Gespräch mit David Stockinger, SPÖ-Vorsitzender und Gemeinderat von Schwechat, über die Vereinbarung der Bundesregierung mit Lufthansa und AUA-Geschäftsführung.

Werkstatt-Blatt: Es gibt nun ein Ergebnis der Verhandlungen zwischen Regierung, Lufthansa und AUA-Geschäftsführung. Was hältst du von dem Deal?

David Stockinger: Als gestern (08.06.2020, Anm.d.Red.) in der ZIB2 der neoliberale Präsident der Industriellenvereinigung Georg Kapsch den Deal abfeierte und fröhlich betonte, dass eine Staatsbeteiligung abgewendet wurde, war mir klar woher der Wind weht. Immerhin ist Kapsch einer der wirtschaftspolitischen Einflüsterer der Kurz-Regierung. Aus meiner Sicht ist die Einigung ungenügend. Offenbar hat sich die Regierung hier über den Tisch ziehen lassen. Die Republik zahlt und haftet für ein deutsches Unternehmen, hat aber keine Mitsprache. Für 450 Millionen Euro gibt es keine Arbeitsplatzgarantie für die Beschäftigten und auch keine echte Standortgarantie. 10 Jahre sind in der Zukunfts- und Entwicklungsperspektive einer Region nicht besonders lange.

Was wäre aus deiner Sicht notwendig gewesen?
Ich trete für eine Beteiligung der Republik an der AUA ein. Wir brauchen eine langfristige Perspektive und dafür ist es wichtig, dass sich der Staat direkt an der AUA beteiligt. Gerade jetzt in der Krise ist es Zeit, das neoliberale Dogma zu durchbrechen, dass sich der Staat an keinen Unternehmen beteiligen darf. Es macht aus meiner Sicht sehr viel Sinn, wenn es solche Beteiligungen gibt. Erst eine staatliche Beteiligung ermöglicht es, steuernd und regulierend einzugreifen. Wir brauchen einen stabilen staatlichen, rot-weiß-roten Carrier wie die AUA, wo gute Arbeits- und Sozialstandards für unsere Beschäftigten gewährleistet sind.

Frage: Wäre nicht jetzt endlich Zeit, einen ökologischen Umbau zu machen und den Flugbetrieb überhaupt einzuschränken.
Das eine schließt das andere nicht aus: einerseits ein vernünftiger Flugbetrieb mit hohen sozialen Standards, andererseits ökologische und klimapolitische Überlegungen. Es gehört zu einer wichtigen nationalen Infrastruktur dazu, eine Fluglinie zu haben, die vor allem Langstreckenverbindungen bedient. Was die Nachbarländer betrifft, braucht es vor allem den Ausbau eines attraktiven Bahnbetriebs, auch im Frachtverkehr muss vieles auf die Bahn verlegt werden. Man hat gesehen, dass erst die Liberalisierung des Flugmarktes zu diesen ganzen Billigfluglinien geführt hat. Das war für die staatlichen Fluglinien nicht gut, das war auch für die Beschäftigten und die Umwelt nicht gut, weil diese Billigangebote zumeist auf Kosten der Beschäftigten und auf Kosten von Umweltstandards gegangen sind. Es ist absurd, jedes Wochenende um 30 Euro zum Shoppen nach London zu fliegen. Das braucht niemand. Wenn es nach der neuen Regelung 40 Euro sind, ist das Kosmetik.


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