Ein Drittel des Schienennetzes von Stilllegung bedroht!
Auch im Schienenverkehr wird auf EU-Ebene die Liberalisierung vorangetrieben. So soll ab 2010 der grenzüberschreitende EU-Personenverkehr auf der Schiene für den Wettbewerb geöffnet werden, um auch den Eisenbahnverkehr dem Prinzip der Profitmaximierung unterzuordnen. Wohin das führt, wird derzeit in Österreich vorgeführt: Einem Drittel des österreichischen Schienennetzes droht die Stilllegung.
Private picken die Rosinen
Die EU betätigt sich dabei als Interessensvertreter der großen Bahnkonzerne, denen durch diese Liberalisierung die Gelegenheit geboten wird, kleinere Bahnunternehmen niederzukonkurrieren und damit private Monopole zu errichten. Die Liberalisierung ist der erste Schritt zur Privatisierung. Schon heute befürchten österreichische Eisenbahngewerkschafter, dass die Deutsche Bahn, die derzeit privatisiert wird, bald nach den profitablen Filetstücken der ÖBB greifen wird. Auch der Großindustrielle Haselsteiner hat bereits angekündigt, dass er ab 2011 die Strecke Salzburg – Wien bedienen will. Private picken sich die Rosinen aus dem Kuchen, die Gewinne werden privatisiert, die Verluste bleiben beim Staat.
Die Verlierer der Liberalisierung sind daher vor allem die BahnkundInnen. Denn bei einem kooperativen Eisenbahn-System werden über die gewinnbringenden Hauptstrecken Verluste auf Nebenbahnen ausgeglichen, die für den Arbeits-, Schul- und Regionalverkehr unerlässlich sind. Die hochfrequentierten Tagesrandverbindungen finanzieren die Schwachlastzeiten. Liberalisierung und Privatisierung zerstören diese Vorteile eines kooperativen Eisenbahnsystems: bedient werden nur mehr die gewinnbringenden Hauptstrecken. Nebenbahnen werden stillgelegt, die Taktfrequenz wird ausgedünnt.
Termingerecht zum geplanten Inkrafttreten der EU-Liberalisierungsrichtlinie wird derzeit ein Kahlschlagprogramm sondergleichen diskutiert: Laut Medien will der ÖBB-Vorstand 56 Nebenbahnen sowie zahlreiche Regionalstrecken stilllegen. Insgesamt könnten 1.600 km Schienennetz vor dem Ende stehen – das sind fast ein Drittel des bestehenden Netzes. De facto wäre das der Rück-zug der Bahn aus der Fläche. Auch weitere Preiserhöhungen werden bereits diskutiert.
Auch die Beschäftigten zählen zu den Verlierern von Liberalisierung und Privatisierung. Private Billigkonkurrenz drückt Löhne und Sozialleistungen. In der BRD will die Deutsche Bahn auf regionalen Strecken, die jetzt zum Wettbewerb ausgeschrieben werden, Lohnsenkungen von 25% durchsetzen. Zusätzlich unterstützt wird dieser Druck auf die Löhne durch jüngere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs. Diese erklären es für zulässig, dass Firmen, die ihren Sitz in einem EU-Billiglohnland haben, Löhne unter dem jeweils national geltenden Kollektivvertrag zahlen.
Und nicht zuletzt kommen Gesundheit und Umwelt unter die Räder des Liberalisierungs- und Privatisierungswahns, denn je mehr sich die Bahn aus der Fläche zurück-zieht, umso mehr Menschen sind auf das Auto angewiesen. Das zeigt ein Blick in die USA, wo der Eisenbahnverkehr bereits seit langem privatisiert ist. Dort spielt die Eisenbahn im Personenverkehr mit einem Anteil von 0,4% am gesamten Verkehrsaufkommen faktisch keine Rolle mehr. In Österreich sind es derzeit immerhin noch rd. 8%. Wo der öffentliche Verkehr verkümmert, nimmt der Automobilverkehr rasch zu - und mit ihm die Gefahren für Umwelt und Gesundheit.
Höchste Eisenbahn - Für eine Verkehrswende!