Als täglicher Benützer der Öffentlichen Verkehrsmittel der Linz AG kennen wir den immer wieder überraschenden Ausspruch „Fahrscheinkontrolle, Fahrausweise vorzeigen“. Die Linz AG ist zwar im Besitz der Stadt Linz, die Fahrscheinkontrolle jedoch wurde privatisiert und an die Firma Securitas ausgelagert. Diese behandelt die BenutzerInnen des Öffentlichen Verkehrs nicht wie KundInnen sondern wie potentielle Kleinganoven. Ob SchülerInnen, die ihren Ausweis vergessen haben, ob Beschäftigte, die nach der Arbeit den Ausweis samt Börse am Arbeitsplatz vergessen haben oder die Öffis noch im Laufschritt erreichten und noch nicht abgestempelt haben, es gibt von den Kontrollierenden kein Pardon, alle stehen unter Generalverdacht. Von allen werden EUR 50,- plus Fahrtarif einkassiert. Das ist ein bis zu 35-facher Preis eines Einzelfahrscheines. Das gilt auch dann, wenn der Schülerausweis oder die Monatskarte nachgebracht wird. Diese Erfahrung habe ich selbst gemacht. Innerhalb weniger Minuten (!) konnte die betroffene Person dem Kontrollor die Monatskarte nachbringen, was diesen überhaupt nicht interessierte. Eine Reklamation bei der Firma Securitas wurde mit der unwirschen Drohung, den Rechtsweg zu beschreiten, wenn nicht sofort das Strafgeld bezahlt würde, beantwortet. Es wäre interessant zu wissen, welche Verträge die Stadt Linz mit der Firma Securitas abgeschlossen hat und welchen Profit diese Sicherheitsfirma daraus zieht. Man darf davon ausgehen, dass das Securitas-Personal um einiges schlechter entlohnt wird als die Angestellten der Linz AG und unter enormen „Erfolgsdruck“ steht, sprich möglichst viele SchwarzfahrerInnen zur Strecke bringen muss, um den Job zu behalten.
Nulltarif statt neuer Straßen. Es geht aber auch nicht darum, der Rückkehr der gemütlichen Schwarzkappler-Kontrollore das Wort zu reden. Es geht darum zu erkennen, dass wir in Zeiten der Klimakrise leben und öffentliche Verkehrsmittel einen Ausweg aus der sozial wie ökologisch unhaltbaren Autogesellschaft weisen. Statt Fahrgäste mit Preiserhöhungen und penetranten Kontrollen zu sekkieren, kann ein ganz anderer Weg beschritten werden. Das beweist die belgische Stadt Hasselt bereits seit über zehn Jahren. Dort ist der 1997 neu eingesetzte Bürgermeister samt seiner Stadtregierung nicht der landläufigen Expertenmeinung gefolgt, welche immer wieder den Neubau von zusätzliche Tunnels, Straßen und Autobahnen durch und um die Stadt planen und mit öffentlichen Geldern in absurder Höhe die Erlösung von Verkehrs-, Stau-, Parkplatz- und Abgasproblemen versprechen.
Auch in Hasselt sollte eine zusätzliche Autobahn als Entlastung für die BürgerInnen an einer Stadtflanke vorbeigebaut werden. Doch die Kosten, Einwände der BürgerInnen und die Bedenken, dass solche Maßnahmen immer nur für einen kurzen Zeitraum Gültigkeit haben, lösten ein radikales Umdenken aus. Anstatt mit öffentlichen Milliardensummen Beton und Asphalt in die Stadt zu gießen, wurden alle Stadtbusse für jedermann/frau zum Nulltarif angeboten. Ergebnis: Die Fahrgaststeigerung sind um das Dreizahnfache gestiegen! Zusätzlich wurde der Innenstadtring von vier Fahrspuren auf zwei reduziert und in eine Grünzone umgewandelt in der ausschließlich Autobusse und RadfahrerInnen fahren und natürlich auch Menschen flanieren können, die in solchen lärm- und abgasfreien Zonen das Leben genießen können. Im Stadtzentrum von Hasselt kehrte das pulsierende Leben zurück. Nach anfänglich großer Skepsis sind auch die Klein und Handelsbetriebe sehr erfreut, nicht nur über den Mut und die Tatkraft, die dieses Projekt realisierten, auch die Frequenz und Umsätze in Ihren Betrieben stiegen weit über dem Durchschnitt an.
