Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wird weitere fünf Jahre in der EU zugelassen. Im November 2017 stimmten 18 EU-Staaten dem Vorschlag der EU-Kommission zu.

Die Verlängerung der Zulassung des Pestizids Glyphosat ist für den deutschen Chemieriesen Bayer, der den Glyphosat-Erfinder Monsanto für ca. 66 Milliarden Dollar übernehmen will, von besonderem Interesse. Interessant für Bayer ist der US-Konzern nicht nur wegen seines Know-hows in der Biotechnologie, sondern auch wegen seiner führenden Rolle beim „Digital Farming“ - der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft.

Durch die Fusion der beiden Konzerne wird der deutsche Konzern Bayer die globale Nummer eins bei Saatgut, Pestizide und Agrogentechniken, was seine Lobbymacht und auch seinen politischen Einfluss stärkt. Anfang Dezember 2017 stimmte der Ausschuss zur Überprüfung ausländischer Investitionen in den USA (CFIUS) dem Megadeal der beiden Giganten zu.

Weltweit werden von Monsanto und anderen Firmen jährlich rund 850.000 Tonnen (t) Glyphosat verkauft. Im Jahr 2016 allein 312t in Österreich. Außer in der Landwirtschaft verwenden Gemeinden für öffentliche Grünflächen Glyphosat - allerdings verzichten österreichweit bereits 523 bewusst darauf. Auch die ÖBB verwendet regelmäßig Glyphosat, um die Gleiskörper unkrautfrei zu halten und auch in Gärten privater Haushalte wird es verwendet.
Mittlerweile wachsen immer mehr „Super-Unkräuter“, denn immer mehr „Unkräuter“ entwickeln Resistenzen gegenüber Glyphosat. Dadurch steigt die Nachfrage nach neuen Herbiziden - und neuem Saatgut, das wiederum diesen Herbiziden widersteht – ein Teufelskreis.

„Wahrscheinlich krebserregend“

Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) stufte Glyphosat 2015 prinzipiell als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen ein. EU-Agenturen halten den Wirkstoff für unbedenklich. Brisant ist laut den NGOs, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung jene Studien, die sich mit den potenziellen Stoffeigenschaften von Glyphosat beschäftigen, gar nicht selbst bewertet habe, sondern die Bewertungen „wortwörtlich aus dem Zulassungsantrag der Hersteller übernahm“ und dabei die Herkunft „bewusst verschleierte“, wie ein Gutachten des Salzburger Plagiatsforschers Stefan Weber feststellt hat.

Zweifeln an dieser „Unbedenklichkeit“ lassen neben dem Ergebnis der IARC, Berichte aus Ländern wie Argentinien, Brasilien u.a., wo bei Menschen, die in ihrer Region gentechisch verändertes Getreide (GVO) unter massiven Pestizideinsatz wie Glyphosat, Futtermittel u.a. für die EU anbauen, die Rate der Fehlgeburten, Missbildungen bei Neugeborenen und die Krebsrate deutlich höher ist als beim Rest.

Im Urin nachgewiesen

Untersuchungen haben bei Menschen in den USA und auch in Österreich Glyphosat im Urin nachgewiesen. „Das umstrittene Mittel Glyphosat wird in Österreich bei keinen Pflanzen eingesetzt, die geerntet werden“, so Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Warum es dann doch auch im Urin von Österreichern nachgewiesen werden kann? „Weil diese auch Produkte aus anderen Ländern konsumiert haben“, so Schultes weiter. Stellt sich die Frage, warum der Import von mit Glyphosat behandelten Produkten, aus dem Ausland nicht verboten wird? Die Antwort: Weil das dem Freihandelsprinzip des EU-Binnenmarkts widerspricht. D.h. man kann die Produktion, nicht aber den Import verbieten.

Neben den direkten toxischen Effekten durch Glyphosat gefährdet seine Wirkung als Breitbandherbizid auch zahlreiche andere Organismen. Denn durch die Vernichtung der Wildkrautflora gehen Nahrungsquellen und Lebensräume verloren. Herbizide reduzieren die Vielfalt im Boden und wirken sich damit längerfristig auf die Biodiversität im Agrarraum aus. Die Beikrautflora spielt auch eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Erosion und Schädlingen, da sie die Bodenkrume festhält, vielen Nützlingen Nahrung und Lebensraum bietet und für Schädlinge eine alternative Nahrungsquelle sein kann.

There is an alternative…

Im Sinne der Gesundheit der Bäuerinnen und Bauern, der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen, der Tiere und Pflanzen, des Umwelt und Klimaschutzes sowie eines nachhaltigen Lebensmittelsystems ist es höchst an der Zeit aus diesem System der industriellen Landwirtschaft, mit ihren negativen Folgen für Mensch und Umwelt, durch den Einsatz von Pestiziden, chemischen Düngemitteln usw. auszusteigen. Es müssen auf politischer Ebene die Weichen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem gestellt werden: in Richtung Ernährungssouveränität auf ökologisch biologischer Basis, mit Einsatz von weniger Kraftfutter und Änderung des Konsumverhaltens. Dass dieses alle Menschen ernähren könnte belegt eine neue Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL.

Das gute, gesunde Leben für alle ist aber in einem System wie der EU, das auf Export, ständiges Wachstum, Konkurrenz, Konzernprofite ausgerichtet ist, nicht möglich. Was sich zuletzt mit der Verlängerung der Verwendungsdauer von Glyphosat einmal mehr bewiesen hat. There is an alternative – wenn man über den EU-Tellerrand hinausschaut!

Eveline Steinbacher
(Werkstattblatt 4/2017)