ImageDie Automobilbranche will mit dem E-Car ihr Wachstum auch im Nachölzeitalter fortsetzen. Warum das keine Alternative sein kann, erläutert Rudolf Schober.

Wie viel und welche Energie für unsere Fortbewegung aufgebracht werden muss, hängt von der geforderten Geschwindigkeit  und Individualität ab. Der geringste energetische Aufwand ist mit der dem Menschen natürlichsten Mobilitätsform, dem Gehen, verbunden. Doch je schneller, komfortabler und vor allem individueller die gewünschte Fortbewegung stattfinden soll, desto mehr muss Energie in diese investiert werden. Der mittlerweile größte Anteil unserer Mobilität stellt der automotive Straßenverkehr dar, der mit einer durchschnittlichen Tagesleistung von 36 Km pro Fahrzeug und aufsummiert mit ca. 144.000.000 Tageskilometer allein in Österreich eine unfassbare Größenordnung erreicht hat.

ImageNicht nur die Herstellung der auf den Straßen befindlichen Fahrzeuge, sondern auch deren Betrieb wird mittels nicht-regenerierbaren Energieträgern, bestehend zu fast 100% auf Erdöl basierenden Derivaten, gedeckt. Dieses Aufkommen an Rohstoffen auf Erdölbasis allein aus Ölförderung in Österreich zu decken ist illusorisch. Die Entwicklung dieser erdölbasierten Mobilität geht von der Annahme aus, bis zum Sankt Nimmerleinstag gesichert Rohöl bzw. deren Derivate zum Betreiben unserer Mobilität aus anderen Weltteilen importieren zu können. Der nach Österreich gelenkte Energiefluss jeglicher Art (Strom, Öl, Gas) ist seit Jahrzehnten im Steigen begriffen, allein im Jahr 2012 betrug der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr satte 10,7 Prozent (plus 17,3 Mrd. Euro). Die bereinigte Energiehandelsbilanz für 2012 ergab Nettoenergieimporte von 12,8 Mrd. Euro für Österreich. Diese Energieimporte verursachen auch das Nettodefizit in der Österreichischen Handelsbilanz von 8,5 Mrd. Euro. Verwendet wurden diese Erdölimporte hauptsächlich für den Autoverkehr. (Grafik, Quelle www.bmwfw.gv.at).

Mengenmäßig stieg 2011 der Import von Rohöl um annähernde 10 % gegenüber 2010 an, um mit 7,41 Mill. Tonnen einen historischen Höchststand zu erreichen. Die Hauptlieferländer sind - in mengenmäßiger Reihenfolge - Kasachstan, Nigeria, Russland und Saudi-Arabien.

Doch nicht nur Rohöl, sondern auch Ölderivate wurden für unsere Individualmobilität in unglaublicher Größenordnung importiert. Allein 2011 sind 5,47 Mill. Tonnen an Dieseltreibstoff Benzin, Heizöl, usw. nach Österreich geflossen.

Obwohl wir dem Ende der Ölepoche zuschreiten, wird weiterhin an veralteten Mobilitätskonzepten festgehalten. Vielerlei als Alternativen titulierte Scheinkonzepte einer Mobilität werden von der Wirtschaft als Ausweg präsentiert. Der Versuch, individuelle Mobilität durch Energieträger auf Basis nachwachsender pflanzlicher Rohstoffe zu sichern, ist durch ihre damit verbundene Konkurrenz mit der weltweiten Nahrungsmittelproduktion fürs Erste gescheitert. Eine weitere sogenannte Alternative zu den erdölbasierenden Treibstoffen wird derzeit immer häufiger öffentlich angepriesen: Das E-Car. Das individuelle Personenkraftfahrzeug, betrieben mittels elektrischer Energie, soll das Wachstum der Automobilbranche sichern. Wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen werden dabei geflissentlich ausgeblendet.

Ein grundsätzlicher Nachteil des Autos gegenüber schienengebundenen Verkehrsmitteln gilt auch für das E-Car: Der Reibewiderstand von Autos gegenüber dem Untergrund ist 10 Mal größer als bei der Schiene. Eine Umrechnung der Erdölimporte auf ein Äquivalent der Energie für den benötigten Strom zum Betrieb der derzeitigen Mobilität, wohlgemerkt ohne Verluste bei Transport, Modulierung und Umsetzung in Kraft, zeigt uns die Scharlatanerie der E-Car-Propaganda auf. Dazu einige Vorbemerkungen:

Die Produktion von elektrischer Energie ist durch die topografische Lage in Österreich sehr begünstigt. Große Flussläufe ermöglichen mit ihren Laufkraftwerken die Produktion eines hohen Anteils an Grundlaststrom. In Speicherkraftwerken, die durch Talsperren in Gebirgsregionen, Schmelzwasser und Pumpwasser auffangen, werden zur Produktion von Spitzenlaststrom verwendet. Mit diesen Speicherkraftwerken kann auf Tages- und Verbrauchsspitzen, reagiert werden. Wurde 1950 noch 5.640 GWh an Strom in Österreich verbraucht, so stieg bis 2012 der Stromverbrauch auf 69.649 GWh an. Davon wird in den österreichischen Wasserkraftwerken ca. 66% produziert.

