, denn im Rahmen der sicherheitspolitischen Verpflichtungen des Lissabon-Vertrags, würde die Abschaffung des österreichischen Bundesheeres nicht zur Entmilitarisierung, sondern im Gegenteil zur direkten Unterordnung österreichischer SoldatInnen unter aggressive EU-Militäreinheiten bzw. zum direkten Abfluss österreichischer Steuermittel in den EU-Militär-industriellen Komplex führen (sh. Art. 42, EU-Vertrag).

1.4 Aktive Friedenspolitik nach außen

Spätestens seit der Vorbereitung auf den EU-Beitritt ist die österreichische Außenpolitik immer stärker in Richtung EU-Chauvinismus abgeglitten. Die Friedensrepublik Österreich knüpft an den Erfahrungen der Außenpolitik der 1970er-Jahre an und entwickelt diese in folgende Richtung weiter:

  • Souveränität gegenüber den Großmächten – Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen. Die Friedensrepublik verweigert sich dem totalitären Dogma, dass Europa „mit einer Stimme sprechen“ muss. Denn das läuft faktisch auf die Unterordnung unter die in Brüssel, Berlin und Paris konzipierte Weltherrschaftspolitik hinaus. Die Wiedererlangung der Souveränität gegenüber den Großmächten ist die Voraussetzung dafür, eine Außenpolitik zu betreiben, die friedliche Konfliktregelungen, Konfliktvorbeugung, internationale Abrüstung, Auflösung der Militärblöcke und die Vernichtung aller Massenvernichtungswaffen zum Ziel hat.
  • Internationalismus und Solidarität mit den Staaten des Südens. Frieden erfordert die Bekämpfung der strukturellen Wurzeln von Gewalt, allen voran der himmelschreienden globalen Ungleichheit zwischen Arm und Reich. Die Friedensrepublik Österreich engagiert sich für eine globale Umverteilung des Reichtums: Streichung der Schulden der Länder des Südens und Ostens; Stärkung der eigenständigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und der politischen Souveränität der peripheren Staaten und Weltregionen; soziale und ökologische Regulation der Kapitalströme; Schutz vor asymmetrischer Handelsliberalisierung und Ausverkauf!
  • Engagement für eine ökologisch nachhaltige Weltwirtschaftsordnung. Ausstieg aus der fossilen und atomaren Energie; Stärkung ökologischer Kreisläufe in den Ländern des Südens, die auf die Grundbedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung ausgerichtet sind, statt Raubbau an den natürlichen Ressourcen im Interesse der großen Konzerne.
  • Weltoffenheit und Impulse für die Wiederbelebung der internationalen Blockfreienbewegung. Die Friedensrepublik ringt um politische Allianzen und ökonomische Kooperationsbeziehungen mit anderen neutralen und blockfreien Ländern des Nordens und Südens; gemeinsamer Widerstand gegen die Politik des militärischen Interventionismus/Neokolonialismus von EU und USA; Stärkung der UNO als Instrument gegen die Kriegs- und Kolonialpolitik der Großmächte!
  • Politik der guten Nachbarschaft auf gleicher Augenhöhe mit den Nachbarstaaten. D. h. Schluss mit dem Duckmäusertum gegenüber Berlin/Brüssel und Schluss mit Herrenmentalität und Revanchismus gegenüber Tschechien und anderen (süd-)osteuropäischen Nachbarstaaten!