www.westspange.atIm oberösterreichischen Steyr wehren sich engagierte BürgerInnen gegen den geplanten Bau der Westspange, einer neuen Megastraße für den Transitverkehr. Das Werkstatt-Blatt sprach mit Jürgen Hutsteiner von der Bürgerinitiative „Grüngürtel statt Westspange!“


Werkstatt-Blatt: Warum engagierst Du Dich gegen die Steyrer Westspange?


Jürgen:
Ausgangspunkt meines Engagements war es, dass die Straße - ohne Rücksicht auf Verluste - über meine Felder führen soll und das ist für einen Bauern so, als würde man ihm einen Fuß amputieren. Ich habe meinen Hof von meinen Eltern praktisch geschenkt bekommen, wie sie von ihren Eltern und die von ihren. Damit übernimmt man aber auch eine große Verantwortung. Generationen vor einem haben gearbeitet und sich geplagt, den Besitz nachhaltig gesund zu erhalten. Man begreift schon als Kind den ideellen Wert und lernt das Geerbte zu hüten wie seinen Augapfel.

Durch diese Menschen, die die Westspange bauen wollen, kann ich diesen Generationen-auftrag vielleicht nicht erfüllen und einen gesunden Betrieb an meine Kinder weitergeben. Auf dieser Grundlage begann ich mich also mit dem Thema genauer zu beschäftigen und musste entdecken, dass meiner Ansicht nach die Menschen, die die Westspange wollen, dieses Denken an die vergangenen und kommenden Generationen vermissen lassen. Schlagworte hierzu sind: Bodenversiegelung, Begünstigung von massivem Transitverkehr - mit allen darin enthaltenen Nachteilen und Gefahren - bis hin zum Klimawandel.

Werkstatt-Blatt: Du bist in der Initiative „Grüngürtel statt Westspange“ aktiv. Was sind Eure Ziele? Was habt Ihr in nächster Zeit vor?

ImageJürgen:
Unser Ziel ist das Verhindern dieser Wahnsinnsstraße. Wir erklären den Menschen, was sie mit dieser Straße bekommen würden, nämlich eine Nord- Süd- Transitstrecke und nicht, wie von den Politikern, die keine Haftung für ihr Tun übernehmen, versprochen, eine Entlastung der Innenstadt. Der Verkehr würde durch diese Straße massiv zunehmen. Die vom Land OÖ selbst gebrachten Verkehrszahlen beweisen das.

Zu unseren nächsten Aktivitäten ist zu sagen, dass wir im September dieses Jahres eine Vortragsreihe mit hochkarätigen Experten begannen, die wir weiterführen werden. Hierbei laden wir Fachleute ein, die das Thema „Straße“ von verschiedenen Seiten beleuchten. Dazu und zu unseren weiteren Aktivitäten kann man sich unter www.westspange.at informieren. Es finden sich hier auch Videos der bereits stattgefundenen Vorträge und Veranstaltungen.

Außerdem beteiligen wir uns weiterhin an Aktivitäten der Initiative „Verkehrswende jetzt“ und wir reden auch – wie bisher - immer und immer wieder mit Politikern aller Parteien und Ebenen, um unsere Bedenken vorzubringen.

Werkstatt-Blatt: Wie reagieren die politisch Verantwortlichen auf Eure Forderungen?


Jürgen:
Das ist leider ein trauriges Kapitel. Auf unsere kritischen Fragen hin wurde mit uns geredet. Allerdings blieb man uns die erbetenen Antworten schuldig. Bei diesen Gesprächen fielen Aussagen, von denen ich hier nur ein paar wiedergeben möchte:

„Mehrere Politikergenerationen wollen die Straße seit 30 Jahren und jetzt bekommen wir sie endlich.“ Diese Aussage unterstreicht das von mir vorhin Gesagte. Die Pläne meiner Großeltern für unseren Hof waren zu ihrer Zeit sicher zeitgemäß, aber sie wären dies heute sicher nicht mehr und mein Betrieb ginge Bankrott, würde ich ihre Visionen verwirklichen. Die Politik verfolgt aber genau das, sie setzt veraltete, unzeitgemäße Pläne früherer Politikergenerationen um.
„Wenn das rote Steyr vom schwarzen Land eine Straße geschenkt bekommt (Anm.: 90% der Kosten trägt das Land OÖ), dann müssen wir die nehmen.“ Hier scheint also das Motto: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“, zu gelten.
„Steyr lebt von der Autoindustrie und dann muss man schon für die Nutzung des Autos sein und Straßen braucht man nun mal dafür.“ Eine bösartige Anmerkung dazu meinerseits: Gott sei Dank bauen wir in Steyr keine Waffen mehr.
Auf die Frage: „Die EU verlangt bis 2030 eine CO2 - Reduktion im Verkehr von 30%, wie wollen Sie das mit der Westspange erreichen?“, erhielt ich die Antwort, das sei keine Sache der Kommunalpolitik, sondern der Bundespolitik. Die einen nennen es Subsidiaritätsprinzip, die anderen fehlenden Weitblick.

Werkstatt-Blatt: Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen der Steyrer Westspange und anderen großen Straßenbauprojekten in OÖ, wie z.B. der S10 im Mühlviertel und der geplanten Linzer Ostumfahrung?

Jürgen:
Wie schon vorher gesagt, sind wir davon überzeugt, dass schlussendlich eine Nord-Süd- Transitroute quer durch Oberösterreich entstehen soll, denn das ist auch eine offizielle WKO-Forderung der Sparte Transport. Hier baut man also Schritt für Schritt – und unter dem Deckmantel „Umfahrung“ – eine dem LKW-Verkehr Vorschub leistende Strecke vom Mühlviertel quer durch das Traunviertel bzw. quer durch ganz Europa. Sie führt übrigens damit unter anderem nahe am Nationalpark „Kalkalpen“ vorbei.

Werkstatt-Blatt: Welche verkehrspolitischen Alternativen braucht es Deiner Meinung nach im Raum Steyr, um eine umweltfreundliche Verkehrswende zu erreichen?

Jürgen: Meine Vision für Steyr ist es, dass attraktive Alternativen zum Auto geschaffen werden. In einem gut ausgebauten Radwegenetz, das im Augenblick fast nicht vorhanden ist, soll der Radfahrer (E-Radfahrer, Segway-Nutzer usw.) bevorzugt werden und nicht wie jetzt benachteiligt. Weiters brauchen wir einen öffentlichen Verkehr, wo man bestenfalls schneller ist als zu Fuß - dies ist im Augenblick leider teilweise nicht so - und auch eine Anbindung der Nachbargemeinden. Ebenso ist eine angemessene weiträumige Verbindung, u.a. in den Zentralraum, wie Ihr selber wisst, nur unzureichend gegeben.


Helft am 30. April Sonnenblumen pflanzen!

Veranstaltungshinweis:  Die Bürgerinitiative „Grüngürtel statt Westspange!“ lädt ein zum gemeinsamen Pflanzen von Sonnenblumen auf einem Teilstück der geplanten Westspange am:

Samstag, 30. April 2016: Sonnenblumen setzen
Zeit/ Ort: ab 14 Uhr, Obstgarten hinter dem Gasthaus Mayrpeter an der Staffelmayrstraße, Steyr

Mehr dazu: http://www.westspange.at/