Immer mehr Stromimporte

Der Anteil der gesamten Stromproduktion durch erneuerbare Energieträger betrug 2013 ca. 10%. Jahrzehntelang wurde in Österreich mehr Strom produziert als wir selbst verbrauchen konnten und hatten damit den begehrten Status eines stromexportierenden Landes. Durch das neoliberale Umschwenken ab Mitte der Neunzigerjahre wurden die öffentlichen Investitionen im Energiebereich zurückgeschraubt. Das hat zur Folge, dass seit dem Jahr 2001 mehr und mehr Strom nach Österreich netto importiert werden muss. Waren es im Jahr 2001 noch bescheidene 88 GWh elektrischer Energie, die in Österreich mehr verbraucht als produziert wurden, so lag 2011 die Stromimportmenge schon mit 8.195GWh um mehr als 10% über der Eigenproduktion.

Die Dichte von Rohöl schwankt zwischen 0,8 bis 1 kg/l – beim Vergleich mit Rohöl rechnet man im Allgemeinen mit einer Dichte von 0,883 kg/l, also 41,9 MJ/kg Heizwert,  1 Öleinheit = 41,868 MJ(Ö) = 10.000 kcal = 11,63 kWh an errechneter Leistung. Bei einer österreichischen Importmenge an Rohöl im Jahr 2011 von 7,41 Millionen Tonnen entspricht das 86.178 Gigawattstunden.

Der Energievergleich bei den österreichischen Importen von Erdölderivaten wie Dieseltreibstoff, Benzin und ähnlichen ist annähernd gleich. 1 kg Heizöl (L) => 41 MJ/kg =  11,40 kWh/kg. Bei einer Importmenge an Erdölderivaten im Jahr 2011 von 5,47 Millionen Tonnen entspricht das 62.358 Gigawattstunden.

 

Nun zählen wir zusammen:

Energieäquivalent des Erdölimportes nach Österreich

  • 2011                                                                                        86.178 Gwh
+ Energieäquivalent an Erdölderivatimporte 2011                     62.358 Gwh
= Gesamtimport an Erdölbasierender Energie                  148.536 Gwh


Und vergleichen mit dem bisherigen Stromverbrauch in Österreich bzw. der Nettoimportmenge nach Österreich:

Gesamter Stromverbrauch in Österreich 2012                                69.649 Gwh
Nettoimportmenge an Strom nach Österreich 2011                           8.195 Gwh

Das heißt konkret: Allein der Energiegehalt der Erdölimporte entspricht dem doppelten Energiegehaltes des Stromverbrauchs in Österreich. Wollte man die derzeitige Individualmobilität auf Elektroenergiebasis organisieren, würde eine Stromimportlawine unerhörten Ausmaßes die Folge sein. Bei gleichbleibendem Verbrauch müsste der Nettostromimport um das 18-fache wachsen! Was das für eine Handelsbilanz und Energieimportabhängigkeit bedeutet, brauche ich bei der derzeitigen Sicherung von Weltweiten Energieströmen nicht zusätzlich erörtern.

Öffentlicher Verkehr ist alternativlos!

Zum Schluss kommen wir zu der nicht sehr neuen Erkenntnis, dass der schienengebundene Öffentliche Güter-, Personennah- und Fernverkehr derzeit noch immer und in Zukunft wieder die effizienteste, umweltfreundlichste und für den Staat und Steuerzahler/Innen billigste Mobilitätsform darstellt. Natürlich unter den Vorbehalt, dass Investitionen in diesem Bereich sich nicht für Baukonzerne, sondern für die Benützer/Innen der Öffentlichen Verkehrsmittel und somit für die Steuerzahler/Innen lohnen müssen. Nicht immer ist Geschwindigkeit der entscheidende Maßstab, sondern Pünktlichkeit, Sauberkeit, Umweltverträglichkeit und vor allem Leistbarkeit für alle Menschen. Darum soll im Sinne einer sozialverträglichen Mobilität der Tarif auf allen Öffentlichen Verkehrsmittel auf Null reduziert werden, finanziert durch eine Mobilitätsabgabe (rd. 1% der Wertschöpfung) - zweckgewidmet für den Ausbau und Betrieb des öffentlichen Verkehrswegenetzes  eingehoben werden. Des Weiteren muss auf den Import von nicht-erneuerbarer Energie eine progressiv steigende Energieabgabe eingeführt werden, als umweltfreundliches Steuerungselement. Dann steht einer sozial- und umweltverträglichen Mobilität nichts mehr im Wege, außer die Profitgier privater Konzerne und der von ihnen gelenkten Entscheidungsträger.

9.11.2014