Laut einem Bericht von Greenpeace vom September wurden in Österreich 655 Kilometer Zugstrecke seit dem Jahr 1995 geschlossen, ebenso 230 Bahnhöfe. (1) Hauptsächlich betroffen sind Regionalstrecken, die meisten davon in Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten. Gleichzeitig wurden permanent Straßen erweitert oder neu errichtet (sh. Grafik 1).

Vele der eingestellten Regionalbahnen könnten leicht wieder in Betrieb gehen, weil die Gleise noch bestehen oder – wie im Falle der Verbindung nach Zwettl/NÖ – sogar noch Güterverkehr betrieben wird. Im Sinne einer ernsthaften Klimapolitik ist die Forderung, diese Verbindungen wieder zu öffnen, eine sehr wesentliche.

Neue „Wirtschaftlichkeitskriterien“ notwendig!

Laut einer Stellungnahme sieht man das bei den ÖBB etwas anders. Nicht alle Strecken können erhalten werden, weil man mit den „zur Verfügung gestellten Steuermitteln“ sparsam umgehen müsse. So weit, so nachvollziehbar. Richtigerweise muss die Zielrichtung dann aber sein, die Investitionen in den Zugverkehr angemessen zu erhöhen. Wenn Gewessler betont, dass „aktuell Rekordsummen in den Bau und die Modernisierung von Bahnstrecken“ investiert werden, dann ist das zunächst positiv. Allerdings betragen die externen Kosten des automobilen Verkehrs laut VCÖ über 19 Milliarden Euro pro Jahr – ein Vielfaches dessen, was der öffentliche Verkehr ausmacht. (3) Viel davon wird durch Unfälle verursacht; es handelt sich um reine Folgekosten, das menschliche Leid kann gar nicht beziffert werden. Auch die klimatischen Auswirkungen dürften sehr schwer einzuschätzen sein. Würde nur ein Teil dessen, was die Gesellschaft am Autoverkehr zu tragen hat, für die Wiedereröffnung der Regionalstrecken aufgewendet, könnten wohl viele Verbindungen rasch wieder eröffnet werden. Es wäre weiters wohl auch dringend an der Zeit, die „Wirtschaftlichkeitskriterien“, welche das Verkehrsministerium den ÖBB vorschreibt, neu zu formulieren. Der Großteil des öffentlichen Verkehrs ist nicht per se gewinnbringend, auf lange Sicht aber sind diese Investitionen ökologisch und gesellschaftlich unabdingbar. Und auch weniger genützte Strecken sind wichtige Teile eines Gesamtnetzes. Jeder Verlust einer Strecke macht das Zugfahren in Österreich insgesamt weniger attraktiv.

Bahn stimuliert die gesamte umweltfreundliche Mobilität

Von den ÖBB wurde weiters genannt, dass dort, wo früher Regionalbahnen fuhren, jetzt Busse den Personentransport übernehmen. Das mag richtig sein, nur ist der Fahrkomfort in Zügen deutlich höher. Diese sind auch nicht abhängig von Staus und bieten – je nach eingesetzter Garnitur – unter Umständen auch deutlich mehr Platz für Fahrräder, großes Gepäck usw. an. Kurz gesagt, andere umweltfreundliche Mobilitätsformen profitieren ebenfalls von einem gut ausgebauten Zugnetz. Nicht unterschätzt werden sollte auch das Potential in der Zukunft. Der VCÖ weist darauf hin, dass der Bedarf an „gut ausgebauten Regionalbahnen“ zunimmt, die Fahrgastzahlen vielfach steigen – und dass vor allem Investitionen zu mehr Fahrgästen führen. (4)

Revitalisierung von Regionalbahnen!

Konkrete Vorschläge, welche Strecken besondere Bedeutung haben, gibt es einige. Greenpeace weist auf die Ybbstalbahn hin. Ein Verein setzt sich für die Wiederrichtung der Ischlerbahn ein, welche einmal die meistgenutzte Schmalspurbahn war, jedoch auch als erste ihrer Art eingestellt wurde. Potential für höheren Takt oder Ausbau hätten der Analyse des VCÖ zufolge die Innere Aspangbahn zwischen Wien und Traiskirchen, die Mühlkreisbahn in Linz, welche endlich mit dem Hauptbahnhof verbunden werden muss, oder die Murtalbahn. Auch Lückenschlüsse in Grenzregionen wären demzufolge wichtig. Sicher gibt es noch etliche andere Beispiele. In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist, dass gute Zugverbindungen die Attraktivität einer Region erhöhen. Insgesamt gilt: Die Rechnung von den nicht wirtschaftlichen Nebenlinien darf nicht mehr länger als gegeben hingenommen werden!

Andreas Schütz

Quellen: (1) https://greenpeace.at/presse/greenpeace-report-oesterreichische-regionalzuege-am-abstellgleis/
(2) https://vcoe.at/publikationen/vcoe-factsheets/detail/ausbau-der-infrastruktur-auf-klimakurs-bringen
(3) https://vcoe.at/themen/verkehr-verursacht-hohe-gesellschaftliche-kosten
(4) https://vcoe.at/publikationen/vcoe-factsheets/detail/vcoe-factsheet-2018-09-regionalbahnen