Das ist auch keineswegs unfinanzierbar, denn heute fahren sechsmal so viele Busse durch und um die Stadt Hasselt als 1997 und dies noch immer zum Nulltarif. Finanzmittel von Stadt, Land und die ersparten Kosten des Autoverkehrs, die zusätzlichen Arbeitsplätze und erhöhten Steuereinnahmen von Handel und Gewerbe ermöglichen so manches Undenkbare und Futuristische.
Das wäre doch auch für Linz ein zukunftsweisender Weg. Statt aberwitzige Summen für den Bau der A26-Westring-Transitautobahn mitten durch die Stadt zu verjuxen, Einführung des Nulltarif auf den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Dieses Monsterstraßenbauprojekt würde inklusive Investitions-, Finanzierungs- und Betriebskosten im nächsten Vierteljahrhundert Kosten in der Höhe von 1.200 Millionen Euro verschlingen. Alleine um diesen Betrag könnte man über einen Zeitraum von 25 Jahren jährlich 120.000 Personen, d.h. mehr als 75% der derzeitigen Pendler nach Linz die Jahreskarten für die Benützung der Öffentlichen Verkehrsmittel schenken. In Summe wird uns die Fortsetzung dieser rückwärtsgewandten Betonpolitik, die Autofahren fördert und Öffi-Benützer quält, viel teurer zu stehen kommen als eine ökologische Wende. Daher: 100% Schwarzfahren auf allen Linien, für alle, zu jeder Zeit, ohne Privatisierung und Liberalisierung, und massiver Aufbau der Öffentlichen Verkehrsmittel in Linz aber auch außerhalb des Zentralraumes.
Rudi Schober
“Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein”
Regierungsstudie stößt bei Regierungs- und Oppositionsparteien auf taube Ohren
Ab Juli sollen die Fahrpreise bei den ÖBB saftig angehoben werden – um bis zu 5%. Infrastrukturministerin Bures „sieht keine Möglichkeit, an Preiserhöhungen beim öffentlichen Nahverkehr vorbeizukommen.“ (ORF) Nicht erklären kann Bures allerdings, warum die Regierung den Klimakiller Autoverkehr durch Verschrottungsprämien aufpäppelt, während der öffentliche Verkehr die Preise erhöhen muss. Zum Vergleich: Für die Verschrottungsprämie sind 45 Millionen vorgesehen, die Kosten einer halbjährlichen Verschiebung der ÖBB-Preiserhöhung werden vom ÖBB-Vorstand mit 15 Millionen beziffert.
Ebenfalls nicht erklären kann die Regierung, warum eine Studie des Geschäftsführer der Energieregulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz, zur Bekämpfung der Klimakrise beharrlich ignoriert wird. Dieses „Grünbuch Energieeffizienz“, im Vorjahr im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellt, kommt zu einem bemerkenswerten Ergebnis: Etwa zwölf Prozent der gesamten in Österreich verbrauchten Energie fließen in den Transport von Personen. Und das ist der Bereich mit dem größten Wachstum in den vergangenen Jahren. Vor allem der individuelle Autoverkehr nimmt stark zu. Deshalb hat die E-Control im Rahmen des Maßnahmenpakets für mehr Energieeffizienz einen bemerkenswerten Vorschlag unterbreitet: “Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein.”
„Beim öffentlichen Verkehr werden rund 70 Prozent der Kosten ohnehin vom Steuerzahler gezahlt. Daher ginge es lediglich um die Kostenverteilung der anderen 30 Prozent“, sagt Boltz. Durch eine weitgehend kostenlose Netzkarte für jeden erwartet er sich einen deutlichen Anstieg bei der Nutzung des öffentlichen Verkehrs.
Reiche fahren vier Mal mehr mit dem Auto. Das wäre nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch sozialpolitisch. Die kürzlich vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) präsentierte Studie “Soziale Aspekte der Mobilität” zeigt, dass das oberste Viertel der Einkommensbezieher vier Mal mehr mit dem Auto fährt als das unterste Viertel. Wer weniger verdient, legt einen höheren Anteil der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. 60 Prozent der Haushalte, die dem unteren Einkommensviertel angehören aber nur vier Prozent der reicheren Haushalte besitzen gar kein Auto. Jedoch leiden Finanzschwache um ein Vielfaches stärker an Lärm und Abgasen. Wohlhabende fahren Auto, Ärmere atmen deren Abgase ein.
Das ist vielleicht auch ein Grund, warum der Vorschlag des E-Control-Chefs bei den Abgeordneten aller Parlamentsfraktionenauf auf taube Ohren gestoßen ist.