Beeindruckende Rede von Hermann Knoflacher, Verkehrswissenschaftler und Professor an der TU Wien, bei der Demonstration gegen die Lobau-Autobahn am 2. Juli in Wien. Ein Schlüsselsatz dieser Rede: „Die Bundesverkehrsministerin für Umwelt und Infrastruktur kann die Lobau-Autobahn mit einer Verordnung stoppen – wenn sie will.“

Die ganze Rede kann hier auf Video nachgeschaut werden: https://www.youtube.com/watch?v=7pTnq5o8_40

Hier einige zentrale Auszüge aus dieser Rede von Hermann Knoflacher:

„Autobahnen sind die Verkehrswege der Konzerne“

Und die Frage ist, wie kann man denn das (die Lobau-Autobahn, Anm. d. Red.) noch verhindern? Und ich glaube, die Antwort ist relativ einfach: Die Wiener Bevölkerung hat 1972 verhindert, dass am Gürtel und am Donaukanal Autobahnen gebaut werden. Das hat dazu geführt, dass eine Politik der Verantwortung in Wien eingesetzt hat, die Wien zu dem gemacht hat, was es heute ist: nämlich eine lebenswerte Stadt. Stellen Sie sich einmal vor, man hätte damals diese Projekte akzeptiert, Wien wäre im Verkehrschaos untergegangen. Allerdings konnte die Stadt Wien nicht verhindern, dass die ASFINAG auf der A23 immer mehr Fahrstreifen dazu gelegt hat. Und glaube in der Zwischenzeit wissen es bereits die Kinder in den Schulen bereits: Wo mehr Fahrstreifen sind, gibt es mehr Autoverkehr, und wenn sie Stau erzeugen wollen, müssen sie Fahrstreifen bauen. Und wenn sie mehr Fahrstreifen anbieten, erzeugen sie eine Fabrik für Treibhausgase, eine Gegend, wo die Menschen zu Tode kommen, eine Gegend, wo die Gesundheit darunter leidet, wo das Umfeld entwertet wird. Und wenn Sie sich die Wohnungspreise entlang der Autobahnen anschauen, ist das eine Entwertung des Umfeldes. Autobahnen sind die Verkehrswege der Konzerne. Der Maßstab der Autobahnen ist nicht der Maßstab der Menschen, der Maßstab der Autobahnen ist der Maßstab eines Konzernproduktes, d.h. Auto und LKW. Und wenn wir noch ein Stück tiefer gehen und schauen, wozu die Autobahnen noch benützt werden, dann finden wir dahinter noch einen anderen Maßstab. Das ist der Maßstab des Kampfpanzers. So wurde das auch seinerzeit geplant, und dieser Maßstab ist nach wie vor geblieben. Diese Projekte können nur dadurch vertreten werden, dass man die Menschen belügt, dass man Gutachten fälscht. (…)

Waldviertel zeigt, wie es geht

Und wenn sie Verkehrsprobleme erzeugen wollen, brauchen sie nur Fahrstreifen für den Autoverkehr erzeugen, weil die führen dazu, dass der Autoverkehr schneller zunimmt als alles andere, aber gleichzeitig nehmen Fußgänger, Radfahrer und der öffentliche Verkehr ab. D.h. wenn sie eine lebenswerte Zukunft haben wollen, dann müssen sie alles daran setzen, dass weitere Autobahnen in diesem Raum verhindert werden. Um zur Frage zurückzukehren, wie das geht: Sie haben ein sehr schönen Beispiel, bei dem auch ich und meine Kollegen eingesetzt waren, das sind die Waldviertler: Den Waldviertlern ist es gelungen, ihren Lebensraum vor der Zerstörung des Waldviertels zu bewahren. Und wieviele Waldviertler gibt es? Ungefähr 200.000. Wieviele Menschen werden in dieser ohne enorm belasteten Region Wien und Umfeld von diesen beiden Projekten, insbesondere natürlich von der Lobau-Autobahn zusätzlich noch belastet? Es sind mehr als zweieinhalb Millionen! Und ich glaube, es wäre eine unglaublich Schande für die Menschen in dieser Region, wenn sie nicht in der Lage wären, ihren Lebensraum so zu verteidigen, wie es die Waldviertler gemacht haben.

Bundesverkehrsministerin kann Autobahn stoppen

Und wie geht das administrativ und politisch? Die Bundesverkehrsministerin für Umwelt und Infrastruktur kann die Autobahn mit einer Verordnung stoppen – wenn sie will. Da kann ihr niemand dreinreden. Es gibt kein Weisungsrecht des Bundeskanzlers in der österreichischen Bundesverfassung, der ihr das verbietet. (…) Deshalb ruht die ganze Hoffnung auf Ihnen. Ich bin eingeladen worden zur sog Abschlussrede. Tatsächlich ist eine Abschlussrede keine Abschlussrede. Ganz im Gegenteil: Eine Abschlussrede ist eine Rede für einen Neubeginn und für die Verstärkung dieser Bewegung, weil wir keine andere Wahl haben. Man muss sich für das Gute einsetzen und dafür kämpfen, denn das Böse ist immer unheimlich aktiv. D.h. ich kann sie nur ermuntern, Ihre Initiative zu verstärken. Ich bin sehr dankbar den Fridays for Future. Ich bin sehr dankbar für alle, die sich für die Erhaltung des Lebens einsetzen müssen, weil wir keine andere Wahl haben. Wenn wir Zukunft haben wollen, müssen wir verhindern, dass sie zerstört wird. (…)