Zunächst tat der Linzer Bürgermeister alles, um einer Volksbefragung über die A26-Autobahn Prügel vor die Füße zu werfen. Die Volksbegehrensbetreiber:innen, die 10.000 Unterschriften gesammelt hatten, legten daraufhin gegen den Bescheid des Bürgermeisters Rechtsmittel ein. Doch das Vertrauen in den Rechtsstaat scheint nun zum Bumerang für die engagierten Bürger:innen zu werden. Ein Skandalurteil droht. Hier eine Presseaussendung des Vereins "Zukunft statt Autobahn-Bau!"


Die A26-Autobahn ist ein Skandal: aus der Zeit gefallen, klimafeindlich und völlig dysfunktional. Um diesen Skandal zu verschleiern, hatte zunächst der Bürgermeister alles versucht, um eine direktdemokratisch eingeleitete Volksbefragung über die A26 zu verhindern, für die engagierte Bürger:innen 10.000 Unterschriften gesammelt hatten. Dass die Volksbefragung-Betreiber sich im Vertrauen auf den Rechtsstaat an die Gerichte gewandt haben, scheint nun zu einem skandalösen Bumerang für die engagierten Bürger:innen zu werden. Der Richter des Landesverwaltungsgerichts will unserer Initiative den Charakter einer Volksbefragung verweigern und diese von vornherein auf eine Bürgerinitiative herunterstufen, die nur darauf abziele, dem Gemeinderat einen ANTRAG auf eine Volksbefragung vorzulegen. Damit wird das Anliegen der Volksbefragungs-Betreiber:innen, eine Volksbefragung einzuleiten, komplett abgeschmettert und Tausende gültige Unterschriften in die Tonne getreten. Zusätzlich werden mit dieser richterlichen Erkenntnis die Möglichkeiten der Einleitung einer Volksbefragung in Linz massiv verschärft, indem in Zukunft eine Ein-Jahres-Frist für das Unterschriftensammeln gelten soll. Bei einem Plenum im Jänner wollen die Volksbefragungs-betreiber mit allen Interessierten breit diskutieren, wie der Widerstand gegen die A26 fortgesetzt wird.

Die Vorgeschichte ist bekannt: Ein Bündnis von 23 Initiativen reichte im Frühjahr eine Volksbefragung ein, die von knapp 10.000 Menschen unterschrieben wurde. Der Magistrat erkannte davon nur knapp 4.900 als gültig an. Vielen Unterschriften wurde aus unserer Sicht völlig zu Unrecht die Gültigkeit aberkannt, weil trotz vorheriger Zusage elektronische Unterschriften aussortiert und eine willkürliche doppelte Stichtagsregelung eingeführt wurde.

Aus unserer Sicht spricht alles dafür, dass in einer solchen Situation den Betreibern die Möglichkeit eingeräumt werden muss, in einer angemessenen Nachfrist die fehlenden Unterschriften nach-zureichen. Denn immerhin gibt es viele Ausschließungskriterien, die eben erst nach einer Prüfung durch den Magistrat, der über die notwendigen Informationen verfügt, und nicht durch die Unterschriftensammler selbst verifiziert werden können (z.B. Nebenwohnsitze, Staatsbürgerschaft). Zum anderen wäre es undemokratisch, wenn aufgrund des Fehlens einiger Unterschriften alle anderen ihre Gültigkeit verlieren würden.

Das Magistrat Linz sah auch keine Zeitbegrenzung für das Sammeln der Unterschriften als erfor-derlich, da im Statut der Stadt Linz bei Volksbefragungen (im Unterschied zum Instrument der Bürgerinitiative) keine Zeitbegrenzung festgelegt wurde. Das ist demokratiepolitisch wichtig, weil Linz ohnehin eine besonders hohe 4% Hürde für Einleitung von Volksbefragungen vorsieht. In Salzburg mit deutlich weniger Einwohner:innen liegt diese Grenze bei rund 2%.

Tausende gültige Unterschriften sollen in die Tonne getreten werden

Wir Volksbegehrensbetreiber legten gegen den Bescheid der Stadt Linz Rechtsmittel ein, weil wir von der Gültigkeit der aus unserer Sicht zu Unrecht aberkannten Unterschriften überzeugt sind. Vor allem aber, um die Möglichkeit, die noch fehlenden ca. 10% an Unterschriften nachreichen zu können bzw. die bereits gesammelten Unterschriften bei einer Neueinreichung anerkannt zu bekommen.

