ImageInterview mit dem Linzer Verkehrsexperten und -aktivisten Lukas Beurle zum geplanten Bau einer unterirdischen Straßenbahn und zu den Erfordernissen der Verkehrspolitik in Linz.

 

1. Du kritisierst, dass die Linzer Stadtverantwortlichen eine unterirdische Straßenbahn planen. Warum lehnst Du dieses Projekt ab?

Ich lehne dieses Projekt nicht grundsätzlich ab. Das was ich sehr stark hinterfrage ist der große Anteil an unterirdischen Streckenabschnitten. Ich sehe nicht den Mehrnutzen für diese enormen Mehrkosten der Tunnelstrecken. Andererseits erfordert es eine starke Entschlossenheit, die Straßenbahn im vorhandenen Straßenraum unterzubringen. Das wäre allerdings eine große städtebauliche, aber auch verkehrstechnische Chance für Linz, wo man auch den Autoverkehr in diesem Bereich redimensionieren kann. Die Gruberstraße ist z.B. nirgends schmäler als 20 m, da muss sich ein Nebeneinander aller Verkehrsmittel (Straßenbahn, Autos, Rad und Fußgänger) einfach ausgehen.

2. Warum glaubst Du, dass trotz der immensen Kosten die Stadtpolitiker derartigen Druck für dieses Straßenbahnvariante machen?

Da kann ich nur Mutmaßungen anstellen.

Ich nehme an, dass die Stadtpolitik wirklich glaubt, mit diesem Projekt Großes zu bewirken. Meine Einschätzung ist aber, dass sich durch dieses Projekt nicht annähernd so viel im Linzer Verkehr verändern wird, wie die jetzigen Projektskosten es vermuten lassen.

Zum anderen kann die Stadt Linz – nach den jahrelangen erfolglosen Versuchen hier weiterzukommen - zumindest die Planung für dieses Projekt alleine angehen. Wenn es dann um die Suche nach Mitzahlern geht, wird das schon viel schwieriger.

Und zum Dritten ist es meiner Meinung auch Ausdruck dafür, dass man – aus Sicht der Stadt Linz - die Verkehrsprobleme in und rund um Linz nicht nur mit dem Westring lösen kann.

Aber ob es dazu ein einzelnes Projekt braucht, das mit den enormen Kosten des Westringes fast mithalten kann, sei dahingestellt. Meiner Meinung nach erfordert es dafür eine gerechte Aufteilung des Kuchens auf den gesamten Großraum Linz.

Genauso wichtig wie die Suche nach möglichen Finanzierungsquellen (Bund, Straßenbahnsteuer, ...) ist jedenfalls die Suche nach Einsparungspotenzial im vorliegenden Projekt. Wenn man will, kann man diese Straßenbahnachse auch um die Hälfte bzw. ein Drittel der jetzt genannten Kosten bauen.

3. Was ist aus Deiner Sicht notwendig, um die wachsende Autoflut in Linz einzudämmen und eine ökologische Verkehrswende einzuleiten?

Wichtig ist, dass man eine Gesamtsicht der Dinge betreibt und daher auf möglichst vielen verschiedenen Bereichen Verbesserungen erreicht und nicht nur wie bei Westring und 2. Straßenbahnachse mit sehr teuren Projekten nur sehr punktuell.

Primär muss man dort anpacken, wo es derzeit schon die größten Behinderungen im Autoverkehr gibt, und das ist primär auf den Stadteinfahrten nach Linz. Gerade für die Zielwege nach Linz wird sich durch die 2. SBA nicht wirklich viel ändern.

Es gilt auf Basis der Überlegungen der letzten Jahrzehnte herauszufinden, mit welchen vorhandenen bzw. noch zu entwickelnden Projekten man es schafft, die Fahrgäste möglichst, schnell und möglichst direkt zu ihren Zielen zu bringen.

Und das geht nur mit einem Gesamtverkehrskonzept, wo man alle diese Überlegungen hineinpackt und am Schluss auf Basis einer Gesamtschau weiß, welche Projekte wo und in welchem Zeitraum umgesetzt werden können und wer sie finanziert.

Wenn man dabei das Thema Umwelt und Klimaschutz in den Vordergrund stellt, dann wird sich dieses Gesamtverkehrskonzept fast überwiegend auf den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs beschränken müssen.

Wichtig ist, dass man sich ein Ziel setzt, um wie viele Prozent man die hohen MIV-Anteile an den Zielachsen nach Linz (teilweise über 80 %) reduzieren will.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann keiner sagen, ob ein Gesamtausbau eher mit einer Normalspurachse durch Linz  (d.h. Einbindung der Eisenbahnlinien rund um Linz) oder mit einer teuren Straßenbahnachse (Schmalspur) gehen wird. Es wird mit Sicherheit keine zwei unterirdischen Tunnelstrecken durch die Linzer Innenstadt geben. Baut man die Straßenbahnachse billig, dann könnte sich eine weitere Schienenachse in Normalspur noch ausgehen.

Ich sehe also das vorschnelle Fixieren dieser 2. Straßenbahnachse als Vorgriff auf eine noch ausstehende Entscheidung über ein Gesamtsystem Öffentlicher Verkehr im Großraum Linz, das seit schon jahrelang überfällig ist und noch immer nicht zu Ende gedacht ist.

Innerstädtisch sehe ich noch ein großes Potenzial in der Steigerung des Radverkehrs. Um einen Bruchteil des Geldes für die 2. Straßenbahnachse könnte man mehr Wege auf das umweltfreundliche Verkehrsmittel Fahrrad verlagern als auf die Straßenbahn.

Passieren soll aber beides, nur auf der einen Seite eben viel billiger und auf der anderen Seite mit deutlich mehr Geld.

Dipl. Ing. Lukas Beurle, gebürtiger Linzer, hat in Innsbruck Bauingenieurwesen studiert, ist seit 14 Jahren Ingenieurkonsulent für Bauwesen und leitet genauso lang schon ein eigenes Büro.

Nach seinem 30 jährigen Engagement für den Radverkehr in Linz und OÖ (Initiative FahrRad OÖ) möchte er in der nächsten Zeit im Zuge der „Initiative Nachhaltige Mobilität“ auch mehr in Richtung Öffentlichen Verkehr aktiv werden und da z.B. in den nächsten Monaten diese Gesamtschau der ÖV-Attraktivierung im Großraum Linz stärker einfordern.