„Die Unterstützung der Region für ihre Bahn ist mehr denn je erforderlich! Die Bürgermeister der Bezirke, die Meinungsbildner, Wirtschaft, Tourismus und die Europaregion müssen sich für die Bahn einsetzen. Es geht schließlich um ein wesentliches Zukunftsprojekt für die Region, ihre Bürger und die folgenden Generationen.“ So kann man die Ergebnisse des Mühlkreisbahngipfels vom 11. Februar 2014 zusammenfassen. Eine Presseinformation der Plattform ZUGKUNFT Mühlkreisbahn, der unabhängigen regionale Initiative für den Erhalt und die Attraktivierung der Mühlkreisbahn.
Unser Bezirk braucht jetzt rasch eine moderne Bahn
Der Abzug der niederflurigen Desiro-Triebwagen, die daraus resultierende sinkende Beförderungsqualität für die Reisenden und Langsamfahrstellen, die seit Jahren nicht saniert werden: das alles zeigt wie wenig sich das Unternehmen ÖBB trotz aufrechtem Verkehrsdienstevertrag um ihre Kunden bemüht. Es zeugt aber auch davon, dass für die Verantwortlichen im Land eine zukunftsfähige, moderne Schienenverbindung ins Obere Mühlviertel überhaupt keine Priorität hat. Die aktuelle Situation der Bahn erfordert aber von allen Beteiligten ein umgehendes Handeln.
Abt Martin vom Stift Schlägl, das 2019 die Oö. Landesgartenschau ausrichten wird, hebt hervor: „Ich denke, es ist notwendig zu betonen, dass sehrwohl Verhandlungen zwischen Linz und Land notwendig sind, aber nicht auf Kosten der ländlichen Regionen. Das scheint mir ganz wichtig zu sein.“
Einhaltung des Verkehrsdienstevertrages einfordern
Der zwischen Land OÖ und den Österreichischen Bundesbahnen abgeschlossene Verkehrsdienstevertrag enthält klare Festlegungen. Die bestellte Verkehrsleistung ist an Qualitäten gebunden und der Einsatz von Desiro-Triebwagen ist definitiv festgelegt. Es kann nicht sein, dass das Land OÖ seinen Zahlungsverpflichtungen als Besteller nachkommt und gleichzeitig die Bahnstrecke dem Verfall preisgegeben wird. Diesem Kundenvertreibungsprogramm muss ein Ende gesetzt werden!
Wir verlangen, dass das Land im Interesse der Pendler die ÖBB-Infrastruktur zu einer Sanierung der Bahnstrecke drängt. Der Verkehrsdienstevertrag ist mindestens bis zum Ablauf des Jahres 2017 zu erfüllen!
Langsamfahrstellen sofort beseitigen
Aktuell bestehen rd. 5 km Langsamfahrstellen, d.h. die vorgesehene Geschwindigkeit darf aufgrund des schadhaften Bauzustandes der Strecke nicht gefahren werden. Es grenzt an eine Verhöhnung der Reisenden, wenn die Streckengeschwindigkeit kilometerlang auf 20 km/h herabgesetzt ist und dies teilweise noch aufgrund der Hochwasserschäden aus dem Jahr 2002. Mit einem relativ kleinen Betrag könnten diese Schäden in kurzer Zeit beseitigt werden.
Niederflurige Fahrzeuge müssen auf der Mühlkreisbahn bleiben
„Verkehr für alle“ ist ein Menschenrecht. Österreich hat 2008 die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen unterzeichnet und diese beinhaltet barrierefreie Mobilität. Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigung wichtig, sondern auch für Reisende mit Kinderwagen, für das Ein- und Aussteigen mit Gepäckstücken und Fahrrädern und für alte Menschen, die nicht mehr so mobil sind.
„Die letzten Tage haben gezeigt, dass sich Landes-Politiker und Menschen der Region vehement dafür einsetzen, dass die modernen, niederflurigen und klimatisierten Desiro Triebwagen weiterhin auf der Mühlkreisbahn verkehren. Die ÖBB haben diesbezüglich ein Konzept zu erarbeiten und eine Garantie abzugeben, dass diese Desiro-Triebwagen auf Dauer des Vertrages auf der Bahnlinie verbleiben“, fordert Sr. Gisela Radinger vom Netzwerk von Christen stellvertretend für alle Betroffenen.
RegioTram ist im Vergleich zur RegioBahn in hohem Maße unrealistisch
Obwohl den Menschen vor der letzten Landtagswahl die Modernisierung der normalspurigen Mühlkreisbahn und deren Ausbau zum Rückgrat des Öffentlichen Verkehrs im Oberen Mühlviertel versprochen wurde, sind keine Schritte zur Umsetzung gefolgt.
Obwohl vorher bekämpft wurden wiederum Pläne für eine RegioTram entwickelt. In diversen öffentlichen Diskussionen ist diese Planung zu Recht kritisiert und von den Betroffenen abgelehnt worden.
