ImageInterview mit Rudi Schober, Gemeinderat und Solidarwerkstatt-Aktivist, initiierte, dass auch Ottensheim „Raus aus EURATOM!“ von Regierung und Nationalrat fordert. Bereits 234 Gemeinden unterstützen diese Initiative. Das WERKSTATT-Blatt sprach mit Rudi Schober über Traum und Wirklichkeit in  der österreichischen Anti-Atom-Politik.


WERKSTATT-Blatt: Gratulation, auf Deine Initiative hin hat nun Ottensheim im 2. Anlauf auch eine Resolution an Regierung und Nationalrat beschlossen, in der der Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag gefordert wird. Warum bist Du, seid Ihr für „Raus aus EURATOM!“?
 

Rudi Schober: Ich hole ein wenig weiter aus.  Am Anfang der Atomenergie stand der Traum einer unerschöpflichen Energiequelle, welche auch Österreich für seine wirtschaftliche Entwicklung und Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt  zu benötigen schien. In den 60iger Jahren wurde dieser Traum in Form eines Kernkraftwerk geplant und als Standort wurden die Gemeinden St. Andrä im Lavanttal, St. Panthaleon in Oberösterreich und Zwentendorf in Niederösterreich vorgesehen. Wie wir wissen, wurde die Realisierung in Zwentendorf 1978 fast bis zur  Inbetriebnahme vorangetrieben. Im Zuge der damaligen gesellschaftlichen Veränderungen wurde die Kritik an der Atomenergie, im besonderen an dem für österreichische Verhältnisse megalomanischen Atomkraftwerk in Zwentendorf immer lauter. In der ersten Volksbefragung der zweiten Republik 1978 wurde das ungleich geführte Ringen um Atomfreiheit von der Wahlbevölkerung mit 50,6% für diese entschieden und der Nicht-Einstieg in die Atomkreistechnologie Wirklichkeit. Der damalige Nationalrat verabschiedete unter dem Druck der Öffentlichkeit ein „Atomsperrgesetz“, das den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken in Österreich verbietet.

Mit dem hastig vorangepeitschten Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahre 1995 wurde aber auch ein Beitritt zur EURATOM mit all seinen Konsequenzen vollzogen. Denn EURATOM hat die Aufgabe, die „Voraussetzungen für eine mächtige Kernindustrie“ zu schaffen. Obgleich die  österreichischen Gesetze seit 1978 zur Ablehnung der Atomkraft verpflichten, zahlte Österreich seit dem EU-Beitritt Jahr für Jahr Hunderte Millionen Schillinge, ab dem Jahr 2002 Dutzende Millionen Euro an die EU-Atomlobby zur Förderung und Verbreitung der Atomkraft mitsamt seines Militärisch-industriellen-Komplexes. Im Lauf der Zeit wuchsen die Produkte der geförderten Atomlobby sehr grenznahe in Form von Atomkraftwerken vielfach aus dem Boden. Um die atomkritische und sich bedrängt fühlende Bevölkerung etwas zu beruhigen wurde das „Atomsperrgesetz“ von 1978 sodann 1999 in den Verfassungsrang gehoben. Es ist aber ein Antagonismus, Atomenergie im Verfassungsrang abzulehnen und zugleich über EURATOM mit hohen Millionenbeträgen Jahr für Jahr zu subventionieren.  Darum gewinnt die Bewegung in Österreich für „Raus aus EURATOM“ zunehmend an Bedeutung. Darum habe ich mich auch in unserer Gemeinde für „Raus aus EURATOM“ eingesetzt. 

WERKSTATT-Blatt: Welche Bedeutung haben für Dich diese Resolutionen gegen die EURATOM-Mitgliedschaft in den Gemeinderäten und Landtagen?  

