Image"ÖBB begrüßt die Liberalisierung in Europa", heißt es kürzlich in einer Pressemitteilung des ÖBB-Vorstandes. Die ÖBB ordert um 400 Millionen neue Garnituren bei Siemens, um damit auf profitablen Hauptstrecken in Bayern mitbieten zu können. Im selben Atemzug kündigt die ÖBB an, das Schienennetz in Österreich "aus Kostengründen auf wenige Hauptstrecken zu reduzieren." Auf dem Altar des freien EU-Marktes werden die Regionalstrecken in Österreich geopfert. Das zeigt einmal mehr, wie aktuell und dringend die Forderungen der Petition "Höchste Eisenbahn!" sind, die von der Werkstatt Frieden & Solidarität gestartet worden ist.



Wir dürfen uns freuen über die Nachricht, das die ÖBB ihr Streckennetz im Regionalbetrieb ausbauen und erweitern will. Sie nimmt dafür unser Steuergeld in die Hand, kauft 200 neue Regionaltriebwägen DESIRO ML bei Siemens um ca. 1 Mrd. Euro und lässt davon 120 in Ostösterreich als Ersatz für die Veralteten S-Bahngarnituren TYP 4020, laufen. Doch erst die restlichen 80 Garnituren dieser Regionaltriebwagen, plus erweitertes Streckennetz, bringen die ÖBB-Entourage in Jubeltaumel. „Die ÖBB „begrüßen die Liberalisierung“ in Europa, die Schwung in den Bahnsektor bringen werde“, wird in einer Tageszeitung am 14.04.2010 gemeldet. Es muss schon sehr feuchtfröhlich zugegangen sein, denn laut Vorstandsprecherin der Personenverkehr AG Gabriele Lutter wollen die ÖBB im Liberalisierungsprozess „nicht untätig sein“ und sich für grenznahe Ausschreibungslose bewerben. In Bayern hat sich die ÖBB für das „Los Werdefeld“ (Strecken zwischen München, Garmisch Patenkirchen und Innsbruck) beworben und dafür 80 DESIRO-Garnituren für den Betrieb auf Abruf bei Siemens bereitgestellt. Mit diesen von Siemens um 400 Mill. Euro auf Abruf erworbenen und in Verträgen für Reparatur und Wartung exklusiv für Siemens bereitgestellten, soll der Deutsche Bahnmarkt bearbeitet werden, denn “wir sind dabei nicht in der Warteposition“, so Lutter. Entschieden wird im Herbst, denn es wollen auch BENEX (Hamburger Hochbahn) und VEOLIA (Französischer Großkonzern) diese Strecken bedienen. Wir täglich geprüften Bahnbenützer freuen uns über jede Jubelmeldung, dass bei der ÖBB nicht mehr gewartet werden muss und endlich ein Schwung im Bahnsektor bringen werden, der niemand mehr untätig sein lässt!                                    

Bei allem Jubel, aber wohin geht der Zug? Wird der ÖBB ein hochprofitables Streckenlos überlassen, weil die Deutsche Bahn brüderlich auf Profite verzichtet?

"Schienennetz auf wenige Hauptstrecken reduzieren"

Eine Woche später am 21.04.2010 wird unter „Zieldefinition 2025+“ in den Medien verkündet, „das Netz der ÖBB soll aus Kostengründen auf wenige Hauptstrecken reduziert werden“. Es wird von Angebots- und Nachfragemerkmalen gesprochen, denn das Ziel sei eine „Anpassung der Anlagenmenge“ an die Marktnachfrage. Auf allen Bahnstrecken, welche nicht mindestens 60 Kmh Durchschnittsgeschwindigkeit gefahren wird, sollen nicht mehr ausgebaut, sondern aufgelassen werden. Personenfernverkehr im Stundentakt gibt es nur noch bei 8000 Fahrgästen und mehr, ab 4000 Fahrgästen Zweistundentakt. Nebenstrecken werden nur mehr dann bedient, wenn an der Endhaltestelle mindestens 200 Ein oder Aussteiger pro Tag vorhanden sind. Das kommt einem Investitionsstopp in der Fläche gleich. Nicht nur dass laut einer ÖBB-Studie ein Drittel aller Gleisstrecken von der Stilllegung bedroht sind, auch bei Personal und Streckendienst werden ausgegliedert und kaputt gespart.

Nachdem die ÖBB in Zeiten der EU-Liberalisierung am Finanzmarkt bei hochspekulativen CDS (Credit Defoult Swap) Geschäften ca. 600 Mill. Steuereuro in den Sand  setzten, bei der Übernahme der Ungarischen Güterbahn MAV 404 Mill. Steuereuro für veraltetes Rollmaterial (und mittlerweile keinen Markt) bezahlt hat, ist die Bahn nun dabei, für den freien Markt in Europa, den regionalen öffentlichen Verkehr der ÖBB in Österreich zu opfern. Was über einen langen Zeitraum hin mühsam aufgebaut worden ist, soll nun am Altar der marktradikalen EU-Liberalisierungsrichtlinien geopfert werden.

Wir fordern die Politik und das ÖBB-Management auf, den Streckenausbau und den Verkehrstakt IN Österreich vor allem auf den Nebenbahnen auszubauen, um das öffentliche Verkehrsnetz, das noch immer den Steuerzahler/Innen gehört, zu attraktiveren. Die Schweiz zeigt vor, wie das geht. Es ist unerträglich mitzuerleben, wie die ÖBB sich an  „Beraterfirmen“ wie McKinsey orientiert, statt an den Bedürfnissen Ihrer Fahrgästen und der vielen Pendler/Innen, die auf die Bahn angewiesen sind. Diese brauchen keinen freien Markt, sondern eine attraktives öffentliches Verkehrsmittel. Wir fordern deswegen einen

- Sofortigen Liberalisierungs- und Stilllegungsstopp!
- Ausweitung des öffentlichen Verkehrsnetzes und Taktfahrplanes nach Schweizer Vorbild!
- Mobilitätsabgabe statt teurer Fahrpreise!
- Volksabstimmung über die Zukunft des öffentlichen Verkehrs!

Das sind die Forderung der Petition „Höchste Eisenbahn – Für eine Verkehrswende!“, die von der Werkstatt Frieden & Solidarität gestartet worden ist. Bitte unterstützen und weiterempfehlen auf http://www.werkstatt.or.at/Forum/PetitionEisenbahn.php

Rudi Schober