Auszüge aus dem aktuelle Klimaschutzbericht 2024 des Umweltbundesamtes, der zur Eile mahnt.


Wir wissen es: Für das Erreichen der Klimaziele und effektiven Klimaschutz sind die kommenden Jahre sehr entscheidend. Laut UN müssen in den 2020er Jahren die Weichen im Wesentlichen gestellt werden. Wie ist die Lage aktuell? In den vergangenen Jahren haben die Emissionen in Österreich tatsächlich etwas abgenommen. Diese Entwicklung muss aber beschleunigt werden, werden keine weiteren Maßnahmen geplant, droht allenfalls sogar das Gegenteil. Im aktuellen Klimaschutzbericht 2024 bekräftigt das Umweltbundesamt, dass 2025 „spätestens“ der Höhepunkt der Emissionen erreicht werden müsse. Nach wie vor sind die größten Verursacher von Treibhausgasen „Energie und Industrie“ (44,8 %), gefolgt vom Verkehrssektor (28,3 %). Für eine erfolgreiche Transition ist – wenig überraschend – ein „weitreichender Verzicht“ auf fossile Energieträger notwendig.

Kritik: Immer noch werden klimaschädliche Subventionen vorgenommen

Es ist absurd, doch nach wie vor gibt es Subventionen in beträchtlicher Höhe, die sogar das Gegenteil dessen fördern. Im Durchschnitt der letzten Jahre machten „klimakontraproduktive Subventionen“ laut dem Bericht in Österreich zwischen 4,1 und 5,7 Milliarden Euro aus. Der Großteil davon (61 %) entfielt auf den Verkehrssektor. Davon wiederum der größte Anteil auf die Förderung des motorisierten Individualverkehrs. Der Sektor mit den zweitgrößten kontraproduktiven Subventionen ist die Industrie. Die Landwirtschaft macht einen kleinen Anteil aus, wobei angemerkt wird, dass hier viele Folgen nicht berücksichtigt wurden. Entsprechend kritisiert auch der Rechnungshof, dass die Zusage, genau solche Subventionen endlich zu reduzieren, nicht eingehalten wurde, weil sich die Bundesregierung schlicht auf keine Verbindlichkeit festgelegt hat (Klimaschutz in Österreich; Follow-up-Überprüfung, S. 42).

Es ist klar, dass viele sinnvolle Klimaschutzprojekte sofort finanzierbar wären, wenn diese Form der Förderung eingestellt werden und die Gelder entsprechend umgeschichtet werden würden. Gleichzeitig wurden die Kosten durch wetter- und klimawandelbedingte Schäden etwa 2022 bereits mit zwei Milliarden Euro beziffert (ebd., S. 62). Sämtliche Ausgaben für „klimawandelbedingte Anpassung, fossile Importe und umweltschädliche Förderungen“ in Summe machten demzufolge sogar 15 Milliarden Euro aus. Diese Kosten werden erwartbar noch stark steigen, was zeigt, wie bei entsprechendem politischem Willen jederzeit Investitionen möglich sind.

Weitere Kritik des Rechnungshofes

Der Rechnungshof kritisiert im genannten Bericht noch Weiteres. Strategien und Maßnahmen der Bundesländer waren weder mit anderen Bundesländern noch dem Bund abgestimmt. Es wird bemerkt, dass Gesetze nicht zur Gänze realisiert wurden, einfache Maßnahmen wie eine Geschwindigkeitsreduktion im Verkehr nicht gesetzt wurden und dass das Vorhaben, neue Gesetzesentwürfe stets auf ihre Klimaverträglichkeit zu prüfen, ebenfalls nicht umgesetzt wurden. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass beim Abbau klimaschädlicher Subventionen „keine konkreten Maßnahmen“ getroffen wurden. Es wird kritisch hinterfragt, inwieweit die bisherigen Maßnahmen des Klimaschutzministeriums Treibhausgase reduzierten und darauf hingewiesen, dass der Abbau klimaschädlicher Förderungen Voraussetzung für Klimaneutralität ist.

Es betrifft uns direkt

Einige der im Klimaschutzbericht beschriebenen Folgen der Klimakrise hier in Österreich sind bereits hinlänglich bekannt: mehr Hitzetage, Ausbreitung allergener Arten, starke Lokalniederschläge, Humusabbau, erhöhtes Risiko von Muren, Waldbrandgefahr, Gletscherschmelze. Klarerweise betrifft all das in einigen Fällen auch die Infrastruktur. Im Jahr 2023 waren ja etwa einige Strecken durch Extremwettereignisse eingeschränkt benutzbar. Manche Risiken lassen sich schwer messen, etwa die Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Vielleicht weniger bekannt ist der Fakt, dass 2023 die Durchschnittstemperatur in Österreich bereits +2,5 Grad im Vergleich zum Zeitraum 1961 bis 1990 erhöht war. Das weist auf eine überproportionale Temperatursteigerung hin. Weitere Betroffenheit im Alltag resultiert aus gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreisen. Darüber hinaus betreffen die negativen Folgen der Erhitzung vor allem Menschen mit geringerem Einkommen, die in der Stadt, oft an Hitzehotspots, leben, während nachhaltige Lösungen, etwa Öffi-Ausbau, allen zugute kämen.

