Der Bau des monströsen 17-stöckige Dynatrace-Hochhaus im Linzer Hafengebiet ist - dank des Widerstands einer Bürgerinitiative - weg vom Tisch. Doch das Verkehrsproblem ist nach wie vor völlig ungelöst.


Ein 17-stöckiges Hochhaus wollte das IT-Unternehmen Dynatrace ursprünglich am Standort „Am Fünfundzwanziger Turm“ errichten. Erst 2019 wurde dort das erste "Headquarter" errichtet, finanziert von der Neunteufel GmbH, welche das Gebäude an Dynatrace weitervermietet. Die Anrainer:innen wurden damals zum Bauverfahren nicht eingeladen, später erklärte man sich, dass man darauf schlicht vergessen habe. Nachdem allerdings das neue Hochhaus eine noch massivere Beeinträchtigung der Lebensqualität im Viertel dargestellt hätte, formierte sich die Bürgerinitiative "Nachbarschaft 25er Turm". So hätten rund hundert unmittelbare Anrainer den Großteil des Tages im Schatten des Hochhauses gelebt, der Abstand wäre minimal gewesen. Auch wäre die für das Mikroklima wichtige Durchlüftung blockiert worden. Das öffentliche Aufzeigen der Missstände führte dazu, dass die Pläne geändert werden mussten. Im Ergebnis wird nun auf sieben statt siebzehn Stöcke reduziert (plus einer mindestens vierstöckigen Hochgarage) und es wird mehr "in die Breite gebaut" - unbestreitbar ein Erfolg des beharrlichen Einsatzes. Doch viele offene Probleme bleiben bei dem Projekt, das schon 2025 fertiggestellt sein soll, bestehen.

Zunächst ist zu hinterfragen, wie aufgrund eines derart alten Bebauungsplanes, die letzte Fassung ist von 1967, überhaupt eine Planung begonnen werden konnte. Weiters war ein Bericht der städtebaulichen Kommission erforderlich. Dieser wurde erst zum Zeitpunkt freigegeben, an dem Dynatrace die neuen Baupläne für das adaptierte Gebäude veröffentlichte. Es liegt nahe, dass er unter Verschluss gehalten wurde. Das Näheverhältnis zwischen Stadt und Investoren zeigt sich auch darin, dass die öffentliche Straße am Fünfundzwanziger Turm einfach überbaut werden soll. In anderen Worten: Die Stadt Linz überlässt dem Unternehmen diese Verkehrsverbindung, die Anrainer haben auch davon über die Medien erfahren.

Verkehrsüberlastung vorprogrammiert

Was jedoch am meisten wiegt, ist das erwartbare Verkehrschaos. Wenn zusätzlich zu den momentan rund 500 Mitarbeitenden plötzlich 1000 weitere in die Arbeit fahren, muss sichergestellt werden, dass es dafür ein Konzept gibt und die angrenzenden Wohnstraßen nicht als Schleichweg genutzt werden. Letzteres ist sehr wahrscheinlich, da all jenen Mitarbeitenden, die vom Dynatracegebäude in die Innenstadt fahren wollen, ein direkter Weg dazu fehlt. Von der Petzoldstraße kann man mit dem PKW mangels Abbiegespur nicht nach links auf die Hafenstraße (und somit in Richtung Innenstadt) abbiegen. Dementsprechend wäre der naheliegende Weg, über die Lindemayrstraße und Gallanderstraße, also direkt durch das Wohnviertel, in die Hafenstraße zu fahren. Bei zusätzlichen mehreren tausend Autofahrten pro Tag würde das angesichts der schmalen Straßen erwartbaren Stau, erhöhtes Unfallrisiko – und eine unzumutbare Verkehrsbelastung bedeuten.

