ImageRudi Schober, Gemeinderat in Ottensheim und Solidarwerkstatt-Aktivist, fordert die Sanierung der Mühlkreisbahn mitsamt den dazugehörigen Maßnahmen und das rasch: "Wir wurden zulange von der Politik hingehalten, um nicht ungehalten zu sein."


Die Erfahrungen der leidgeplagten Pendler/Innen an der Mühlkreisbahn bezüglich variantenreicher Demontage, Streckenverkürzung und Fahrplanausdünnung können alsbald einen Regionalkrimi „Die Mühlkreisbahn im Schatten der freien Märkte“ abgeben. Die verschiedenen Akteure und Interessen müssen nicht direkt benannt werden, es genügt der Hinweis auf egoistischen Sparwahn, Vetternwirtschaft und Neoliberalismus.

Wieso gerade die Mühlkreisbahn als Opfer von Expansionsplänen des Zentralraumes Linz herhalten muss, ist Aufgabe für Forensiker des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Es gibt jedoch genug Beispiele für eine positive Entwicklung des regionalen Personenverkehr - ohne Spurweitenveränderung, ohne Streckenverkürzung, ohne Fahrplanausdünnung, ohne Investitionsstopp und ohne Ausreden auf ferne Verantwortliche, sodass wir auch für die Mühlkreisbahn noch Hoffnung schöpfen können.

Erfolgreiche ÖPNV-Beispiele

Schon über hundert Jahre alt, aber trotzdem noch sexy und attraktiv ist wenige Kilometer von der Mühlkreisbahn entfernt die Linzer Lokalbahn (LILO). Diese leistet auf den 58 Streckenkilometern vom Linzer Hauptbahnhof nach Waizenkirchen einen unschätzbaren Dienst des ÖPNV. Über lange Zeiträume hinweg, aufgrund der automotiven Bevorzugung eher vernachlässigt wurde ab 1986 ein nachhaltiges Sanierungskonzept (Finanzierung und Fahrplan) umgesetzt. Eine dauerhafte Fahrgaststeigerung bis 2011 konnte erzielt werden. Von anfangs 750.000 auf 1.900.000 Fahrgäste pro Jahr und somit eine prozentuelle Steigerung um 153% zeigen, wo ein Wille zum ÖPNV, da auch die benützungswilligen Fahrgäste und ein schienengebundener Weg mit 1.435 mm Spurweite. Die Investitionen in Fahrleitung, Oberbau, Oberleitung, Kreuzungen, behindertengerechte Haltestellen und vor allem Information der Bevölkerung über die Leistungen lassen sich am Zuwachs der Fahrgäste ablesen. Wesentlich zur Attraktivität der LILO beigetragen hat die praktische Einbindung der Linzer Endhaltestelle in den Linzer Hauptbahnhof mit direkter Umsteigemöglichkeit zu allen andern Zügen der ÖBB, sowie Straßenbahn und Bussen der LINZ AG.

Das alles ist natürlich nicht gratis und für Attraktivität muss investiert werden, auch wir gehen beizeiten zum Friseur und besorgen uns neue Schuhe, wenn die alten löchrig sind.  So auch beim ÖPNV. Schon 1998 wurden 36,5 Mill. Euro in Infrastruktur und Triebwägen der LILO investiert und bis 2014 werden nochmals 26,8 Mill. Euro zur Generalsanierung in verbesserte Fahrpläne (Viertelstundentakt) und barrierefreie Zugänge gesteckt. Mit dem Fahrplanwechsel Dezember 2013 soll dann unter Tag ein Halbstundentakt und am Morgen ein Viertelstundentakt realisiert sein.

In der 27. Gesetzgebungsperiode des OÖ Landtages ist eine Übereinkunft zur Finanzierung von ÖPNV getroffen worden (1). Für diesen Mittelfristigen Investitionsplan wurden im Zeitraum 2010 bis 2014  in Summe 23.750.000 Euro für   
a) Linzer Lokalbahn (LILO): 26,8 Mio. Euro
b) Lokalbahn Lambach - Vorchdorf: 4,7 Mio. Eur
c) Lokalbahn Gmunden - Vorchdorf: 10,0 Mio. Euro
d) Lokalbahn Vöcklamarkt - Attersee: 6,0 Mio. Euro
zugesagt und genehmigt.

Allein die Mühlkreisbahn als regionaler ÖPNV mit einer relevanten Größenordnung von  annähernd 5 Millionen Fahrgästen im Jahr wurde nicht berücksichtigt, geht damit leer aus und ist den Totalverfall nahe.

Es gibt auch andere Beispiele für die gelungene Attraktivierung des schienengebundenen Nahverkehrs. In Bayern hatte die 1890 in Betrieb genommene Iltztalbahn zwischen Passau und Freyung zunächst ihre Anziehungskraft aufgrund Vernachlässigung und eines Hochwassers im Jahr 2002 verloren. Die Deutsche Bahn wollte die geringen Sanierungskosten nicht mehr tragen und legte auf Antrag die Strecke mit 01. April 2005 still. Zuerst sollte ein touristisch genützter Radweg auf der alten Bahntrasse verwirklicht werden und somit die gänzliche Zerstörung des Schienenlaufs. Doch die anwohnende Bevölkerung besann sich eines besseren und begann einen überparteilichen Förderverein Iltztalbahn e.V. zu gründen.  Verhandlungen um Pacht der Strecke und Betrieb wurden mit den Behörden und politischen Entscheidungsträgern geführt. Ein überregionales ÖPNV-Konzept wurde vorgestellt, das die Iltztalbahn als klimafreundliches und umweltschonendes Verkehrsmittel für die Nachwelt erhalten will.

