So könnte man den Ausspruch des Linzer Verkehrsreferenten Vizebürgermeister Martin Hajart auch verstehen, wenn er sagt „Wir müssen die Lebens- und Aufenthaltsqualität erhöhen, dürfen aber gleichzeitig das Grundbedürfnis nach Mobilität nicht ersticken“ (OÖN 27.5.2023.). Ein Beitrag von Hans Hörlsberger.


Die Frage ist, was ist unter „Grundbedürfnis nach Mobilität“ zu verstehen ist. Gehen, laufen, wandern, bummeln, schlendern, flanieren, spazieren und gar lustwandeln, vermutlich nicht. Denn diese Mobilitätsbedürfnisse wären ja eher unter Lebens- und Aufenthaltsqualität einzuordnen. Diese Lebens- und Aufenthaltsqualitäten stehen offenbar im Gegensatz zum so genannten „Grundbedürfnis nach Mobilität“.

Neben der physischen Mobilität bleiben noch die Mobilitätsarten, die mittels Fahrzeuge erfolgen. Und da wiederum ist es der massenhaft auftretende, viel Platz beanspruchende Autoverkehr, der die Lebens- und Aufenthaltsqualität am meisten belastet.

Wenn schon nicht „erstickt“, so doch erheblich unattraktiver, langsamer und weniger sollte der Autoverkehr in den Städten werden. So, Harald Frey von der TU Wien, ein erfahrener Expert (Umgestaltung der Wiener Mariahilfer Straße). Wichtig sei, so der Experte, ein dem entsprechend, einschränkendes Verkehrskonzept und ein funktionierendes Parkleitsystem, damit Auto-Besucher sicher wissen, wo sie ihr Fahrzeug abstellen können.

Von einem „gesunden Mix“ spricht der Linzer Verkehrsreferent. Gesund ist eigentlich nur die zu-Fuß-Mobilität. Ein richtiger „Mix der Mobilitätsarten auf Augenhöhe", wäre ja auch in Begegnungszonen vorgesehen. Aber auch mit dem Mix in Form einer Begegnungszone, tut sich die Stadt Linz schwer.

Einige Beispiele:

Begegnungszone Eisenhandstraße (zwischen Mozartstraße und Krankenhausstraße)

Eisenhandstrasse neu
Eine skurrile Situation. Eine schmale Einbahnstraße, als Begegnungszone, nur signalisiert durch eine kleine Tafel nach StVO § 53/9e. Total nach dem Verkehrs-Trenn-System organisiert. Beidseitige Parkstreifen. Schmaler Radweg gegen die Einbahn, zwischen parkenden Autos und dem Gehsteig. Äußerst schmale Gehsteige (auf der Ost-Seite nur 1,50 m). Darauf Warenträger von angrenzenden Geschäften. Jüngst auch noch Tischerl und Sessel (an sich, in einer Begegnungszone, ideal!) auf den schmalen Gehsteig beim neu eröffneten italienischen Café.

Begegnungszone Lederergasse (zwischen Pfarrplatz und Herbert Bayer Platz)

Lederergasse neu klein

Bizarr auch die städtische Vorgangsweise dort. Ursprünglich war dieser Straßenabschnitt nur als Einbahnstraße verordnet. Praktisch wurde diese Einbahnstraße, die ohne gesonderte Gehsteige von Hausfassade zu Hausfassade eben durchgepflastert ist, aber wie ein Begegnungszone von Fußgängern, Radfahrern in beiden Richtungen genutzt und von den wenigen Autolenkern rücksichtsvoll befahren. Dann wurde daraus eine Begegnungszone gemacht und bloß mittels der Tafel nach StVO § 53/9e gekennzeichnet. Wenige Tage nach der Verordnung als Begegnungszone, wurde von der Stadt Linz mittels weißer Bodenmarkierung eine Fahrbahn markiert, die die Fußgänger zwar nach StVO betreten durften, aber so, dass „sie den Fahrzeugverkehr nicht mutwillig behindern“.

Begegnungszone Domgasse

Seite 13 Foto Begegnungszone Domgasse 1 klein

Wie in der Lederergasse wurde auch in der Domgasse die Fahrbahn durch weiße Sperrlinien markiert. So dass die Autolenker ohne „mutwillige“ Behinderung durch Fußgänger, diese Begegnungszone durchfahren können. Wieder nur ein StVO-Taferl und keine „Tor-Wirkung“ am Anfang und am Ende der Zone und keine „Bodenmuster und einschlägige Piktogramme“ auf der Fahrbahn, um die geänderte Nutzung der Straße deutlich zu machen. Wieder Fußgänger und Autolenker separiert und nicht kooperativ, kommunizierend.

Begegnungszone Südliche Landstraße (neu gestaltet)

Landstrasse neu

Ursprünglich gab es sogar schon einen Gemeinderatsbeschluss zur Abhaltung eines städtebaulichen Ideen-Wettbewerb. Schließlich wurde aber nur die städtische Verkehrsverwaltung und das Tiefbauamt mit der Planung beauftragt. (Angeblich um Kosten zu sparen). Und der Linzer Magistrat baute eine Verkehrsstraße. Zwar als Einbahnstraße, aber mit gesonderter Fahrbahn mit (niederen) Randsteinen. An der Ostseite wurde der Bürgersteig zwar, bis die (gleichbleibende) Straßenbahntrasse verbreitert, auf der Westseite aber, um eine Fahrbahn und einen Kurz-Park-Streifen (12 Autos) unterzubringen, der Gehsteig um ca. 30 cm sogar verschmälert. Und wieder, nur ein Taferl am Anfang und am Ende der Zone und im Verlauf der Straße, keinerlei Hinweis darauf, dass man sich quasi in einem „Wohnzimmer“ der Stadt befindet. Kein „Teppich“, keine „Blumen“ (Bäume). Die Gehsteige wurden an den einmündenden Seitenstraße in der Landstraße nicht durchzogen. An der Bürgerstraße, wurde sogar eine Verkehrsampel mitten in der neuen Begegnungszone installiert. Diese Verkehrsampel und die ostseitige Straßenbahnhaltestelle „Bürgerstraße“, mit der dortigen Auto-Verkehrslenkung ist wahrscheinlich, ein weltweit einmaliges „Gustostückerl“ für eine Begegnungszone. Aber für Linz, völlig normal.