Globale Auswirkungen

Im Bericht des Umweltbundesamtes wird auch der Faktor Flucht genannt. Der Umweltbundesbericht nennt auch eine Zahl von bis zu 216 Millionen Menschen, die einer Studie der Weltbank zufolge womöglich bis zum Jahr 2050 aufgrund der Folgen der Klimakrise flüchten müssen. 80 Prozent davon wären demzufolge jedoch mit veränderten politischen Weichenstellungen vermeidbar. Eine konsequente Klimapolitik könnte Fluchtursachen wirklich verhindern.

Eine weitere Auswertung zeigt, dass Österreich nicht nur im Bereich Klima, sondern auch in anderen Aspekten die planetaren Grenzen deutlich überschreitet. Besonders deutlich ist dennoch, dass die Grenzen im Bereich Klima um das 8,4-fache überschritten werden. Bei der Ressourcennutzung ist es immerhin auch ein Faktor 3,5 – wobei es hier sicher viele Überlappungen gibt. Hinsichtlich Feinstaub beträgt der Faktor sogar 9,6 – eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs würde neben dem Aspekt des Klimaschutzes diesen Wert auch deutlich reduzieren.

Möglichkeiten der Transformation

Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass die notwendigen Investitionen, welche die Bundesregierung in den Bereichen Energie, Verkehr etc. tätigen müsste, um das Ziel der Klimaneutralität 2040 zu erreichen, jährlich zwischen 13,9 und 18,5 Milliarden Euro ausmachen würden (Klimaschutzbericht 2024, S. 64). Wenn man diese Zahlen vergleicht mit den genannten klimaschädlichen Subventionen (und den erwartbaren Kosten durch Umweltschäden), dann ist klar, dass dies – obwohl eine große Aufgabe – realistisch machbar ist.

Gleichzeitig würden solche Investitionen „zusätzliche heimische Wertschöpfung“ generieren und hätten somit „positive volkswirtschaftliche“ Konsequenzen. In der Berechnung wird davon ausgegangen, dass circa 70.000 Arbeitsplätze pro Jahr „gesichert oder neu geschaffen“ werden könnten. Speziell in Österreich stellt die Umweltwirtschaft bereits einen relevanten Anteil an der Wertschöpfung dar. (2020 waren 4,4 Prozent der Beschäftigten in diesem Bereich tätig, mehr als im Durchschnitt aller europäischen Staaten.) Spätes Handeln und Ausbleiben der Transformation bewirkt aber das genaue Gegenteil: Geld, das jetzt nicht investiert wird, wird dann künftig umso mehr für Wiederaufbau nach Naturkatastrophen benötigt und fehlt bei notwendigen Investitionen. In Anbetracht der Notwendigkeit des Handelns und dessen Möglichkeit ist klar, dass sofort gehandelt werden muss.

Einsatz für Klimagerechtigkeit

Dass Klimaschutz derzeit wenig Thema im öffentlichen Diskurs ist, ist auch ein Medienversagen. Reinhard Steurer, Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien: „Das größte Medienversagen unserer Zeit“. Es ist notwendig, dass die Folgen klar benannt werden und über Zusammenhänge statt über etwa isolierte Extremwetterereignisse berichtet wird. Die Möglichkeiten der Transformation könnten längst bekannt sein und es muss dementsprechend einen breiten öffentlichen Diskurs darüber und starken Einsatz für ihre Umsetzung geben.

Letztlich wird die Klimabewegung weiterhin dringend benötigt. Während die medienwirksamen Aktionen der Letzten Generation nicht mehr fortgeführt werden, werden neue Aktionsformen geplant. Demokratiepolitik und Klimaschutz werden mehr zusammen gedacht. Bedeutung bekommen werden auch verschiedene Formen der direkten Demokratie. Eine größere aktuelle Initiative ist „Wir fahren gemeinsam“, welche gemeinsam von System Change not Climate Change, Fridays for Future und der Gewerkschaft vida organisiert wird und sich für bessere Arbeitsbedingungen für Buslenker:innen einsetzt (um Ausweitungen des Angebots überhaupt möglich zu machen). Allgemein: Vernetzung zwischen Gewerkschaften und der Klimabewegung haben Potential, breitere Mobilisierung zu schaffen und den sozialen Aspekt des Klimaschutzes zu thematisieren.

Andreas Schütz
(aus Werkstatt-Blatt 4/2024)