Rudi Schober: Acht Landtage und 234 Gemeinden unterstützen bereits die Forderung nach „Raus aus Euratom“. Diese Gemeinden und Landtage repräsentieren die absolute Mehrheit der Wahlbevölkerung in Österreich. Es ist ein Irrwitz, dass die österreichische Bundesregierung das schlicht und einfach ignoriert. Die Meinung der demokratisch gewählten Volksvertreter auf Gemeinde- und Landtagsebene ist den sogenannten Volksvertretern keinen Pfifferling wert, denn es wird am goldenen EU-Atommeiler gekratzt. Dass bereits vor der Atomkatastrophe in Fukushima knapp 100.000 Menschen das Volksbegehren „Raus aus EURATOM“ unterschrieben haben, obwohl dieses von Medien und Politik weitgehend ignoriert wurde, ist schon herzeigbar. Dass aber nach Fukushima, wo in einer Umfrage 90% der Menschen angegeben haben, dass sie es bereuen, das Volksbegehren nicht unterzeichnet zu haben, die Regierung diese Forderung weiterhin ignoriert, ist vollkommen inakzeptabel.  

WERKSTATT-Blatt: Bemerkenswerterweise hat die Regierung für diese ignorante Haltung Unterstützung von unerwarteter Seite erhalten. Global 2000 und die Grünen haben, kräftig unterstützt durch  die Kronenzeitung, auf die Atomkatastrophe in Fukushima mit einer Unterschriftenaktion reagiert, in der die Forderung nach EURATOM-Ausstieg vollkommen fallen gelassen wurde und statt dessen vom „weltweiten Atomausstieg“ geredet wurde.

Rudi Schober: So richtig und visionär diese Forderung nach weltweitem Ausstieg ist, so clownesk wird es, wenn gleichzeitig, das, was wir hier und heute in Österreich dafür tun können, nämlich die Einstellung der Zahlungen an die EU-Atomwirtschaft, fallengelassen wird. Forderungen, wo der Adressat unklar oder unerreichbar ist, dienen dazu, Dampf abzulassen und ein  Luftschloss zu errichten, das in einigen Monaten, so wie die Wolke im Wind, mit freiem Auge nicht mehr sichtbar sein wird.  Es ist den Menschen in Österreich mittlerweile vollkommen unverständlich, das jede EU-Repression von der Bundesregierung sofort umgesetzt wird, jedoch die Ängste, Verunsicherungen und Meinung der Bevölkerung, sollten diese nicht mit der absolutistischen EU-Meinung konform gehen, ignoriert werden. Die Forderung aus den Resolutionen „Raus aus EURATOM“ ist realisierbar und sie entspricht der großen Mehrheit der Bevölkerung. Die Bundesregierung hat daher die demokratische Pflicht, endlich dem Willen des Souveräns  umzusetzen, statt weiterhin diesen ganz konkreten Schritt durch Luftschlösser zu vernebeln.
 

WERKSTATT-Blatt: Wie wird es nun weitergehen? 

Rudi Schober: Dass die EU-Chefs auch nach Fukushima keineswegs daran denken, sich von der Atomenergie zu verabschieden, hat sich Anfang Mai beim EU-Ministerrat in Gödöllö gezeigt. Der EU-Rat hat die Forderung von Wirtschaftsminister Mittlerlehner, EU-Fördergelder von der Atomenergie zu erneuerbaren Energien umzuschichten, kaltschnäuzig abblitzen lassen. Hätte die Regierung einen Funken Selbstbewusstsein und demokratischen Anstand, würde sie diese Brüskierung durch die EU sofort mit dem Austritt aus EURATOM  und er Einstellung der Zahlungen an die EU-Atomwirtschaft beantworten. Es wird wohl noch einige Gemeinderesolutionen und viel Druck von der Bevölkerung brauchen, bis wir soweit sind. Aber ich bin optimistisch, wenn man sieht, dass jede Woche einige neue Gemeinden sich dem „Raus-aus-EURATOM“-Zug anschließen.

Siehe dazu auch Tschernobyl und Fukushima mahnen: Raus aus EURATOM!