Klimakrise und Inflation sind beherrschende Themen. Oftmals werden sie gegeneinander ausgespielt. Und oftmals ist eine ökosoziale Politik, die diesen Namen verdient,  tatsächlich komplex. Es gibt aber Maßnahmen, die einfach und sofort zu machen sind, die sich sowohl ökologisch als auch sozial positiv auswirken und zudem so gut wie nichts kosten: die Reduktion der Tempolimits!

Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von derzeit 130 auf 100 km/h, auf Bundesstraßen von 100 auf 80 km/h und im Ortsgebiet von 50 auf 30 km/h hätte eine Reihe positiver Auswirkungen zum Schutz von Klima, Umwelt, Sicherheit, Gesundheit und Geldtasche. Konkrete Zahlen liefert der Verkehrsclub Österreich (VCÖ):

Geringerer Spritverbrauch

Bei 130 km/h sind Spritverbrauch und CO2-Emissionen im Schnitt um rund ein Viertel höher als bei 100 km/h:

  • Tempo 130 km/h: 164 g CO2 / km (entspricht 6,2 Liter Diesel)
  • Tempo 100 km/h: 124 g CO2 / km (entspricht 4,7 Liter Diesel – minus 24%.

Quelle: TU Graz (Kfz-Emissionen im Realbetrieb), VCÖ 2017

Aufgrund des geringeren Spritverbrauchs für dieselbe Strecke sinken klarerweise auch die Fahrtkosten entsprechend. Temporeduzierungen sind also eine einfach zu bewerkstelligende Maßnahme gegen die derzeit hohe Inflation.

Geringere Schadstoff-Emissionen
  • Tempo 100 statt Tempo 130 auf Autobahnen reduziert den Stickstoff-Ausstoß (NOx) um rund ein Viertel, den CO2-Ausstoß um 16 Prozent sowie die Feinstaub-Emissionen (PM10 motorisch) um 20 Prozent.
  • Tempo 80 statt Tempo 100 auf Freilandstraßen bewirkt eine Reduktion des Stickstoff-Ausstoßes um 15 Prozent, eine CO2-Reduktion von 5 Prozent sowie eine Feinstaub-Reduktion von 8 Prozent.

Quelle: https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/DP145.pdf

Kürzerer Anhalteweg – mehr Verkehrssicherheit
  • Der Anhalteweg (Reaktionsweg plus Bremsweg) beträgt bei Tempo 100 rund 74 Meter, bei Tempo 130 ist dieser mit 123 Metern deutlich länger. Während das Fahrzeug mit Tempo 100 nach 74 Metern steht, hat das Auto mit 130 km/h nach 74 Metern noch eine Geschwindigkeit von 97 km/h. Ein Auffahrunfall mit dieser Geschwindigkeit endet mit schwersten oder gar tödlichen Verletzungen.
  • Dazu hat das Amt der Steiermärkischen Landesregierung interessante Zahlen aufbereitet: „Sinkt die Geschwindigkeit um 20 %, beispielsweise von 100 km/h auf 80 km/h, verringert sich die Anzahl der Schwerverletzten um 50 %, die Anzahl der tödlich Verunfallten sogar um 60 %. Auch innerorts führen niedrigere Geschwindigkeiten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Chancengleichheit verschiedener Verkehrsmittel. Wird ein/e FußgängerIn von einem 30 km/h schnellen Fahrzeug erfasst, liegt die Überlebenschance bei etwa 90 %. Bei 60 km/h reduziert sich die Wahrscheinlichkeit auf circa 10 %. Bei rund einem Viertel der tödlichen Unfälle ist eine nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit die Hauptunfallursache.“ (2)
Weniger Verkehrslärm
  • Eine Verringerung des Tempos von 130 auf 100 km/h führt zu einer Reduktion des Verkehrslärms um drei Dezibel. Eine Reduktion um drei Dezibel wird vom menschlichen Ohr wie die Halbierung der Verkehrsmenge wahrgenommen.
  • Langsam fahrende Autos sind leiser, da im Gegensatz zu Tempo 30 bei Tempo 50 das Abrollgeräusch der Reifen den Motorenlärm übertönt.

Die Auswirkung des Lärms auf unsere Gesundheit sind erheblich: Das Herzinfarktrisiko entlang stark befahrener Straßen mit Mittelungspegeln ab 65 Dezibel liegt um 20 Prozent höher als an Straßen mit Lärmbelastungen unter 55 Dezibel.

Höhere Leistungsfähigkeit der Fahrbahn

Bei Tempo 100 beträgt die reale Leistungsfähigkeit einer Fahrbahn rund 2.440 Kfz pro Stunde und bei Tempo 130 hingegen nur rund 2.250 Kfz. Eine höhere Leistungsfähigkeit bedeutet weniger Staus und damit weniger Fahrzeit-Verzögerungen. Zusätzlich nimmt bei niedrigerem Tempolimit die Zahl der Verkehrsunfälle ab, was wiederum die Zahl der Staus verringert. Auch wenn es paradox klingen mag: In Summe kann ein niedrigeres Tempolimit dazu führen, dass die Kfz-Lenkenden schneller ans Ziel kommen.

Her mit 100/80/30!

Die Solidarwerkstatt Österreich setzt sich dafür ein, dass rasch eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h (Autobahnen),  80 km/h (Bundesstraßen) und 30 km/h (Ortsgebiet) umgesetzt wird. Dass die von Klimaministerin Gewessler derzeit vorgelegte Straßenverkehrsnovelle das Thema Tempobeschränkungen ausklammert, ist - milde gesagt - unverständlich. Wenn die Grünen nicht einmal in dieser Frage einen Konflikt mit der krisen- und korruptionsgeplagten ÖVP wagen, wo geht man dann überall noch auf Tauchstation? Wenn die Regierung nicht einmal diese einfache, faktisch kostenlose win-win-win-Maßnahme zusammenbringt, wie sollen dann ungleich schwierigere Herausforderungen bei der ökosozialen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft gemeistert werden? Klimaschutz-, Umwelt- und Verkehrswende-Bewegung sind mehr denn je gefordert, Druck für die Senkung der Tempolimits zu machen

Quellen:

(1) https://www.vcoe.at/service/fragen-und-antworten/welche-wirkung-hat-tempo-100-statt-130
(2) https://www.umwelt.steiermark.at/cms/dokumente/10087223_2054533/1fc80bb4/A15-Luft-Tempolimits-4-4C.PDF