«Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.» Weissagung der Cree-Indianer. Diese viel zitierte Weissagung könnten wir heute um: und wenn der letzte Boden vernichtet ist, ergänzen. Mehr zum Thema Boden, Klima ... in diesem Beitrag.

 Gesunder Boden ist Basis für die Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Menschen und so eine Aufgabe für Generationen, ihn zu erhalten. Doch er ist vielerorts in Gefahr.

Das Thema Boden ist wahrsten Sinne des Wortes „vielschichtig“ (Acker, Wiesen, Wald, Moore, ... ) und für alle Lebewesen dieser Erde überlebenswichtig. Verschwinden die fruchtbaren humosen Flächen, verschwindet alles Leben auf und unter der Erde. Diese wissenschaftliche Erkenntnis  ist für uns Grund genug die Serie: „Ohne Boden(leben) - kein Leben“ zu starten. Wir beschäftigen uns in den folgenden Ausgaben des Werkstatt-Blatts mit der Vielfältigkeit des Bodenlebens, den Schwierigkeiten, dem Erhalt der Biodiversität uvm. Wir berichten aber auch von Lösungsvorschlägen, die bereits vorhanden sind bzw. getestet werden. Nicht alles davon ist neu, einiges wird auch wieder entdeckt, wie u.a. Agrarforstsysteme. Außerdem wollen wir in Folge Betroffene selbst zu Wort kommen lassen.

 Ohne Boden(leben) - kein Leben

Boden ist der artenreichste Lebensraum der Erde. Er ist von unschätzbarem Wert - und für uns überlebenswichtig. Hier leben Bakterien, Pilze, Algen und Tiere. Diese bilden aus mineralischem Schutt fruchtbaren Boden, erneuern und erhalten ihn. Durch die Aktivität dieser Lebewesen entsteht die in der Landwirtschaft gewünschte nachhaltige natürliche Bodenfruchtbarkeit. Im Ackerbau ist für gesunden Boden auch wichtig, wie wir ihn bearbeiten. Mit Pflug oder Grubber. Der Pflug dringt tief in den Boden ein und bringt die tiefere Erde nach oben. Beim Grubbern wird die oberste Schicht des Bodens gelockert. So werden durch minimale Bodenbewegungen Bodenkrümel, -poren, -mikrobiologie und -humus erhalten. Durch eine permanente Mulchdecke aus Pflanzenresten kann der Boden vor Sonne, Wind und Regen geschützt werden.

Für eine maximale Diversität braucht es viele verschiedene Pflanzen, die miteinander oder nacheinander wachsen. Durch Weidetiere wird auf Herbst- und Winterweiden mit Zwischenfrüchten die biologische Aktivität und der Nährstoffkreislauf im Boden verbessert.

Naturvölkern sind Bäume, Tiere, Pflanzen und Boden heilig -  andere treten ihn mit Füßen und sehen darin nur Flächen, um Profit zu machen. Der Boden wird durch Chemikalien und Schwermetalle kontaminiert, er wird versiegelt und durch industrielle landwirtschaftliche Nutzung mit Kunstdünger und Pestiziden langfristig geschädigt - Gewinn kommt vor Umwelt- und Menschenschutz. Eine kurzsichtige Handlungsweise. Auch kommende Generationen brauchen eine gesunde Umwelt, so sie überleben sollen.

Auf nicht biologisch regenerativ bewirtschafteten Flächen kommen seit der Bewirtschaftung großer Agrarflächen ab Mitte des letzten Jahrhunderts zunehmend immer mehr Kunstdünger und Pestizide zum Einsatz. Der Boden, das Bodenleben und die Artenvielfalt im und auf dem Boden wird durch Ackergifte reduziert. Vier Millionen Pestizide werden weltweit ausgebracht und die Menge steigt an. Die wichtigen bodenbildenden Organismen sterben ab. Der Boden erodiert. Starkregen und Stürme tragen dann fruchtbare humose Erde davon, die  u.a. in unseren Flüssen und Meeren landet. Außerdem erkranken laut einer Studie unglaubliche 385 Millionen Menschen pro Jahr an Pestizidvergiftungen und bis zu 11.000 sterben daran.

 Bodenerosion

Versiegelung

Versiegelung ist eine besonders schwerwiegende Art von Bodeninanspruchnahme. Unter Bodeninanspruchnahme versteht man den Verlust biologisch produktiven Bodens (durch Verbauung für Siedlungs- und Verkehrszwecke, aber auch durch Veränderung für intensive Erholungsnutzungen, Deponien, Abbauflächen, Betriebsanlagen und ähnliche Intensivnutzungen), der damit für die land- und/oder forstwirtschaftliche Produktion und als natürlicher Lebensraum nicht mehr zur Verfügung steht.

