Autofreie Mustersiedlung Floridsdorf: viel Grün und Gemeinschaftsflächen statt Autostellplätzen.

Das bereits 1999 eröffnete Pilotprojekt „Autofreie Mustersiedlung“ in Floridsdorf bietet eine Alternative für jene Menschen, die bereit sind, ohne eigenes Auto zu leben. Die zukünftigen Bewohner:innen wurden bereits während der Bauphase eingebunden. Es wurde alles geschaffen, was es fürs Leben braucht: siedlungsnahe Geschäfte, Ärzte, Schulen und Kindergärten, Spielplätze, Sportanlagen und Spazierwege. Wichtig war auch die Möglichkeit, Öffis in unmittelbarer Nähe nutzen zu können (hier Straßenbahnen und U-Bahnen). Für die Realisierung setzten sich engagierte Bürger:innen, Gemeinderät:innen und nach intensiven Diskussionsprozess auch die Verantwortlichen der Wiener Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik ein. Das Projekt wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Um das Konzept der Auto- freiheit umsetzen zu können, war die Änderung des Wiener Garagengesetz § 50 (1) notwendig, wonach für jede Wohnung ein Auto-Stellplatz errichtet werden muss. Im Zuge der Planung des Projekts “Autofreie Mustersiedlung” wurde das Gesetz im Jahr 1996 so geändert, so dass es jetzt möglich ist, die Zahl der Pflichtstellplätze auf bis zu 10 % der Wohnungszahl zu senken – in diesem Fall 24 Pflichtstellplätze - die in erster Linie für viele Fahrräder, wenige Mopeds und Motorräder sowie für Geräte der Hausbetreuung genutzt werden. Die Mieter:innen ihrerseits verpflichten sich im Mietvertrag, dass sie kein eigenes Auto besitzen oder dauerhaft nutzen werden. Das Geld, das bei der Errichtung von Stellplätzen eingespart wurde, wurde für die zahlreichen Gemeinschaftsräume, für die aufwändige und schöne Gestaltung des Grünraums sowie für überdurchschnittliche Wärmedämmung, solarthermische Anlagen, eine PV Anlage und die Brunnenwassernutzung verwendet. Die vertragliche Verpflichtung zur Autofreiheit ist nicht unumstritten, wurde aber dennoch auch in die Verträge der Wohnungseigentümer:innen, die ihre bisherigen Mietwohnungen gekauft haben, übernommen.

Die für manchen vielleicht radikal erscheinenden Ideen führten lt. einer Studie zu mehr städtischer Qualität, wovon vor allem Bewohner:innen und Fußgänger:innen profitieren.

In der Seestadt Aspern (Wien) werden die Autoparkplätze am Rande des Wohngebiets in Quartiersgaragen gebündelt. Der Weg zum eigenen Auto wird damit ebenso lang wie der zu einem öffentlichen Verkehrsmittel, was sich auf die Wahl des Verkehrsmittels auswirkt.

In den 1960er Jahren entstand in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) der Prototyp einer autofreien Gartenstadt: die Südstadt. Diese wurde von Anfang an als möglichst autofreie Stadt konzipiert, mit großzügigen Grünflächen und zentraler Infrastruktur, die fußläufig erreichbar sein sollte, also Nahversorger, Kirche, Schule, Sportanlagen, Kindergarten, Energieversorger.

Die Vorteile dieser Beispiele - weg von autozentrierter Siedlungspolitik - liegen auf der Hand: Bessere Luftqualität, weniger Lärm, mehr Platz für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, mehr Sicherheit und Klimaschutz und Autos die, unabhängig von der Antriebstechnologie, nur dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll und nötig sind. Utopie? Mitnichten!

Eveline Steinbacher


Weitere Beiträge wie Verkehrs-und Mobilitätspolitik auch aussehen kann, gibt es in der multimedialen Online-Zeitung SOLiNZ (Solidarisches Linz). Wer diese erhalten möchte, schickt bitte ein Mail mit Vermerk „SOLiNZ“ an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!