Autofahren in den Städten muss reduziert, unattraktiver gemacht werden, wenn man dort die Lebens- und Aufenthaltsqualität erhöhen will!

Diese Reduktion des Autoverkehrs darf nicht verhindert werden, in dem man das so genannte „Grundbedürfnisses nach (Auto-)Mobilität“ fördert, durch zusätzlichen Straßenbau (beschwichtigend „Umfahrung“, „Entlastung“ genannt)“ zur erhofften Verhinderung der täglich Zeit raubenden, Freizeit beanspruchenden Staus (ein Fass ohne Boden!).

Staus machen aber die Autonutzung „unpraktisch“ (Siehe Anlage), sie tragen daher dazu bei, dass Autonutzung (durch Auto-Nutzer selber) weniger wird. Staupunkte kann man z. Bsp. an die Stadtgrenze verlagern („Pförtner-Anlagen“), die Autonutzung durch Parkleit-Systeme in Parkgaragen optimieren (nicht durch Garagen-Neubau maximieren) und durch (vielerlei) Gebühren, die „Grundbedürfnisse der Auto-Mobilität“ zwar etwas „würgen“ (Auto-Fasten?) aber (vorerst noch) nicht „ersticken“. Die notwendige Mobilität ist durch eine „Stadt der kurzen Wege“ (Siehe Anlage), durch Öffentlichen Verkehrs-Angebote (Angebots-Fahrpläne) und durch Erleichterung der (nicht motorisierten) Radnutzung, sicher zu stellen.

Und drei konkrete Wünsche

  1. Änderungen an den „Gegen-Einbahn-Straßen“ durch die Innenstadt.

Dieser Nord-Süd-Gegen-Einbahnstraßen sollten künftig nicht mehr als „Innenstadt-Durchfahrtstraßen“ sondern als „Innenstadt-Erschließungsstraßen“ gesehen und behandelt werden.

Als solche sollten sie, maximal zwei (enge) Fahrstreifen, einen Mehrzweck-Streifen für (eilige) Radfahrer und je mindestens 2,20 m breite Gehsteige haben. Wo es die Straßenbreite zulässt, sollten Allee-Bäume gepflanzt werden.

Konkret geht es (vorerst) um die Humboldtstraße.

Diese hat extrem schmale Gehsteige (vor dem dortigen Kindergarten nur eine Breit von 1,50 m) und drei (relativ breite und schnelle) Fahrspuren. Die Dinghoferstraße hat, im entsprechenden Abschnitt, dieselbe Verkehrsbelastung und den gleichen ÖV-Anteil, wie die Humboldtstraße. Die Humboldtstraße hat aber drei Fahrspuren, davon eine als temporäre Bus-Spur. Diese sollte zu Gunsten breiterer Gehsteige und einen Mehrzweckstreifen (für zügiges Radfahren), aufgelassen werden. Den Obussen der Linz-Linien sollten an der Einfahrt am Hessenplatz, die Pole-Position eingeräumt werden, so dass sie an der Spitze der (zeitweisen) Kolonnen fahren können.

  1. Begegnungszone Johann-Konrad-Vogel-Straße

Die J.-K.-Vogel-Straße ist die (von Fußgänger stark frequentierte) Verbindung zwischen Hessenplatz (Endhaltestelle (!) der Obus-Linien 41+43) und dem Martin-Luther-Platz an der Fußgängerzone Landstraße. Diese sollte dringend als Begegnungszone gestaltet werden. Den Übergang über die Dametzstraße sollte mit einem ähnlich breiten Zebrastreifen ausgestattet werden, wie er bei der Herrenstraße über die Promenade ist. Für die dortige hässliche, dicke, mit Allerlei behangenen Betonsäule, sollte bei der Gelegenheit ein ästhetisch befriedigender Ersatz gefunden werden. (Desgleichen sollten die Betonsäulen vor der Handelskammer ersetzt werden. Linz ist doch keine Beton-Stadt, sondern eine Stahl-Stadt!).

  1. Begegnungszone Altstadt

Um dem verwirrenden Stückwerk am Hauptplatz (Fuzo-Ende, Begegnungszone-Anfang, Fuzo-Anfang, mitten am Platz, 50-km/h, 30-km/h usw., usw., ) ein Ende zu bereiten und endlich Klarheit zu schaffen, sollte die gesamte Altstadt (Promenade – Graben – Donaulände) eine (nach Schweizer Art) Begegnungszone (ohne Parkplätze, auch keine TIM-Parkplätze!) werden. Durch eine gezieltes Einbahnstraßen-System sind „Schleichwege“ durch die Altstadt (nur Donaubrücke) zu verhindern.

Die Eingänge in die Begegnungszonen sind durch Torwirkungen für den Autoverkehr (nach Schweizer Art – dem „Erfinderland“ der Begegnungszonen) zu verdeutlichen und der Boden (vorerst mit Farbe) so zu gestalten, dass alle Verkehrsteilnehmer erkennen, dass sie sich in einem besonderen Stadtbereich aufhalten, in dem besondere Rücksicht aller Verkehrsteilnehmer aufeinander genommen wird.

Hans Hörlsberger