18 (!) Fußballfelder Boden werden täglich durch Versiegelung vernichtet. Mit einer Bodenversiegelung von rund 13 Hektar täglich ist Österreich „Europameister“ im Verschwenden seiner Grünflächen. Statt bereits versiegelte Flächen zu nutzen, verschwinden immer mehr wertvolle Böden - unsere Schätze - für Straßen und Bauwerke, wie vorhin angeführt, unter wasserundurchlässigen Flächen.  Das bedeutet, dass der Boden keinen Niederschlag mehr aufnehmen kann und viele der dort normalerweise ablaufenden Prozesse gestoppt werden. Lebensraum für Bodenlebewesen und Pflanzen geht verloren. Laut WWF verschwindet in Österreich täglich der Lebensraum von über 11 Millionen Regenwürmern unter einer Betonschicht oder wird zerstört. Das Fehlen von Versickerungsfläche erhöht außerdem die Hochwassergefahr.

Das European Soil Data Center schätzt, dass derzeit 61 % der Böden durch Erosion, Verdichtung, Humusverlust, Biodiversitätsverlust, Nährstoffüberversorgung, Versalzung, Schwermetallbelastung oder Versiegelung gefährdet sind.

Aber, wie Höderlin sagt: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“.

Langsam wächst, wegen der Auswirkungen der Klimaveränderung - vor der Klimaforschende wie Helga Kromp Kolb seit Jahrzehnten warnen -  bei uns endlich das Bewusstsein und die Erkenntnis über die Wichtigkeit des Bodens, seiner Funktion bei der CO2 Bindung und der eines gesunden Bodenlebens, sowohl für die Nahrungsmittelgewinnung und Sicherung als auch fürs Klima. Die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und der Umwelt ist eng miteinander verbunden und voneinander abhängig.

Immer mehr Menschen engagieren sich. LandwirtInnen und ForscherInnen arbeiten teils bei Projekten zusammen. An Universitäten wie der Universität für Bodenkultur  in Wien beschäftigen sich ProfessorInnen und ihre StudentInnen mit den komplexen Funktionen des Bodens in Agrarökosystemen, dem Zustand der Böden und wie sie erhalten und verbessert werden können - theoretisch wie im Feldversuch.

 CO2 Bindung durch Humusaufbau

Der Erdboden spielt hinsichtlich des Klimaschutzes eine tragende Rolle, denn er bindet große Mengen Kohlenstoff (C). Entweicht dieser, entsteht in Verbindung mit Sauerstoff (O2) daraus das Treibhausgas CO2.

Derzeit ist der Zustand der Böden weltweit äußerst schlecht. Humus geht verloren, die Fruchtbarkeit des Bodens sinkt und der gebundene Kohlenstoff vergast auf Grund von falscher Bewirtschaftungsweise in die Atmosphäre Es braucht auch neue Bewirtschaftungsstrategien zur Regeneration des Ökosystems Boden für die Anpassung der Landwirtschaft an die Herausforderungen des Klimawandels. Es braucht aber auch einen Stopp der Ursachen der Bodenzerstörung und der Befeuerung des Klimawandels.

Boden hat viele wichtige Funktionen, die zeigen, dass seine Zerstörung dringend gestoppt oder zumindest gebremst werden sollte. Denn in einem Punkt sind sich alle Experten absolut einig: Boden, der zerstört wurde, kann vom Menschen nur über eine sehr langen Zeitraum wiederhergestellt werden. „Wenn man weiß, dass die Produktion von einem Zentimeter humusreichem Oberboden hundert Jahre dauert, kann man sich vorstellen, wie lange es dauert, eine dünne Schicht von 20 Zentimetern zu erzeugen“,

Eveline Steinbacher

(Werkstatt-Blatt 1/2024)


 Quellen

https://noe.orf.at/stories/3115797/

https://www.boell.de/de/2024/01/09/12-kurze-lektionen-ueber-boeden

https://www.wwf.at/artikel/bodenverbrauch-in-oesterreich/

https://boku.ac.at/fileadmin/data/H03000/H95000/H95100/pdf/Die_Landwirtschaft_Dez._2020.pdf

https://boku.ac.at/bodenpioniere