Seit Monaten kämpfen engagierte Menschen gegen den Bau der Lobau-Autobahn. Mit Erfolg. Das Werkstatt-Blatt sprach mit Heinrich Hirsch, einem der AktistInnen.


Werkstatt-Blatt: Du hast dich in den letzten Monaten intensiv gegen die Lobau-Autobahn engagiert. Was ist deine Motivation?

Heinrich: Meine Hauptmotivation ist die Stadt Wien nachhaltig zum Positiven zu verändern, zu einer schöneren Stadt, in der man gerne lebt. Als Verkehrswendeaktivist ist dabei der Wandel von einer autogerechten Stadt hin zu einer menschenfreundlichen Stadt besonders wichtig. In so einer Stadt kann man alles Lebensnotwendige fußläufig erreichen. Ein Lobautunnel führt nur zu noch mehr Zersiedelung und einer Verschlechterung der Lebensverhältnisse in der Stadt. Wenn einmal so eine Autobahn steht, dann bleibt sie dort auch mindestens für 100 Jahre. Darum ist es umso wichtiger, die fossilen Großprojekte unserer Zeit direkt zu bekämpfen, sodass gar nicht erst mit dem Bau begonnen wird.

WB: Spielt die Klimakrise dabei auch eine Rolle für dich?

Heinrich: Auf jeden Fall! Das schöne Leben ist für mich deshalb eine große Motivation, weil man die direkten Auswirkungen sofort spüren kann. Im ersten Lockdown hat man noch gesehen, wieviel leiser die Städte sein können. Nicht Städte sind nämlich laut, sondern Autos. Natürlich ist mir die enorme Einsparung an CO2-Emissionen, die durch eine Verkehrswende möglich ist, von großer Bedeutung. Immerhin geht’s da um unsere Zukunft.

WB: Klimaministerin Gewessler hat nun den Stopp der weiteren Planungen für
die Autobahn verkündet. Wie konnte dieser Erfolg erreicht werden?

Heinrich: Wir waren alle ganz baff, als wir das gehört haben vom Camp. Für die Pressekonferenz in der der Baustopp verkündet wurde, bin ich extra ins Camp gefahren. Gewessler ist, glaube ich, die erste Ministerin überhaupt, die öffentlich ausspricht, dass mehr Straßen zu mehr Verkehr führen. Das hat es davor noch nie gegeben. Das Camp hat für die Entscheidung bestimmt eine große Rolle gespielt, immerhin waren wir es, die großen politischen Druck aufgebaut haben und Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt haben. Ohne uns, ohne die vielen Stunden, die wir da in den Aktivismus reingesteckt haben, wäre die Entscheidung über den Lobautunnel sicherlich noch immer eine Zitterpartie. Jetzt haben wir vom Ministerium für Verkehr ein klares „Nein“. Das ist gut so. Eine Entscheidung für den Bau des Lobautunnels hätte den Grünen aber bestimmt auch enorm geschadet. Dann wären sie ja nicht nur bei Sozialem und Migration umgeknickt, sondern auch noch bei Klima- und Umweltschutz.

WB: Worin siehst du die nächsten Herausforderungen für diese Bewegung?

Heinrich: Das ist ganz klar die Stadtautobahn in Hirschstetten. Die SPÖ spricht dabei immer von einer „ganz normalen Gemeindestraße“. Dabei soll sie das Zwischenstück zwischen der Nordosttangente und der Spange bilden – zwei Autobahnen, die Teil des Lobauautobahnprojekts sind. Wir befürchten, dass mit dem Bau der Stadtautobahn, der Lobautunnel wieder durch die Hintertür kommen könnte. Ohne einen Lobautunnel macht eine Stadtautobahn durch Hirschstetten nämlich noch weniger Sinn als ohnehin schon. Leider ist der Bau der Lobauautobahn gesetzlich im Bundesstraßengesetz verankert. Auf das könnte sich ein neuer Verkehrsminister wieder berufen. Obwohl die Stadtautobahn faktisch zu dem Großprojekt dazugehört, fällt der Bau nicht in den Kompetenzbereich des Verkehrsministeriums, sondern in den der Stadt Wien. Die scheint leider ein großes Interesse daran zu haben, die Donaustadt im Nordosten Wiens noch weiter zuzubetonieren.

WB: Du studierst in Wien, kommst aber aus Linz und bist auch hier bei der
"Initiative Verkehrswende jetzt!" aktiv. Welchen Zusammenhang siehst du
zwischen den Kämpfen in Wien und Linz gegen den Neubau von Autobahnen?

Heinrich Die Argumente der Parteien, die sich diese gigantischen Stadtautobahnen einbilden, sind immer dieselben. Man spricht immer von Verkehrsentlastung und weniger Staus und das, obwohl uns die städtebauliche Realität das genaue Gegenteil zeigt. Selbst die ASFINAG prognostiziert in ihren Unterlagen immer einen Verkehrsanstieg. Nur wenige Jahre nach Fertigstellung sind die neugebauten Straßen wieder genauso von Stau geplagt. Um den Teufelskreis an neuen Autostraßen zu unterbrechen, braucht es endlich den Öffi-Ausbau. Außerdem müssen endlich Möglichkeiten geschaffen werden mit Fahrrädern sicher und ohne Umwege schnell von A nach B zu kommen. Diese zwei Punkte sind echte Staureduzierer.

Bitte unterstützen: Petition an den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig: „Keine Klage gegen Klima-AktivistInnen > https://mein.aufstehn.at/petitions/burgermeister-ludwig-keine-klage-gegen-klima-aktivist-innen