Am 14. August demonstrierten in Linz 600 Menschen gegen die geplante 40 Kilometer lange Starkstrom-Freileitung durch das Mühlviertel. Anstelle der landschaftszerstörenden 110kV Freileitungen fordern sie eine Erdverkabelung. Eine neue Expertenstudie unterstützt die Protestierenden: Erdverkabelung sei zu einigermaßen vergleichbaren Kosten möglich und zudem viel zuverlässiger.
Organisiert wurde die Protestaktion von der „Interessensgemeinschaft Landschaftsschutz Mühlviertel“. Die Resonanz war groß: Trotz Arbeitstag fanden sich am Mittwoch, 14.8. vormittags rund 600 Menschen zur Auftaktkundgebung am Linzer Domplatz ein. Das zeigt, wie wichtig dieses Anliegen den Menschen aus den betroffenen Mühlviertel Gemeinden ist. Die geplante 110kV Freileitung soll rund 40 Kilometer von Rohrbach-Berg über ein neues Umspannwerk in Langbruck (Bad Leonfelden) weiter nach Rainbach führen. Insgesamt wären entlang des Freileitungskorridors zwölf Gemeinden betroffen.
„Stoasicher, dass wir die Durchsetzung der Erdkabelvariante erreichen werden“
Hubert Prammer aus Hirschbach erläuterte in einer Rede, warum die Erdkabeltechnologie das Beste für Mensch und Natur ist:
„- Erhaltung des wunderbaren Landschafsbildes in unserer kleinstrukturierten Hügellandschaft
- kaum zusätzlicher Bodenverbrauch bei der Errichtung
- keine breiten Schneisen durch unsere ohnehin geplagten Wälder
- bessere Versorgungssicherheit bei Wetterkapriolen, bei Terroranschlägen, kein Risiko für den Flugverkehr
- praktisch keine Wartungskosten
- maximale Vermeidung möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen
- Gebiet bleibt attraktiv für Naherholung der BewohnerInnen
- Erhaltung der Wertschöpfung für den sanften Tourismus
- keine Wertminderung von in nächster Nähe liegenden Gebäuden und Grundstücken.“
Sein Resümee: „Ich wünsche mir PolitikerInnen, die Innovation und Nachhaltigkeit ernst nehmen und nicht nur dauernd davon reden. Derzeit werden vorwiegend kurzfristig gedachte Entscheidungen getroffen, Politik orientiert sich an engen Parteigrenzen.“ Resignation ließ Hubert Prammer deshalb aber keineswegs aufkommen: „Ich bin mir stoasicher, dass wir unser Ziel, die Durchsetzung der Erdkabelvariante, erreichen werden. Wo andere aufhören, beginnen wir im Mühlviertel!“
„Menschenversuch Starkstromleitung“
Marianne Winkler aus Traberg warnte in ihrer Rede: „Bei solchen Starkstromleitungen mache ich mir auch Sorge wegen der gesundheitlichen Auswirkungen, wenn man da leben muss. Sie werden ja sehr nahe an Wohnhäuser herangebaut … sogar bis zu 100 Meter. An derartigen Starkstrom-Freileitungen werden in Studien vermehrt Leukämie-Erkrankungen bei Kindern beobachtet. Und es werden auch vermehrt Alzheimer Erkrankungen beobachtet. Die Forschung beschäftigt sich intensiv damit. Ich jedenfalls will nicht an diesem ‚Menschenversuch Starkstromleitung‘ teilnehmen, das ist mir zu gefährlich“.
Auch Marianne Winkler betonte den Nutzen der Erdverkabelung: „Wir alle profitieren, wenn Starkstromleitungen in die Erde verlegt werden
* das ist ein Projekt für die nächsten 100 Jahre und noch darüber hinaus
* es geht um die Erhaltung intakter Kulturlandschaften – für uns Landbewohner UND natürlich für unsere vielen Gäste und Besucher im Mühlviertel
* wir minimieren gesundheitliche Risiken für die Menschen, die es bei Freileitungen höchst wahrscheinlich gibt.“
Neue Studie widerlegt Kostenschätzung des Landes
Landespolitik und Netzbetreiber (Energie AG und Linz AG) versteifen sich bisher auf die Freileitung, weil laut Gutachten die Erdverkabelung um 220 Prozent teurer wäre als die Freileitung. Doch diese Kostenschätzung wird nun in einer neuen Studie von zwei ausgewiesenen Experten widerlegt. Universitäts-Professor Heinrich Brakelmann und der Planungsexperten für Energieversorgungsnetze Markus Pöller präsentierten parallel zur Kundgebung bei einer Pressekonferenz eine Studie, die auf lediglich 18 Prozent Mehrkosten eines Erdkabels im ausgewählten Planungskorridor kommt. Vorteile sieht die Studie auch in der geringeren Anfälligkeit eines Erdkabels gegenüber Netzausfällen, etwa durch Schneefälle. Rechne man die Entwertung der Grundstücke durch eine Freileitung hinzu, komme ein Erdkabel sogar volkswirtschaftlich günstiger. Die Gutachter verweisen außerdem auf internationale Beispiele: So wird in der Schweiz aufgrund der vielen Vorteile Erdverkabelung auch dann bevorzugt, wenn sie um 100 Prozent teurer ist als die Freileitung, in Deutschland sogar dann, wenn die Mehrkosten unter 175 Prozent Mehrkosten liegt.
Der Rechtsanwalt der IG Landschaftsschutz Mühlviertel, Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, zeigte sich aufgrund dieser Studienergebnisse zuversichtlich: „Seit heute steht fest, dass die bisher vom Land verwendeten Unterlagen dem Shredder zugeführt gehören. Wir werden weiter für die Interessen der Menschen kämpfen.“
Unter den Klängen der „Erdkabel-Kapelle“ zogen die KundgebungsteilnehmerInnen abschließend zum OÖ Landhaus, um mit Transparenten und Aufrufen der Landesregierung einige klare Botschaften auszurichten: „Wir lassen nicht locker! Innovation und Dialog statt Monolog und Manipulation! Natur und Technik im Einklang – Erdkabel statt Freileitung!“
Weitere Hinweise:
IG Landschaftsschutz Mühlviertel https://muehlviertel110kv.at/
Petition für Erdkabel statt Freileitung siehe https://muehlviertel110kv.at/petition/