Am 19. Juni fand eine Menschenkette gegen die geplante A26-Bahnhofsautobahn in Linz statt. Denn: Das Linzer Bahnhofsviertel würde mit der A26 zur einer Verkehrshölle. Eine Medieninformation der "Initiative Verkehrswende jetzt!".
Menschenkette am 19. Juni in Linz für eine Verkehrswende
Linzer Bahnhofsviertel würde mit A26 zur Verkehrshölle!
Am Freitag, 19. Juni 2020 veranstalteten die „Initiative Verkehrswende jetzt!“ und Fridays for Future Linz eine Menschenkette auf der Linzer Kärtnerstraße, um darauf hinzuweisen, dass mit dem ab 2024 geplanten Bau der A26-Bahnhofsautobahn das Linzer Bahnhofsviertel zu einer Verkehrshölle würde. Diese Autobahn verursacht zusätzlich 30.000 Autofahrten in Linz – täglich! Das ist aus Gesundheitsgründen unverantwortlich – insbesondere für die tausenden BewohnerInnen und Beschäftigten im Bahnhofsviertel. Das ist unverantwortlich angesichts des drohenden Klimakollaps. In Österreich ist schon jetzt der Autoverkehr einer der Hauptverursacher klimaschädlicher Emissionen.
Im Aufruf forderten die Veranstalter daher:
- Keine Westring-Tunnelautobahn unter dem Freinberg zum Linzer Bahnhofsgelände! Stopp auch den anderen geplanten Großstraßenprojekte in und um Linz (z.B. Ostautobahn, autobahnähnlicher Ausbau der B139 bei Haid/Ansfelden, Verbreiterung der A7)!
- Nach der Fertigstellung der vierspurigen 4. Linzer Donaubrücke müssen ebenso viele Fahrspuren auf der Nibelungenbrücke dem Autoverkehr entzogen und für den Rad- und FußgängerInnenverkehr umgewidmet werden. Der Linzer Hauptplatz muss sofort und dauerhaft autofrei gemacht werden!
- Verkehrsvermeidung fördern: z.B. Pilotprojekt autofreies Wohnen auf dem Areal der Postcity, das bestens an den Öffentlichen Verkehr angeschlossen ist, statt tausender neuer Tiefgaragenplätze, die wieder neuen Verkehr mitten in die Stadt ziehen und das Wohnen teurer machen.
- Statt Milliarden für neue Autobahnen: Investitionen in die Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilität. Z.B.: Rascher (Aus)bau und Elektrifizierung der Mühlkreisbahn und Gallneukirchner Bahn und Durchbindung beim Hauptbahnhof; 2. Linzer Straßenbahnachse oberirdisch durch die Gruberstraße, Verlängerung der Straßenbahn von Traun nach Haid. Beschleunigte Umsetzung des Hauptradroutenkonzepts im Großraum Linz. In der derzeitigen Wirtschaftskrise besonders wichtig: Investitionen in diese umweltfreundliche Mobilität schaffen deutlich mehr Arbeitsplätze als Straßenbau.
Am Abschluss der Menschenkette legten sie die TeilnehmerInnen der Menschenkette für einige Minuten auf die Fahrbahn der Kärtnerstraße („Die in“), um darauf aufmerksam zu machen, dass unsere derzeitige Form der autolastigen Mobilität tödlich ist: über 400 Verkehrstote jährlich, über 6.700 Menschen, die vorzeitig aufgrund von Luftverschmutzung sterben, die zu einem großen Teil durch den Autoverkehr verursacht wird.
Erster österreichischer Verkehrswende-Aktionstag
Beendet wurde dieses „Die in“ mit dem gemeinsamen Singen der Verkehrswende-Hymne - nach der Melodie von „We shall overcome!“. Denn wir sind optimistisch, dass wir Projekte wie die A26-Autobahn verhindern können. Das sind verkehrspolitische Steinzeitprojekte. Die Alternativen dazu sind klima- und umweltfreundlicher, gesünder, effizienter und – in Summe – viel billiger! Allein die A26-Autobahn verschlingt das 3.000-Fache der jährlichen Linzer Radfahrbudgets.
Es braucht aber eine kräftige Verkehrswende-Bewegung, um diese vernünftigen Alternativen politisch durchzusetzen. Diese Verkehrswende-Bewegung sprießt derzeit an vielen Orten. Die Menschenkette in Linz fand im Rahmen des 1. österreichischen Verkehrswende-Aktionstages statt. Am 19. Juni riefen zeitlich an vielen Orten Verkehrsinitiativen zu Aktionen für eine klima- und umweltfreundliche Verkehrswende auf. 46 Organisationen unterstützen mittlerweile den gemeinsamen Aufruf „Verkehrswende jetzt! Ebenen wir gesunder und zukünftiger Mobilität anstelle fossiler Großprojekte den Weg!“
AktivistInnen am Wort
Bei der Menschenkette in Linz ergriffen einige AktivistInnen das Wort, um einzelne Aspekte hervorzuheben.