Nach dem ersten Tag beim Landesverwaltungsgericht dürfte sich aber ein Skandalurteil anbahnen. Der Richter des Landesverwaltungsgerichts toppte nämlich noch die Vorgehensweise des Magistrats. Er ignorierte unser Anliegen nach der Nachreichemöglichkeit, indem er auf einen perfiden juris-tischen Trick verfiel: Er verweigerte unserer Initiative den Charakter einer Volksbefragungsinitiative und stufte diese von vornherein auf eine Bürgerinitiative herunter, die nur darauf abziele, dem Gemeinderat den Antrag auf eine Volksbefragung vorzulegen. Alle haben bisher verstanden, dass unsere Initiative auf eine Volksbefragung (und nicht auf einen Antrag im GR) abzielt, die direkt von Bürger:innen eingeleitet werden soll: die Menschen, die unterschrieben haben, die mediale Öffentlichkeit, der Magistrat, die politisch Verantwortlichen. Nur der Richter spricht uns unsere Intention ab. Mit diesem Trick ignoriert der Richter unser Anliegen, Unterschriften nachsammeln zu können, und tritt zugleich tausende gültige Unterschriften in die Tonne.

Massiver Angriff auf direkte Demokratie

Außerdem zieht der Richter grundsätzlich Bürgerinitiative (§ 69 Stadtstatut) und Volksbefragung (§ 68 Stadtstatut) zusammen, sodass die Ein-Jahresbegrenzung für das Sammeln von Unterschriften, die für Bürgerinitiativen gilt, nun auch für die Volksbefragung anzuwenden sei – im Unterschied zur bis-herigen demokratiefreundlicheren Auslegung des Magistrats.

Diese demokratiefeindliche Vorgehensweise wirft nicht nur unserer Kampagne weitere Prügel vor die Füße, sondern auch allen zukünftigen direktdemokratischen Initiativen in unserer Stadt. Wohl sehr zur Freude des Bürgermeisters, der weiß, dass es für Bürger:innen, die sich in ihrer Freizeit engagieren und keine großen Geldgeber im Hintergrund haben, ungemein schwieriger wird, unter diesen Bedingungen eine Volksbefragung von unten einzuleiten.

Gertraud Walli, Vorsitzende des Vereins „Zukunft statt Autobahn-Bau“ resümiert: „Der Bau der A26- Autobahn ist ein Skandal. Mitten in der Klimakrise werden über eine Milliarde für eine völlig dysfunktionale Autobahn verpulvert, die den Stau nicht reduziert, sondern 30.000 zusätzliche Autofahrten täglich nach Linz schleusen und massive Mehrbelastungen im Linzer Zentrum erzeugen wird. Um diesen Skandal zu verschleiern, hat zunächst der Bürgermeister alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Volksbefragung zu verhindern, die die Mitbestimmung der Bürger:innen ermöglichen sollte. Dass die Volksbefragungs-BetreiberInnen, die im Vertrauen auf den Rechtsstaat Rechtsmittel dagegen eingelegt haben, vom Landesverwaltungsgericht mit ihrem Anliegen nicht nur ignoriert, sondern mit einer massiven Verschlechterung der Instrumente der direkten Demokratie „sanktioniert“ werden, setzt dem Ganzen die Krone auf. So wird das Vertrauen in Politik und Rechtsstaat ruiniert.“

Widerstand gegen A26 geht trotzdem weiter!

Christian Leckschmidt, aktiv bei der Initiative Verkehrswende jetzt!, ergänzt: „Diese skandalöse Vorgehensweise zeigt, wie sehr sich bestimmte Kreise vor der direkten Demokratie und dem Votum der Bürgerinnen und Bürger fürchten. Für uns ist aber klar: Auch wenn sie uns noch so viele Prügel vor die Füße werfen: Wir werden nicht kapitulieren! Dieses Autobahnprojekt ist viel zu verrückt, als dass wir nun aufgeben. Durch diese Autobahn würde unser Ringen um eine zeitgemäße, umweltfreundliche Verkehrspolitik, um Jahrzehnte zurückgeworfen. Auch Klimaministerin Gewessler ist aufgefordert, hier endlich den Mut aufzubringen, den sie bei der Lobau-Autobahn hatte. Der Bau der A26 soll erst 2026 starten. Wir haben also noch Zeit, dieses verrückte Projekt zu stoppen. In welche Form wir unseren Widerstand fortsetzen, wollen wir breit auf einem Verkehrswende-Plenum am 17. Jänner 2024 diskutieren. Wir laden alle Interessierten herzlich dazu ein. Wir fürchten uns nicht vor den Bürger:innen.“

Quelle: www.volksbefragung-linz.at