ImageIn Österreich zählt der Autoverkehr zu den am raschesten wachsenden Verursachern von klimaschädlichen Emissionen. Die Umweltexpertin Helga Kromp-Kolb ruft deshalb dazu auf, „dass wir nicht jetzt noch Sachen machen, die uns binden an die fossilen Brennstoffe, sodass wir es noch schwerer haben, sie wieder loszuwerden. Wenn ich jetzt noch investiere in das Verkehrssystem für fossile Energien, dann schaffe ich eine Infrastruktur, die es dann viel schwerer macht, umzustellen.“


ImageDie Gefahren des Klimawandels sind bekannt: Anstieg des Meeresspiegels, Zunahme von Wetterkatastrophen wie Tornados, Überschwemmungen bis hin zur Dürren und Wassermangel, abnehmende landwirtschaftliche Erträge, Hungersnöte, usw. – mit all den damit verbundenen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen. So ging dem Krieg in Syrien eine fünfjährige Dürreperiode voraus, die Millionen von Menschen ihrer landwirtschaftlichen Existenz beraubte. Selbst wenn das – ohnedies bescheidene – Ziel einer Erhöhung der Temperatur um maximal 2 Grad gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung erreicht werden soll, müssen wir in etwa 20 bis 30 Jahren die Verbrennung fossiler Brennstoffe auf null reduzieren. Im Klartext: Die Zeit ist extrem knapp. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist – wie die Umweltexpertin Helga Kromp-Kolb bei einem Vortrag der „Initiative Verkehrswende jetzt!“ ausführt, „dass wir nicht jetzt noch Sachen machen, die uns binden an die fossilen Brennstoffe, sodass wir es noch schwerer haben, sie wieder loszuwerden. Wenn ich jetzt noch investiere in das Verkehrssystem für fossile Energien, dann schaffe ich eine Infrastruktur, die es dann viel schwerer macht, umzustellen.“

Doch was machen die politisch Verantwortlichen in Österreich: Sie planen und bauen neue Autobahnen und Schnellstraßen, gießen also genau jene Infrastrukturen in den sprichwörtlichen Beton, der uns beim Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter genau um die Jahrzehnte zurückwirft, die wir nicht mehr haben.

ImagePlus 61,4% seit 1990

Dabei ist gerade in Österreich der Auto- und LKW-Verkehr einer der größten Klimakiller. Über 28% aller CO2-Emissionen stammen aus den PKW- und LKW-Auspuffen. Damit liegt der Autoverkehr zwar noch an zweiter Stelle hinter den Industrie- und Energieabgasen, aber während im Bereich der Industrie seit Anfang der 90er Jahre Fortschritte erzielt werden konnten, haben die klimaschädlichen Abgase, die durch der Motorisierten Individualverkehr (MIV) verursacht werden, enorm zugenommen: Plus 61,4% zwischen 1990 und 2013! Diesem Anstieg ist es zu geschuldet, dass Österreich die Klimaziele des Kyoto-Abkommens tonnenweise verfehlt hat. In diesen Berechnungen ist noch nicht beinhaltet, dass jedes Auto bereits mit einem großen klimaschädlichen Rucksack die Fabrikshalle verlässt, noch bevor es einen Kilometer gefahren ist. Der VCÖ hat in einer Studie ermittelt, dass ein Golf (VI 1,6 TDI, 77 kW) bei einer Fahrleistung von 150.000 Kilometer über den Lebenszyklus betrachtet 25,3 Tonnen CO2 ausstößt. Allein durch die Herstellung werden weitere rund 5,5 Tonnen CO2 verursacht (plus 20%). Das entspricht einer Fahrleistung von rund 30.000 Kilometer eines durchschnittlichen Diesel-Pkw in Österreich (Quelle: Vorarlberg online, 24.2.2011).

Die Situation hat etwas Gespenstisches: Wir stehen mit dem drohenden Klimakollaps vor einem Problem, das (1) die Zukunft der gesamten Menschheit bedroht; (2) dessen Ursachen – in Österreich vor allem die dramatische Zunahme des Autoverkehrs – wir genau kennen, und (3) dessen Lösung wir sehr gut umsetzen könnten: Ausstieg aus dem MIV, großzügiger Ausbau eines attraktiven und leistbaren Öffentlichen Verkehrs und anderer Formen der sanften Mobilität (Radfahren, Zufußgehen) und natürlich: Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, um diesen exorbitanten Zwang zur Mobilität erst gar nicht entstehen zu lassen.

 Macht der Autokonzerne

ImageNatürlich drängt sich da die Frage auf, warum um Himmels willen marschieren die politisch Verantwortlichen sehendes Auges weiter in diese menschheitsgefährdende Sackgasse, indem sie neue Megastraßen planen und bauen? Eine allgemeine Antwort auf diese Frage liefert die Grafik 3. Unter den zehn größten Konzernen der Welt kommen acht aus den Sektoren Automobil, Erdöl, Energie; unter den größten 20 sind es immerhin noch zwölf. Nicht anders in Europa: Unter den zehn größten europäischen Industrie und Transportkonzernen vereinen jene, die dem Komplex „Auto–Erdöl“ zuzurechnen sind, einen Umsatz von rd. 78% auf sich  (sh. Fortune Global 500). Das führt uns zu einer etwas konkreteren Antwort: Der sog. „European Round Table of Industrialists“, in dem sich die Chefs der 50 größten europäischen Industriekonzerne zusammenfinden, forderte bereits in den 80er Jahren  die sog. „Transeuropäischen Netze“ (TEN). Damit sollte dem Kontinent eine Verkehrsinfrastruktur verpasst werden, die einem riesigen Fließband zwischen den großen Konzernstandorten und ihren Absatzmärkten gleicht. Über die EU-Ebene wird dieses TEN-Konzept seit Anfang der 90er Jahre umgesetzt.

ImageGlobal denken - vor Ort handeln!

Was kann, ja muss unsere sofortige Antwort auf diese irrsinnige Entwicklung sein? Global denken – vor Ort handeln! Leisten wir Widerstand – keinen Cent mehr für neue Megastraßen und Transitschneisen durch Österreich! Erst wenn der Weitermarsch in diese Sackgasse gestoppt ist, können wir in Österreich wirklich eine umwelt- und menschengerechte Verkehrswende einleiten!

Eveline Steinbacher

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