Peter Baalmann (Pro Bahn OÖ): „In der Verkehrswissenschaft gibt es die Taubentheorie. Wir wissen: Wo Tauben angefüttert werden, fliegen Tauben zu. Genauso ist es beim Verkehr: Wenn man den Autoverkehr durch den Bau neuer Straßen ‚füttert‘, kommen immer mehr Autos. Das gilt aber auch umgekehrt: Attraktive Netze für Fußgänger und Radfahrer steigern den Rad- und Fußverkehr, attraktive Öffentliche Verkehre mit dichten Taktfahrplänen und kundengerecht gestalteten Haltestellen und Bahnhöfen steigern die Fahrgastfrequenz. Das Fazit lautet daher: Überall wo energisch gegen den Auto-Teufelskreis angesteuert und das Futter nicht weiter einseitig dem überwiegend fossil betriebenen Auto zugeteilt wird, steigert sich der Anteil des energiesparenden Umweltverbundes und sinkt der Autoanteil.“
Anni Jank (Initiative Verkehrswende jetzt!): Durch den Westring nimmt der Verkehr auf der B139 zu. Im Herbst findet die Umweltverträglichkeitsprüfung für die vier- bis sechsspurige B139 Neu in Haid sowie den Autobahnanschluss an die A1 und A25 statt. Prognostiziert wird eine nahezu Verdoppelung des KFZ-Verkehrs auf der Kremstalstraße in Haid: Statt 26.000 KFZ/Tag gibt es 45.000 KFZ/Tag. 10 ha Grünland werden allein durch die Straße versiegelt. Dieses Straßenprojekt verschlingt ca. 100 Millionen €. 7 bis 10 Millionen € sollen durch Umwidmungen von 30 ha Grünland in Betriebsbaugebiet sowie durch die Schlägerung und Umwidmung von 4 ha Wasserwald in Wohngebiet lukriert werden. Der naturnahe Wasserwald soll mit 3- bis 4-geschoßigen Wohnbauten und über 400 Parkplätzen verbaut werden. Die Planungen finden im Geheimen ohne Information der Bevölkerung statt.
Sebastian Ebener (Fridays for Future Linz): „Viele reden darüber, dass wir nach der Corona-Krise möglichst schnell zur Normalität zurückkehren sollen. Doch ist uns eigentlich bewusst, dass die Normalität eine Krise war? Normalität bedeutet die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Der Bau der A26-Westring-Autobahn ist das beste Beispiel dafür. Im Verkehr sind seit 1990 die CO2 Emissionen um fast 72% gestiegen, was alle sonstigen CO2 Reduktionen annulliert. Das heißt der logische Folgeschluss wäre eigentlich den Straßenbau zu reduzieren und den öffentlichen Verkehr auszubauen zu stärken. Was machen die Politik stattdessen? Sie startet ein neues fossiles Großprojekt mitten im Bahnhofsviertel.“
Hans Stiasny (Westring-Betroffener): „Die Waldegg-Spinne wird zum Verkehrs- und Abgas-Hotspot gemacht. Der zusätzliche Verkehr bringt eine enorme Luftverschmutzung ins Bahnhofviertel, Froschberg, Gugl usw. was die Gesundheit seiner Bewohner schädigen wird. Die Tunnel-Entlüftungs-Zentrale an der Post City wird die konzentrierten Abgase beider Tunnel-Röhren, insbesondere bei Stau und Brandgefahr über einen 13 m hohen Abgas-Kamin filterlos in die Umgebung blasen. Die die Stadt-Regierenden, in Verkehrs-, Gesundheits-, und Umwelt-Belangen Verantwortlichen, müssen die Kehrtwende schaffen und den Bau des Freinberg-Tunnel STOPPEN. – Auch zu spät ist nie zu spät!“
Erwin Reichel (Klima-Volksbegehren): „Mit fossilen Brennstoffen heizen wir die Klimakrise an. Die Verbrennung von Öl, Kohle und Gas muss ein Ende haben, wenn auch die kommenden Generationen einen lebenswerten Planeten vorfinden sollen. Um dieses Ziel zu erreichen und die Erwärmung im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens auf 1,5°C zu beschränken, brauchen wir eine nachhaltige Mobilitäts- und Energiepolitik. Dafür müssen wir Druck machen. Unterstützt daher in der Woche von 22. bis 29. Juni 2020 das Klimavolksbegehren! Motiviert noch möglichst viele Menschen, dieses wichtige Volksbegehren zu unterschreiben!“
Boris Lechthaler (Widerstand gegen Waldviertel-Autobahn): „Viele der großen Autobahn- und Schnellstraßeprojekte wie z.B. die S10 durch das untere Mühlviertel oder die geplante Waldviertel-Autobahn, die bis nach Freistadt geht, sind sog. TEN-Projekte – sie dienen dem hemmungslosen Transitverkehr im Rahmen des europäischen Binnenmarktes. Deshalb werden sie vorrangig behandelt und viele Milliarden dafür ausgegeben. Im Verkehrsministerium wurde uns vor Kurzem bei einem Gespräch signalisiert: Wenn wir die geplanten fossilen ASFINAG-Großprojekte verhindern wollen, dann braucht es den Druck aus der Bevölkerung. Allein können sie sich gegen die Auto- und Straßenbaulobby nicht durchsetzen. Arbeiten wir daher weiter an einer starken Verkehrswende-Bewegung!“