Seitens Dynatrace wurde ausgesagt, dass nur ein Drittel der Beschäftigten aktuell mit dem Auto in die Arbeit fährt. Die städtebauliche Kommission übernahm dies nicht nur unkritisch, sondern präsentiert selbst den Öffiausbau als Teil der Lösung. Allein: Die Anbindung durch Linz AG-Busse ist derzeit nicht besonders ausgebaut, und die von der Kommission erwähnte geplante "Stadtbahn S6/S7" (Bericht S. 3, S. 5) wird in diesem Jahrzehnt nicht mehr gebaut werden. Frühestens ab 2026 wird der erste Abschnitt gebaut, und dieser verläuft auch nur zwischen Hauptbahnhof und Kepler Klinikum. Das ist noch weit entfernt von einer Verbindung Richtung Mühlkreisbahnhof über die neue Donaubrücke. Somit bleiben als konkrete mittelfristige Alternative zum PKW einzig die geplanten neuen Buslinien. Zu hinterfragen ist weiters, wieviele Pendler:innen aus dem Linzer Umland wirklich mit Öffis oder Rad kommen werden. Im Bericht wird eine Anbindung an die A7-Autobahn als Hauptmaßnahme genannt. Wenn man wirklich auf sanfte Mobilität setzt, ist das gerade kontraproduktiv; die Anreise mit dem PKW wird attraktiviert. Und das geplante Parkhaus müsste ebenfalls nicht auf bis zu sieben Etagen aufstockbar sein! Ein nachhaltiges, klimafreundliches, mit der Lebensqualität der Wohnviertel vereinbares - beziehungsweise überhaupt ein funktionierendes - Verkehrskonzept sieht anders aus! Hinzu kommen weitere Bauvorhaben in unmittelbarer Umgebung: die MIC möchte bis zu 500 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, die Stadt Linz verfolgt gar die Vorstellung eines „Stadtviertels der (Software-)Industrie" (Bericht S. 4).

Was es jetzt bräuchte – Nachhaltige Konzepte und Bürgerbeteiligung

Andere Städte sind Linz schon weit voraus und reduzieren schrittweise den PKW-Verkehr, um nachhaltige, lebenswerte öffentliche Flächen zu entwickeln. Diese Weitsicht fehlt sowohl im auf die Autobahn zentrierten Bericht der Kommission als erst recht in der realen Umsetzung. Die Stadt Linz hätte jetzt die Chance umzusteuern, Fehler in der Verkehrsplanung aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen sowie zu zeigen, dass ein Gesamtkonzept wichtiger als kurzfristige Interessen von Investoren sind:

  1. Wie von der Bürgerinitiative gefordert, muss die Lindemayrstraße in Richtung Gallanderstraße für den PKW-Verkehr mittels baulicher Maßnahmen gesperrt werden, um die drohende Verkehrsüberlastung im Wohnviertel zu vermeiden. Das ist auch im Bericht der Kommission erwähnt (Bericht S. 6), muss aber auch wirklich umgesetzt werden - anders als die Baupläne vorsehen! Anzudenken wäre auch eine Linksabbiegespur an der Kreuzung Petzoldstraße/Hafenstraße.
  2. Das Vorhaben der städtebaulichen Kommission (ebd.), diese Kreuzung zu einer Autobahnauf-/und -abfahrt umzufunktionieren, würde gerade die Nutzung des PKWs wieder attraktivieren und ist daher alles andere als eine nachhaltige Lösung. „Wer Straßen sät, wird Autos ernten.“ Wir brauchen stattdessen eine Öffi-Offensive, bevor das Gebäude fertiggestellt ist.
  3. Zumindest Radfahrende und Fußgänger:innen sollen weiterhin, wie von der Initiative gefordert, durch die Straße "Am Fünfundzwanziger Turm" durchfahren können.
  4. Darüber hinausgehende Ansätze für die Regulierung des Autoverkehrs und den Ausbau sanfter Mobilitätslösungen gibt es einige. Es ist dringend an der Zeit, daraus ein belastbares und nachhaltiges Verkehrskonzept für die Gegend zu entwickeln und rasch zu einer Umsetzung zu bringen.
  5. Der fehlende Kontakt mit der Bürgerinitiative muss unmittelbar ausgeglichen werden und deren Bedenken Rechnung getragen werden, bei allen Planungsschritten müssen die Anwohner:innen beteiligt werden.

Andreas Schütz

Links:

Bericht der städtebaulichen Kommission: https://www.linz.at/images/files/Staedtebauliche_Kommission_Petzoldstrasse.pdf

Facebook-Seite der Bürgerinitiative: https://www.facebook.com/Nachbarschaft25erTurm/