Die Lobau erlangte schon 1977 die internationale Anerkennung als Schutzgebiet. Damals befand die UNESCO die Untere Lobau als eines der bedeutendsten Feuchtgebiete der Welt und erklärte sie zum „Biosphärenreservat”. Seit 1978 ist die gesamte Lobau Naturschutzgebiet. Und 1997 wurde die Lobau und die gesamten Donau-Auen östlich von Wien bis zur Staatsgrenze der Slowakei zum Nationalpark erklärt. Das ist nun durch die geplante Lobau-Autobahn gefährdet.

Wien hat das einzigartige Privileg einen Nationalpark angrenzend bzw. als Teil des Stadtgebiets zu haben. “Durch die Unterschutzstellung u.a. als Nationalpark konnte die einzigartige und aus ökologischer Sicht sehr bedeutende Auenlandschaft der Lobau gerettet werden. Die Ausweisung als Biosphärenreservat, Ramsar-Schutzgebiet und Natura-2000-Gebiet unterstreichen die öko¬logische Bedeutung der Lobau. Spezielle Managementpläne und nicht zuletzt auch das Nationalparkgesetz sollen den langfristigen Schutz dieser Lebensräume gewährleisten. Neben dem Arten- und Lebensraumschutz stellen die Erholungsnutzung und die Umweltbildung wichtige Bereiche in der Nationalparkbewirtschaftung dar.”- Soweit die Gemeinde Wien auf ihrer Homepage unter: „Erholungsgebiet Donau-Auen (Lobau)”
Aber: Wie will man diesen langfristigen Schutz der Lobau ernsthaft gewährleisten, wenn man mit der S1 Süßenbrunn bis Schwechat, deren Teil der geplante „Lobautunnel“ wäre, eine Transitautobahn mitten hindurch plant?

Aberkennung als Nationalpark droht

Jetzt droht die Weltnaturschutzunion (IUCN) die internationale Anerkennung als Nationalpark zu entziehen. Sie ist wegen der geplanten Lobau-Autobahn besorgt und fürchtet erhebliche negative Auswirkungen auf den Nationalpark. Sie fordert zuerst Beweise, dass die Donau-Auen - insbesondere das Grundwasser - durch den Bau der Autobahn keinen Schaden nehmen, bevor diese bewilligt werde. (aus: KURIER vom 17.05.2021)
Würde Österreich bzw. würden die Grundeigentümer des Nationalpark Donau-Auen Wien und NÖ wirklich einen internationalen Schutzstatus risikieren? Die Vergangenheit hat gezeigt: Ja würden sie.
Still und heimlich wurde im Jahr 2017 der UNESCO Biosphärenreservat-Status aberkannt. Die Frage drängt sich auf: Vorleistung für den Bau der Autobahn? Wollte man so einer öffentlichkeitswirksamen Rüge durch die UNESCO vorgreifen? Der offizielle Grund war fehlende Einteilung in Zonen verschiedener Schutzklasse (Kernzone usw.) Es wäre aber ein Leichtes gewesen, solche Flächen zu benennen und den Schutzstatus beizubehalten. Allerdings kann ein UNESCO Schutzstatus im Weg stehen, wenn man größere Bauvorhaben vorhat - siehe Heumarkt Projekt. Die Öffentlichkeit wurde darüber in keinster Weise informiert. Erst auf unsere Nachfrage hin sagte uns die Forstverwaltung, “macht ja nix, weil die Lobau eh noch Nationalparkstatus hat”.

Immobilienhaie, Tanklagererweiterer, Jagdtgebieteinzäuner, Abholzer, Betonierer auf der Lauer

Wenn dieser aber jetzt wegen des Baus der S1 der Nationalparkstatus verloren geht? Dann drohen höchstwahrscheinlich fatale Auswirkungen nicht nur auf die Lobau, sondern auch auf das gesamte derzeitige Schutzgebiet: Es gibt sehr viele Begehrlichkeiten auf das Gebiet, die derzeit der Schutzstatus fernhält. Aber wenn er fällt? Was für Immobilienhaie, Tanklagererweiterer, Jagdtgebieteinzäuner, Abholzer, Betonierer usw. werden dann aus ihren Löchern kriechen? Es könnte auch eine Signalwirkung für andere Schutzgebiete haben: Wenn nicht einmal ein Gebiet, das Nationalpark, Natura 2000-, Ramsar-, Trinkwasserschutz-, Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiet ist, sicher ist, welches “normale” Schutzgebiet in Österreich ist dann noch sicher? Das darf auf keinen Fall passieren! Autobahn stoppen! Nationalpark erhalten!

Rechtsverfahren auf Hochtouren

Mit der nichtuntertunnelten Hälfte der Lobau-Autobahn zwischen Süßenbrunn und Großenzersdorf will die Asfinag heuer, - möglicherweise schon am 30 Juni - zu bauen beginnen. (Dieser Termin wurde zwar von der Asfinag Homepage entfernt, aber möglicherweise nur um die ProjektgegnerInnen zu täuschen). Die Rechtsverfahren laufen auf Hochtouren. Das UVP-Verfahren ist beim Verwaltungsgerichtshof anhängig, Wasserrechtsverfahren, Naturschutz- und Nationalparkrechtsverfahren werden geteilt nach Wien und NÖ und 1. und 2. Bauabschnitt behandelt. Insgesamt sind es 10 Verfahren - allein für die Lobau-Autobahn - mit denen sich BürgerInitiativen und Umweltorganisationen herumschlagen müssen. (Auch die anderen geplanten Autobahnprojekte im Nordosten Österreichs bedrohen Schutzgebiete: Die S1 Spange ein Landschaftsschutzgebiet, die S8 Marchfeldschnellstrasse-West ein Europaschutzgebiet für den vom Aussterben bedrohten Triel, der östliche Teil ist als Brücke durch die Marchauen - Natura 2000 Gebiet und Vogelschutzgebiet - geplant).

Wichtig: All die Verfahren entscheiden nur, ob - nach den geltenden Gesetzen - gebaut werden DARF. Auch wenn von den Gerichten ein Go kommt, die Entscheidung, ob gebaut werden SOLL ist immer noch eine politische Entscheidung! Eine einfache Mehrheit im Parlament kann die Autobahnprojekte aus dem Bundesstraßengesetz Anhang 2 streichen. Alle dazugehörenden Verfahren wären dadurch mit einem Schlag beendet. Klingt utopisch, hat es aber in der Vergangenheit schon mehrfach gegeben. Das müssen wir JETZT erreichen. Bevor es zu spät ist.

Gastkommentar von Jutta Matysek
(Obfrau der BI Rettet die Lobau – Natur statt Beton)
Infos unter www.lobau.org oder facebook: www.facebook.com/StopLobauAutobahn

(aus Werkstatt-Blatt 1/2021)

>> HINWEIS
Hier ein Link zu einem zweiteiligen Video von einem Vortrag von Jutta Matysek unter dem Motto "Verkehrswende statt neuer Autobahnen am Beispiel Lobau-Autobahn"