Image Die Atomkatastrophe in Japan zeigt, wie wichtig und aktuell die Forderung nach Austritt aus EURATOM ist. Das Volksbegehren hat nicht zuletzt deshalb die 100.000-Hürde knapp verfehlt, weil etliche "unterstützende" Organisationen auf Tauchstation gegangen sind. Just nach der aktuellen Atomkatastrophe tauchen einige auf, um die Forderung nach EURATOM-Austritt völlig beiseite zu schieben. Aber der „Raus-aus-EURATOM“-Zug fährt – v.a. auf Gemeindeebene – weiter.

Die zynischen Wortmeldungen zum Volksbegehren "Raus aus EURATOM!" waren noch nicht verklungen. Es sei das zweitschwächste in der Reihe der Volksbegehren gewesen. Die Bundesregierung und namentlich der Umweltminister Berla- kovich wiederholten ihr Mantra,  nur die Mitgliedschaft bei EURATOM ermögliche die Mitsprache Österreichs bei der Sicherheit europäischer AKWs. Die Tragödie von Fukushima  scheint all dies zur Makulatur gemacht zu haben. Hören wir jedoch genau hin, müssen wir erkennen: Es wurde nur die Rhetorik verändert. An der Förderung der europäischen Atomindustrie mit österreichischem Steuergeld wird festgehalten.

98.698 Menschen haben das Volksbegehren unterzeichnet. Um 1.302 weniger als notwendig wären, um eine parlamentarische Behandlung zu erzwingen. Drei Gründe sind für dieses knappe Ergebnis verantwortlich:

1. Das Volksbegehren wurde gezielt boykottiert. So hat Innenministerin Maria Fekter noch eine Empfehlung an die Gemeinden herrausgegeben, über das Volksbegehren nicht zu informieren. Viele Gemeinden haben sich daran gehalten. In Wien gab es keine Aushänge in den Wohnhäusern. Die Öffnungszeiten in den Eintragungslokalen waren vielfach nicht bekannt.
2. In den großen Medien wurde meist nur unter ferner liefen über das Volksbegehren informiert.
3. Eine Reihe großer Organisationen und Parteien haben sich im Vorfeld für das Volksbegehren ausgesprochen, aber außer einzelnen symbolischen Handlungen keine wirkungs- volle Informationsarbeit geleistet.

Umgekehrt zeigte sich: Dort wo einzelne Menschen und Basisinitiativen für das Volksbegehren kurbelten, konnten beachtliche Ergebnisse erzielt werden. Besonders war dies in Vorarlberg (13.435 Eintragungen, 5,12%), Salzburg (12.841, 3,31%) und Oberösterreich (27.130; 2,49%) der Fall. In einigen Bezirken (Freistadt, Rohrbach, Urfahr-Umgebung, Salzburg-Stadt, Salzburg-Umgebung, Bludenz, Bregenz, Feldkirch) konnten mehr als 4% der StimmbürgerInnen für eine Unterstützung gewonnen werden. Hier wurden Telefonketten gestartet, vor den Eintragungslokalen informiert, vereinzelt wurde noch die Sonntagsmesse genutzt, um Menschen zum Gemeindeamt zu bewegen.

Placeboaktion. Zwei Wochen nach dem Volksbegehren kam es zur Atomkatastrophe in Fukushima. Spontan fragten sich viele Menschen, was Österreich konkret für einen Ausstieg aus der gefährlichen Technologie tun kann. „Raus aus EURATOM“ war mit einem Schlag wieder ein Top-Thema. In ersten Blitzumfragen gaben 90% der Österreicherinnen an, dass sie es bereuten, das Volksbegehren nicht unterschrieben zu haben. Denn mit dem EURATOM-Ausstieg hätte es Österreich selbst in der Hand, den Atomausstieg voranzutreiben, indem es seine Unterstützung der Atomwirtschaft mit Steuermillionen einstellt und die freiwerdenden Mittel für den Umstieg zu einem energieautarken Österreich verwendet. Das hätte Auswirkungen auf ganz Europa. Denn: Steigt ein Land aus, könnten rasch weitere folgen. Ein Dominoeffekt könnte schließlich tatsächlich den Atomförderverein EURATOM ins Wanken bringen. Freilich, für einen solchen Schritt hätte sich die Österreichische Regierung in einen Konflikt mit der mächtigen Atomlobby und den EU-Institutionen wagen müssen. Nichts wollten Faymann & Co weniger.

