Die neue B139  in Haid/Ansfelden (OÖ, Nähe von Linz) wird zwar als "Umfahrungsstraße" bezeichnet, faktisch ist sie ein 4- bis 6-spurige Autobahnauffahrt, durch die Grünland in großem Stil für Betriebsbaugebiet erschlossen und versiegelt werden soll. Das Verkehrsaufkommen würde um 62 % von derzeit 27.000 Kfz auf 43.700 Kfz täglich anwachsen. Ein Beitrag von Anni Jank, die sich bei einer Bürgerinitiative gegen den Bau dieser Megastraße engagiert.

Wer durch Österreich fährt, bemerkt, dass die Versiegelung rasch voranschreitet und überbreite Straßen, Siedlungen, Shopping-Center und Industriehallen wie unheilvolle Krebsgeschwüre das Land überziehen. Auch die Gemeinden Ansfelden und Pucking sind ein Entwicklungsgebiet für eine Umfahrungsstraße, die Betriebsansiedelungen in großem Stil ermöglichen soll. Der Bau einer neuen vier- bis sechsspurigen autobahnähnlichen B139 mit einer Kapazität von 68.000 Kfz pro Tag und die Verlegung des Autobahnanschlusses aus dem Ortszentrum von Haid scheinen bald Wirklichkeit zu werden. Die Notwendigkeit einer mehrstreifigen Ausführung wird mit dem starken Verkehrszuwachs in den nächsten Jahren im Bezirk Linz-Land begründet. ASFINAG und Land OÖ verkünden den Baubeginn im Jahr 2023 und die Fertigstellung 2025. Allerdings wurde in der Vergangenheit schon oft ein sicherer Baustart prophezeit, aus dem dann doch wieder nichts geworden ist.

Mangelhafte UVP-Unterlagen

Auch jetzt gibt es einige Schwachstellen des Straßenprojekts, das zu Verzögerungen oder sogar zu Planänderungen führen könnte. Kurz nach der Landtagswahl und den Gemeinderatswahlen, die den Verkehrslandesrat Steinkellner in seinem Amt ließen und in Pucking und Ansfelden einen FPÖ-Bürgermeister brachten, wurden die UVP-Unterlagen öffentlich aufgelegt. Bis einschließlich 10. Dezember 2021 kann jeder/jede Einsicht nehmen sowie Stellungnahmen direkt beim Amt der Oö. Landesregierung einbringen. Dieser politische Druck auf die UVP-Behörde könnte aber nach hinten losgehen, denn die UVP-Unterlagen sind mangelhaft und unvollständig.

Enormer Bodenverbrauch

Das überdimensionale Straßenprojekt fungiert nicht nur als Umfahrungsstraße von Haid und neben der A7 als zweiter Autobahnanschluss von Linz, sondern auch als Aufschließungsstraße für neues Betriebsbaugebiet im Ausmaß von 28,9 ha, das die Umgebung mit zusätzlich 5.200 Kfz-Fahrten pro Tag belasten soll. Das Straßenprojekt beansprucht in der Bauphase 60,6 ha vor allem landwirtschaftlich genutzte Flächen. Im Betrieb sind es immer noch 35,1 ha, davon werden 14,4 ha versiegelt. Die Schlägerung und Umwidmung von mehr als 4 ha Wasserwald wird in den UVP-Unterlagen nicht erwähnt. Viele Menschen lassen sich von den schönfärberischen Versprechen einer Entlastungsstraße und einer wirtschaftlich tollen Zukunft nicht beeindrucken und wollen diese Beeinträchtigungen ihrer Umwelt durch immer mehr Bodenfraß nicht einfach hinnehmen.

Einwendungen durch Bürgerinitiative

Mehr als 200 Personen haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen, die Einwendungen beim UVP-Verfahren einbringen wird. Daneben wird es noch etliche persönliche Einsprüche von Personen geben, die in unmittelbarer Nähe der geplanten Straße wohnen.

  • Ein wichtiger Punkt ist das Fehlen eines örtlichen Verkehrskonzeptes von Ansfelden in den UVP-Unterlagen: Eine Diagonalsperre bei der Kreuzung der bestehenden B139 mit der Traunufer Landesstraße soll die Kraftfahrzeuge auf die Umfahrung leiten. Das bewirkt eine teilweise starke Verkehrszunahme im innerörtlichen Straßennetz, durch die Lärmgrenzwerte überschritten werden. Ein Verkehrskonzept für die Gemeinde Ansfelden wurde aber erst im Juli 2021 in Auftrag gegeben und Ergebnisse werden frühestens Mitte 2022 vorliegen.
  • Haid ist wegen des starken Verkehrsaufkommens auf der A1 ein Luftsanierungsgebiet mit grenzwertigen Belastungen durch Stickoxide und Feinstaub, in dem besonders strenge Richtlinien für UVP gelten.
  • Die projektierten Lärmschutzbauten entlang der neuen B139, die mit einer Brücke über die A1 führt, bieten in vielen Bereichen keinen ausreichenden Schutz vor gesundheitsgefährdendem Lärm. Der beliebte Naherholungsbereich Traunau wird durch eine hohe Lärmbelastung stark beeinträchtigt.
  • Der Flächenwidmungsplan und das örtliche Entwicklungskonzept sind veraltet und enthalten nicht die mit dem Straßenbau in Zusammenhang stehenden Umwidmungen
  • Der Verkehr auf der Kremstalstrecke steigt bis 2035 durch die neue B139 um ca. 62 % von derzeit 27.000 Kfz auf 43.700 Kfz täglich. Das ist ein Widerspruch zu den Mobilitäts- und Klimaplänen von Bund und Land OÖ, die eine wesentliche Reduktion des KFZ-Verkehrs in diesem Zeitraum vorsehen.

Diese autobahnähnliche vier- bis sechsspurige B139 ist NICHT umwelt- und klimaverträglich. Für die Verlegung der Autobahnabfahrt aus dem Ortszentrum von Haid ist eine zweispurige Umfahrung, die keine zusätzlichen Verkehrsanreize schafft, ausreichend. Mit einer Straßenbahn und einer verbesserten Pyhrnbahnstrecke wäre eine zukunftsorientierte und klimaverträgliche Verkehrslösung in dem Bereich gegeben.

Anni Jank
(November 2021)

>> Dieser Beitrag findet sich auf den Seiten 16 und 17 von SOLiNZ 5/2021 (mit erläuternden Bildern und Grafiken) - Hier zum Nachschauen

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