Die geplante Linzer Stadtbahn ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch einiges macht stutzig: kein Zeitplan für die Durchbindung vom Hauptbahnhof ins Mühlviertel, Ignorieren der Hafenbahn, vier Mal so viel Geld für Autobahnprojekte.

Die fehlende Zugverbindung zwischen der Mühlkreisbahn und dem Linzer Hauptbahnhof ist eine der wirklich großen Lücken im öffentlichen Verkehrsnetz, die dringend geschlossen gehört. Dementsprechend könnte man es einen Anfang nennen, dass Stadt, Land und Bund unlängst den Bau der Linzer Stadtbahn vereinbart haben. Diese soll in einem ersten Schritt vom Hauptbahnhof bis zum Uni Med Campus führen, und später in Form von zwei Linien (S6 und S7) die neue Donaubrücke überqueren und die Mühlkreisbahn einerseits und das Linzer Umland in Richtung Gallneukirchen andererseits erschließen. Diese Ankündigung ist zugleich ein Erfolg für alle Verkehrswende- und Klimaschutzinitiativen, die sich genau dafür eingesetzt haben; darunter die Verkehrswende jetzt und Fridays for Future.
Doch so erfreulich die Umsetzung an sich wäre, so zeigt sich bei näherem Betrachten, dass noch viel Initiative durch die Zivilgesellschaft notwendig sein wird, um wirklich zum Ziel zu kommen.

Warum kein Zeitplan?

Einerseits ist es völlig klar, dass das Tempo aus Klimaschutzsicht viel schneller sein müsste. In der Ankündigung wird als Zeitpunkt für den Bau des ersten Streckenabschnittes (Hauptbahnhof bis Uni Med Campus) das Jahr 2027 genannt; für die Umsetzung der restlichen Schienenstränge gibt es noch gar kein fixiertes Datum. Gerade angesichts der steigenden Emissionen im Verkehrssektor ist es an der Zeit, keine unnötigen Verzögerungen bei der Umsetzung einer so wichtigen Alternative zum motorisierten Individualverkehr aufkommen zu lassen. Laut UN müssen wir in diesem Jahrzehnt die Weichen stellen, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise abzuwenden. Offensichtlich geht sich das mit den aktuellen Bauplänen selbst bei wohlwollender Einschätzung nicht aus!
Andererseits lässt die fehlende Terminisierung des Bahnabschnittes über die neue Donaubrücke Zweifel aufkommen, ob man wirklich so sicher mit ihrer Umsetzung rechnen darf. Nicht nur werden bis dahin sämtliche Ämter in Bund, Land und Gemeinden völlig neu besetzt sein und die momentanen Zusagen verblassen. Stutzig macht vor allem auch, dass es für die Fertigstellung der Bahnhofsautobahn- und der Ostautobahn ein fixes Jahr gibt: 2030. Es wäre mehr als naheliegend, sich bei der Stadtbahn ebenso auf klare und verbindliche Zeitplänen festzulegen!

Hafenbahn könnte sofort realisiert werden!

Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum nicht die bereits bestehende Trasse im Hafengebiet als mögliche Strecke für die Stadtbahn thematisiert wurde. Diese führt von der Hafenstraße über die Derflinger- und Prinz-Eugen-Straße zur Chemie und letztlich in einem Bogen zurück zum Hauptbahnhof (sh. Skizze). Innerhalb kurzer Zeit könnte sie mit neuen Gleisen erschlossen werden, wodurch eine rasche Umsetzung vollkommen realistisch erscheinen würde. Ein weiterer Vorteil wäre, dass der Hafen als neues Stadtviertel, welches nach wie vor hauptsächlich per Auto erreicht wird, somit gut erschlossen werden könnte. Dass diese Möglichkeit in den offiziellen Plänen nie thematisiert wurde, obwohl sie Zeit und Geld spart, wirft Bedenken auf.
Ankündigungen allein sind niemals eine Garantie der Umsetzung. Bereits einmal, im Jahr 2008, wurde neben dem Ausbau einer Schnellstraße (der S10) zugesagt, parallel in die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs (der Summerauer Bahn) zu investieren. Letzteres ist bis heute nicht passiert, obwohl das Straßenprojekt seit nunmehr sechs Jahren fertiggestellt wurde. Wenn sich das wiederholt, droht die „Eisenbahnbrücke“ noch lange – für immer? – eine Autobrücke bleiben.

Nicht sinnvoll: Reifen aufpumpen und gleichzeitig ein Loch stechen

Widersprüchlich ist natürlich auch, wieso im Großraum Linz generell sowohl in den Straßenbau als auch in öffentliche Verkehrsmittel investiert wird. Das Ziel sollte sein, den Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Wenn man es damit ernst meint, sind die neuen Autobahnen also bestenfalls überflüssig. Vielmehr werden sie aber das Gegenteil bewirken. Sie werden dem öffentlichen Verkehr die Luft auslassen. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit dem Aufpumpen eines Fahrradreifens, in den man gleichzeitig ein Loch sticht: die eine Handlung führt die andere ad absurdum.

Vier Mal soviel Geld für Autobahnen wie für Stadtbahn

Nicht zuletzt zeigt sich auch in der Finanzierung der Projekte ein Ungleichgewicht: während beide genannten Autobahnen in Summe an die zwei Milliarden Euro an Kosten verursachen werden, werden für die neue Stadtbahn 500 Millionen Euro veranschlagt (für den Obus über die Brücke rechnen Stadt und Linz AG außerdem mit einem Eigenanteil von 130 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren). Angesichts der Klimakrise und der Feinstaubbelastung ist diese Prioritätensetzung grundverkehrt.

Erforderlich wäre angesichts dieser Sachverhalte Folgendes:

> Sofort nach Fertigstellung der neuen Donaubrücke muss mit dem geplanten Bau der Stadtbahn begonnen werden, die über die medizinische Fakultät Richtung Mühlviertel führt. Auch die erst für 2023 angekündigten Obus-Linien sollten schnellstmöglich umgesetzt werden.
> Die weiter östlich verlaufende Trasse über die Hafenbahn muss sofort reaktiviert werden, sodass von Anfang an die Bahn über die Eisenbahnbrücke verläuft und die Durchbindung der Mühlkreisbahn zum Hauptbahnhof erfolgt.
> Sofortiger Stopp der Pläne zum Bau der Bahnhofs- und Ostautobahn! Umlenkung der Mittel in die Förderung der klima- und umweltfreundlichen Mobilität.
> Sofortige Elektrifizierung der Mühlkreisbahn bis Aigen-Schlägl (und nicht nur wie angekündigt bloß auf der halben Strecke bis Kleinzell).

Andreas Schütz
(in SOLiNZ Ausgabe 2/2021)