Es ist alte Herrschaftstechnik: Wirst du mit einer Forderung konfrontiert, der du dich nicht mehr entgegenstellen kannst, entziehst du ihr am leichtesten den Boden, indem du je- manden findest, der sie ins Phantastische treibt. Faymann fand diesen Jemand in Form von Global 2000. Global 2000, deren Unterstützung für das Volksbegehren „Raus aus EURATOM!“ sich unterhalb der Wahrnehmungsgrenze bewegte, tauchte just nach der Atomkatastrophe von Fukushima wieder auf, um – gemeinsam mit der Grünen Parteiführung - die Forderung nach EUR- ATOM-Ausstieg völlig beiseite zu schieben. Anstatt das auf die Tagesordnung zu setzen, was man im eigenen Land sofort umsetzen kann, wurde eine Unterschriftenaktion für den weltweiten Atomausstieg gestartet.  Die österreichische Regierung konnte sich entspannt zurücklehnen. 

Anstatt Druck für die sofortige Einstellung der Zahlungen an EURATOM zu machen, wurde im Aufruf von Global-2000 und Grünen sogar „grünes“ Licht für weitere Euro-Millionen an diese EU-Atomorganisation gegeben - mit der Auflage, dass die Zahlungen „nur“ mehr  „für Sicherheitsmaßnahmen, die Finanzierung von Ausbau, Abwrackungs- oder Endlagerprojekten für Atommüll verwendet werden." Sogar dabei wird noch Sand in die Augen gestreut: Denn im EURATOM-Vertrag wird die „Schaffung der Voraussetzungen für eine mächtige Kernindustrie“ als zentraler Auftrag auf- gelistet. Diesen Auftrag zu verändern, braucht die Zustimmung aller EU-Staaten. Jeder weiß: Die wird es nicht geben. Sarkozy hat bereits angekündigt, dass Frankreich nicht im Entferntesten daran denkt, auf eine “strahlende” Zukunft zu verzichten.

Das Irreale, auf das man keinen Einfluss hat, wird ins Zentrum gerückt, um das Reale, das man selbst sofort machen könnte – den Ausstieg aus EURATOM – fallen zu lassen. Das ist klassische Placebo-Politik: Weil die Taube auf dem Dach so schön ist, lässt man den Spatz in der Hand davonfliegen. Die Medien, die vorher zum EURATOM-Volksbegehren so laut geschwiegen hatten, überboten sich auf einmal im Trommelwirbel für diese Placebo-Aktion. Faymann wird es Global 2000 und den Grünen sicher danken, dass sie in einer kritischen Situation Druck von ihm weggenommen haben, sich ernsthaft mit der EU-Atomlobby anlegen zu müssen. Er selbst fabulierte etwas von einem Europäischen Volksbegehren über den Atomausstieg – und wurde prompt von EU-Kommissionschef Barroso öffentlich belehrt, dass die EU-Kommission diese Initiative nicht einmal ignorieren werde, weil Begehren, die die Veränderung von EU-Verträgen zum Inhalt haben, im EU-Primärrecht schlicht und einfach nicht vorgesehen seien.

225 Gemeinden für “Raus aus EURATOM”.
  Die Forderung nach weltweitem oder europaweitem Ausstieg aus der Atomenergie ist natürlich richtig, sie ist aber heiße Luft, wenn man den ersten Schritt, den man selbst in diese Richtung gehen kann – Ausstieg aus EURATOM – unter den Tisch fallen lässt. Der Ausstieg aus EURATOM bleibt für uns daher mehr denn je auf der Tagesordnung. Dass mittlerweile 225 Gemeinden diese Forderung unter- stützen – über 30 sind seit dem Volksbegehren dazugekommen - stimmt uns optimistisch, dass diese Bewegung nicht aufzuhalten ist.

Zum jeweils aktuellen Stand der Gemeinden, die für "Raus aus E'URATOM!" sind, siehe http://www.raus-aus-euratom.at/