Gift und noch mehr Gift in den Ackerböden, der Umwelt, unseren Körpern. Statt aus den bereits sicht- und fühlbaren negativen Folgen für Mensch und Tier zu lernen und Umweltgift wie Glyphosat und Co zu verbieten und Lösungen wie z.B. die der Agrarökologie zu nutzen, hat die EU-Kommission nun entschieden, das – laut WHO – „wahrscheinlich krebserregende“ Pflanzengift Glyphosat für weitere 10 Jahre zuzulassen. Konzerninteressen haben in der EU wieder einmal Vorrang vor Gesundheit und Naturschutz.
Im Oktober gab es jedoch für den Antrag der EU-Kommission auf Neuzulassung von Glyphosat vorerst keine Mehrheit. Die Entscheidung wurde damit auf November verschoben, fehlt dann weiter eine Einigung, kann die EU-Kommission im Alleingang entscheiden.
In Österreich Teilverbot
In Österreich beschloss der Nationalrat im Frühjahr 2021, dass an sensiblen Orten wie Kinderspielplätzen, Parks, Einrichtungen der Altenbetreuung oder Gesundheitseinrichtungen, im Haus- und Kleingartenbereich Glyphosat nicht mehr verwendet werden darf. Jedoch in der Landwirtschaft, in der es bei weitem am häufigsten zum Einsatz kommt, und so in unsere Körper gelangt, bleibt es weiter erlaubt. Was für ein Zynismus.
Pestizid-Konzern mit großem Einfluss
Für Glyphosat gibt es zahlreiche Studien unabhängiger Wissenschaftler, die schädliche Auswirkungen auf die Biodiversität und die Umwelt belegen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertete dennoch eine weitere Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels in der EU als unkritisch, da die ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher – neben der Bewertung von Risiken für Wasserpflanzen, sowie die möglichen Folgen für den Artenschutz ungeklärt wären. Hierzu ließen die aktuell verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlüsse zu.
Trotz aller Wissenslücken dient die Einschätzung der EFSA der EU-Kommission als Grundlage für eine Entscheidung Glyphosat weitere 10 Jahre zuzulassen. Pikant: Pestizidhersteller sind maßgeblich beim Zulassungsverfahren beteiligt: Sie geben Studien zu ihren eigenen Wirkstoffen selbst in Auftrag und reichen die Daten an die EU-Behörden weiter. So auch die Glyphosate Renewal Group, ein Zusammenschluss mehrerer Pestizidhersteller unter Führung der Bayer Agriculture BV, einer Tochter des Bayer-Konzerns, die sich für die Verlängerung einsetzen.
Studien zurückgehalten
Geht es nach schwedischen Forschern, muss das EU-Zulassungsverfahren für Pestizide reformiert werden. Hintergrund ist ihre aktuelle Studie, die belegt: Agrochemie-Konzerne wie Syngenta und Bayer/Monsanto haben im EU-Zulassungsverfahren von diversen Pestizidwirkstoffen Studien zurückgehalten, die auf erhebliche Gesundheitsgefahren, deren Toxizität hinweisen. In den zurückgehaltenen Studien wurden etwa Entwicklungsstörungen bei Föten und Kindern festgestellt. Das zeigt nicht nur eine aktuelle Untersuchung der Universität Stockholm.
Schädigung des Gehirns
Die EU-Behörden behaupten, Glyphosat habe kein neurotoxisches Potenzial, also schädliche Auswirkungen auf das Nervensystem. Auch eine Metastudie spanischer Forscher widerlegt diese Aussage: Glyphosat hat unter anderem massive Auswirkungen auf die Weiterleitung von Nervenimpulsen. Entwicklungsneurotoxizitätsstudien wurden für dieses Pestizid bislang nicht durchgeführt. Eine kürzlich vorgelegte Folgestudie der Universität Ulm zeigt jedoch eine Reihe negativer Effekte: Die Tiere sind kleiner, ihre Bewegungsfähigkeit ist verändert, vor allem aber ist die Entwicklung ihrer Gehirne geschädigt.
WHO: „Wahrscheinlich krebserregend“
Als "wahrscheinlich krebserregend" war das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat übrigens vor acht Jahren von der WHO eingestuft worden. Krebskranke, die mit dem Herbizid in Kontakt gekommen waren, hatten teils erfolgreich gegen den Hersteller Bayer (ehemals Monsanto) prozessiert und in den USA mehrere Millionen Dollar Schadenersatz erstritten.
„Glyphosat ist nicht nur ein Risiko für Konsumentinnen und Konsumenten, sondern gefährdet auch die Artenvielfalt auf unseren Feldern. Es vernichtet gnadenlos Wildpflanzen und lässt damit Insekten und Vögel hungern“, so Foodwatch- Vertreterin Annemarie Botzki
Stellt sich die Frage: Wie schaffen wir es, alle Menschen gesund und ausreichend zu ernähren und dabei auch das Klima zu schonen?
Es geht auch anders!
Die Wissenschaftlerin und Umweltschützerin Vandana Shiva informiert in ihrem neuen Buch „Agrarökologie und echte regenerative Landwirtschaft – Nachhaltige Lösungen für Hunger, Armut und Klimaveränderungen“, dass es auch anders geht, und massenindustrielle Landwirtschaft die Menschen nicht - wie von der Industrie angekündigt - die Menschen ernähren kann.
Neben einer Analyse der aktuellen Krisen in den Bereichen Ökologie, Landwirtschaft und öffentliche Gesundheit bietet es evidenzbasierte Lösungen für die weltweit dringendsten Probleme, die von diesen Krisen genährt werden: Hunger, Armut und Klimawandel.
Zu diesen Lösungen gehören die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Methoden der Agrarökologie: eine regenerative Landwirtschaft auf Grundlage der biologischen Vielfalt, um Böden zu beleben und wieder mit Nährstoffen anzureichern, Wasser zu erhalten, die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen und die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. In ihrem Buch finden sich praktisches Wissen sowie handfeste Strategien, die die Zukunft der Landwirtschaft und nachhaltiger Ernährungssysteme sichern können.
Alternativen zur agrarindustriellen Herangehensweise:
- die Paired-Row-Technik, bei der beide Seiten der Ackerfurche bepflanzt werden, wodurch eine Furche zwei Reihen gleichzeitig bewässert, ergaben ca. 20 % Wasserersparnis und 15 % Steigerung der Ernteerträge.
- "Push and Pull" Feldfrüchte werden gemeinsam mit Pflanzen angebaut, die entweder unerwünschte Insekten abwehren oder nützliche anlocken.
- Anbau lokaler Sorten
- Schädlingsbekämpfung mit natürlichen Biopestiziden wie Knoblauch oder Tabak.
Es geht als auch anders - ohne Pestizide wie Glyphosat - stattdessen mit menschen-und umweltfreundlichen Methoden der Agrarökologie. Nutzen wir die Chancen die sich anbieten. Fordern wir die österreichische Bundesregierung auf,
- aus dem Teilverbot ein Vollverbot von Glyphosat und Pestiziden zu machen und agrarökologische Methoden, statt industrielle zu fördern
- Unterstützung für die Landwirte während der Übergangsphase
- Importverbot von glyphosathaltigen Produkten und Futtermitteln
Eveline Steinbacher
(November 2023)
Quellen: www.umweltinstitut.org, www.tagesschau.de, www.vandana-shiva.de