„Es kann nicht sein, dass man den Willen der Region und das Votum von 11.000 Unterzeichnern der Unterschriftenaktionen ignoriert und uns eine RegioTram aufzwingen möchte, die gravierende Nachteile gegenüber der bestehenden Mühlkreisbahn aufweist“, bringt es Alois Hain, Sprecher der Plattform Zugkunft Mühlkreisbahn auf den Punkt und verweist neben der Problematik der Umspurung auf Schmalspur auf folgende Problembereiche:
• Zeitliche Umsetzung: während die bestehende Bahn in max. 1 bis 2 Jahren saniert werden kann, ist die RegioTram ohne die 2. Straßenbahnachse und den Neubau /Sanierung der Eisenbahnbrücke nicht lebensfähig und sinnvoll. Für beide Projekte fehlen sowohl die Planungen als auch Finanzierungvereinbarungen. Somit ist eine Realisierung dieser Projekte frühestens in 6 – 8 Jahren realistisch.
Die Planung der RegioTram mit Projektierung, Einreichung, Genehmigungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfung, Detailplanung, Grundeinlösungen, Finanzierungsvereinbarungen und –vorsorge lässt eine Realisierung in den nächsten beiden oö. Legislaturperioden nicht erwarten.
• Errichtungskosten: wenn man die für die Errichtung der RegioTram bekanntgegebenen Baukosten von EUR 145 Mio. bis Kleinzell mit den Kosten für die Ertüchtigung der bestehenden Bahnlinie bis Aigen-Schlägl von rd. EUR 40 – 60 Mio. in Relation setzt, dann erkennt man, dass der rd. 3-fache Betrag für die halbe Strecke benötigt wird. Wer übernimmt dann die Verantwortung für ein derartiges Missverhältnis resp. Verschwendung.
• Etappenlösung - Endpunkt Kleinzell: warum soll die Bahn in Kleinzell enden bzw. bis dorthin rückgebaut werden, wo keinerlei Infrastruktur außer einem Parkplatz besteht, wenn große Teile der bestehenden Bahninfrastruktur voll funktionsfähig sind? Wie soll ein ganztägig vernünftiges Angebot (Taktverkehr in beiden Richtungen) gestaltet werden, wenn es tagsüber keine Zielverkehre nach Kleinzell geben wird. Hohe Kosten der Betriebsabwicklung stehen damit einer geringen Inanspruchnahme gegenüber.
Gut funktionierende Bahnsysteme bedienen eine Fülle von Zielgruppen (Pendler, Schüler, Erledigungsverkehr, Tourismus), um eine bestmögliche Auslastung in beiden Richtungen zu erreichen.
“Eine Etappenlösung lehnen wir strikt ab, denn sie bedeutet das voraussichtliche Aus für die Mühlkreisbahn in Rottegg bzw. Kleinzell“, sagt die Plattform ZUGKUNFT Mühlkreisbahn.
• Abkoppelung der Bezirkshauptstadt Rohrbach und der Tourismusregion Böhmerwald von der Bahn: bei entsprechender Angebotsgestaltung bietet gerade der obere Streckenabschnitt ein hohes Potenzial für die Bahn. Eine erhebliche Anzahl von Auspendlern in den Gemeinden (tlw. über 80%) und hohe Nächtigungszahlen im Herzen der Tourismusregion in Aigen-Schlägl garantieren eine gute Auslastung (s. Anhang). Zudem kann die Tourismusregion Böhmerwald auf sanfte Art das ganze Jahr über erreicht werden. Gerade im Hinblick auf die im Entstehen begriffene Europaregion Donau-Moldau sollte man die Erschließung der Region mit einer vollwertigen Bahn als Standortvorteil betrachten.
• Überlassen der Strecke an die Linz AG: so wie sich die Situation derzeit darstellt möchte man die Umspurung auf die Spurweite der Linzer Straßenbahn auch deshalb durchführen, um dann die gesamte Strecke an die Linz AG abzutreten. Es gibt bereits genügend Anhaltspunkte, dass für die Linz AG der Streckenabschnitt oberhalb von Rottenegg uninteressant ist.
Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob es aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen überhaupt zulässig ist die Strecke „quasi unter der Hand“ und ohne Ausschreibung an ein bestimmtes Verkehrsunternehmen zu übertragen.