Der Zusammenschluss überregionaler Interessen für einen grenzüberschreitenden Fahrrad- und Überregionalen Eisenbahnverkehr  wurde zu einem „Interreg IV Programm“ mit Antrag auf Fördermittel der öffentlichen Hand zusammengefasst. Verbunden werden damit die Iltztalbahn von Passau weg mit dem Tschechischen Bahnhof  NovéÚdolí mittels eines Buspendelverkehrs. Die Tschechischen Eisenbahnbetriebe SŽDC sagten darauf hin die Sanierung Ihrer drei Bahnlinien des OkresPrachatice (Bezirkes Prachatitz) in den nächsten Jahren zu. Damit ist die Region Bayern mit dem Bezirk  Südböhmen im November 2007 eine Kooperation in Sachen ÖPNV eingegangen und revitalisiert ein Netz der von Stilllegung bedrohten Eisenbahnen. Die offizielle Eröffnung der mit viel freiwilligen Schweiß und Energie sanierten Iltztalbahn wurde am 16. Juli 2011 feierlich vollzogen und erweist sich seither als beliebtes Verkehrsmittel mit zehntausenden Fahrgästen innerhalb von zwei Jahren - leider nur an Wochenenden und Feiertagen. Das kann sich vielleicht noch ändern, indem Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden, durch biodynamische Produktion von Lebensmittel und deren Verarbeitung durch kleine und mittlere Betriebe nahe am Produktionsort. Wo ein Wille, da ein Weg zur umweltfreundlichen Mobilität und zu einem nachhaltigen Leben.

Nicht neu, sondern besser, sonst ganz anders!

Diese Beispiele wecken einen für unsere Obrigkeit unerhörten Gedanken. Wenn unsere gewählten Politiker nicht bereit sind, das umzusetzen, was wir brauchen und wollen, können wir lernen umzudenken. Es ist ja schließlich so, dass die selten gewählten oder manchmal eingesetzten Politiker von unserem Steuergeld bezahlt werden und wir, das Wahlvolk und der Souverän ihre Dienstgeber sind. Dann sollen sie, diese Politiker auch das umsetzen, was wir brauchen, artikulieren und wollen. Wir sagen es Ihnen schon, sie müssen nur gut zuhören. Wir wollen eine vollsanierte Mühlkreisbahn, betrieben  als Volleisenbahn, integriert in ein zu schaffendes überregionales S-Bahnnetz, wie es schon vor einiger Zeit vorgestellt wurde. Wir wollen eine Einbindung der Mühlkreisbahn in den Linzer Hauptbahnhof. Wir wollen auch, dass die Fahrzeit von Linz Urfahr nach Aigen Schlägl auf max. 65 Minuten reduziert wird, was technisch möglich ist; und wir wollen,  dass der Fahrplan an die Bedürfnisse der Pendler/Innen angepasst und erweitert wird. Selbstverständlich wollen wir für alle Öffentlichen Verkehrsmittel einen Nulltarif, so wie es schon in Städten anderer Länder erfolgreich praktiziert wird, finanziert über eine Mobilitätsabgabe auf die gesamte Wertschöpfung. Und da sich eine prosperierende Freizeitregion (2) im strukturschwachen Oberen Mühlviertel etabliert, wollen wir auch den zukunftsträchtigen Ausbau der Mühlkreisbahn Richtung Tschechien mitsamt einem regionalen Bahnverbund im Länderdreieck Deutschland, Tschechien, Österreich. Das schafft und sichert Arbeitsplätze in dieser wirtschaftlich nicht verwöhnten Region.

Gemeinden können es auch selbst in die Hand nehmen

Das sind, wenn ich mich in der Mobilitätslandschaft umsehe, keine unerfüllbaren Aufgaben und Forderungen. Gigantische Milliardenbeträge für Tunnelprojekte, an deren Sinnhaftigkeit viele zweifeln, Autobahn- und Straßenprojekte zur Verschandelung unserer Landschaft zeigen uns: es sind genug finanzielle Mittel vorhanden. Wo ein Wille, da ein Weg für die Mühlkreisbahn und wenn nicht, müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Wenn die oben nicht wollen, müssen wir unten handeln. Eine Möglichkeit dazu ist, dass sich die Gemeinden an der Strecke und eventuell darüber hinaus als Betreiber der Mühlkreisbahn in einem noch zu gründenden Verein zusammenfinden. Ich weiß, dass viele Gemeinden als Abgangsgemeinden dem Meinungs- und Handlungsdruck der abgehobenen Landesfürsten unterliegen. Doch es gibt auch Wähler/Innen, die eine Deckung Ihrer Bedürfnisse z.B. jener der öffentlichen Mobilität gesichert sehen wollen. Wohin das Ignorieren des Willens der Wahlbevölkerung führt, sieht man am steirischen NR-Wahlergebnis für SPÖVP. Sehr häufig werden von der herrschenden  Politik die „einfachen Menschen“ als recht- und wehrloses Stimmvieh gering geschätzt. Dem ist bei weitem nicht so, das ändert sich mit ihrer zunehmenden Arroganz den Wähler/Innen gegenüber. Darum wiederholen wir mit Nachdruck: Sanierung der Mühlkreisbahn mitsamt den dazugehörigen Maßnahmen und das rasch, wir wurden zulange von der Politik hingehalten, um nicht ungehalten zu sein.

Anmerkung:

(1) Landtagsdirektion: L-472/1-XXVII, mit erledigt Beilage 160/2010

15.11.2013

Rudi Schober