Maßnahmen umgehend setzen
„Die Attraktivierung der Mühlkreisbahn muss umgehend beginnen. Der Vorteil ist, dass die Baumaßnahmen während des laufenden Betriebs und ohne nennenswerte Einschränkungen für die Nutzer der Bahn ablaufen können“ erläutern die Vertreter der Plattform Zugkunft Mühlkreisbahn und weiter: „Die Menschen der Region können sich dann sehr rasch von den Vorteilen überzeugen und wieder Vertrauen in die Bahn gewinnen.“
Folgende Maßnahmen können ohne großen finanziellen Aufwand, aber mit sofortiger Verkürzung der Fahrzeit bzw. Betriebsqualität umgesetzt werden:
• Beseitigung der Langsamfahrstellen
• Kürzung der Fahrzeitreserven auf ein Minimum
• Adaptieren des Bezirksverkehrskonzeptes Rohrbach mit deutlicher Schwerpunktsetzung Richtung Bahn
• Technische Sicherung von Eisenbahnübergängen, die massive Geschwindigkeitseinbrüche bewirken (Beispiel Pürnstein)
• Umgehender Beginn von Planungen für einen Service- und Reinigungsstandort für die Bahnstrecke
• Sicherung der normalspurigen Gleisverbindung vom Mühlkreisbahnhof in Richtung Stadthafen (auch als Vorsorge für ein künftiges Schnellbahnsystem für den Zentralraum)
• Das Anforderungsprofil für die Eisenbahnbrücke Neu muss um die Aufnahme der normalspurigen Verbindung über die Donau ergänzt werden
Außerdem sind sofort Planungen einschließlich eines verbindlichen Zeitplanes für eine umfassende Modernisierung der gesamten Strecke bis zum Endbahnhof Aigen-Schlägl aufzunehmen. Die ÖBB hat dabei ihren Verpflichtungen aus dem Verkehrsdienstevertrag v.a. auch bei der Finanzierung von Maßnahmen zur Erhaltung der Qualität nachzukommen!
Mühlkreisbahnhof zur Nahverkehrsdrehscheibe Nord ausbauen
„Natürlich ist es langfristig wünschenswert, dass die Mühlkreisbahn zum Hauptbahnhof geführt wird. Blickt man den Tatsachen ins Auge, ist dies derzeit aber unrealistisch. Es scheint uns daher das Gebot der Stunde und wesentlich klüger, am Mühlkreisbahnhof eine optimale Umsteigesituation zu schaffen“ erläutert Alois Hain die Situation.
Der Mühlkreisbahnhof muss zu einer funktionierenden Nahverkehrsdrehscheibe mit optimaler Heranführung der Straßenbahn an die Mühlkreisbahn, kurzen Umsteigewegen und Verknüpfung mit allen städtischen und überregionalen Buslinien umgebaut werden.
Wenn man betriebliche Funktionen wie Wartung, Reinigung und Hinterstellung von Fahrzeugen nach Ottensheim, Rottenegg oder andere Bahnhöfe auslagert, dann gewinnt man den notwendigen Platz in Urfahr.
Später kann auch die 2. Straßenbahnachse dort hingeführt werden, sodass die Reisenden mit kurzen Umsteigewegen in alle Richtungen fahren können – eine optimale Situation:
Eine moderne Regiobahn unmittelbar verknüpft mit den wichtigsten innerstädtischen Verkehren von der Land und Stadt profitieren!
Die „Plattform Zugkunft Mühlkreisbahn“ ist ein Zusammenschluss von 14 Vereinen, Initiativen und Interessenvertretungen und agiert unabhängig und ehrenamtlich. Die Ziele der Plattform sind auf dem dafür eingerichteten Blogspot http://muehlkreisbahn.blogspot.co.at/ verankert.
Anhang
Auszug aus der Regionaldatenbank des Landes
(Basis: Regionaldatenbank des Landes auf www.ooe.gv.at )
Die Gemeinden Oepping, Julbach, Kollerschlag, Peilstein und Nebelberg haben zusammen rd. 7.300 Einwohner mit 3.330 Erwerbstätigen, von denen rd. 75% auspendeln (=2.500)
Aigen und Schlägl haben mit den Gemeinden Ulrichsberg, Klaffer und Schwarzenberg gesamt 8.700 Einwohner mit 3.900 Erwerbstätigen, wovon rd. 82% (=3.200) (etwas weniger in Aigen und Ulrichsberg) auspendeln!!
Aigen i.M. weist die meisten Gästenächtigungen auf, daher ist eine gute öffentliche Anbindung (auch als Investition in die Zukunft der Region) erforderlich.
Gästenächtigungen Aigen + Schlägl: 88.000 pro Jahr
Gästenächtigungen Böhmerwaldregion (Aigen, Schlägl, Ulrichsberg, Schwarzenberg, Klaffer): rd. 175.000 pro Jahr!
(Stand 2011)
Mehr zum Thema -> Kurzfilm der Solidarwerkstatt:
> Zugkunft Mühlkreisbahn
>>Erhalten - Sanieren - Ausbauen!
Ein Video von Rudi Schober, Solidarwerkstatt, über die bewusste Verlotterung und Nichtsanierung der Hochwasserschäden 2002 an der Mühlkreisbahn. Zum Spielball geworden zwischen Landespolitik, Stadtpolitik und Interessen der LinzAG wird diese wichtige Regionalbahn auf Kosten der Steuerzahler und Pendler aufgerieben ...
http://www.dorftv.at/videos/solidarwerkstatt/8702