Fruchtbarer Boden ist die Basis unseres Lebens, er sichert uns Nahrung jetzt und in Zukunft. Neben der Folgen der industriellen Landwirtschaft gefährdet ein weiterer Faktor unsere Lebensgrundlage Boden - Krieg. Dieser schädigt die Umwelt und verstärkt den Klimawandel. Hier Teil 3 der Serie Boden Leben
Unversiegelte, gesunde Böden liefern Nahrung, sichern die Artenvielfalt, bieten Erholungsräume und mildern die Folgen des Klimawandels. Fruchtbarer Boden ist die Basis unseres Lebens, er sichert uns Nahrung jetzt und in Zukunft. Warnrufen aus der Wissenschaft zum Trotz werden in Österreich weiterhin Pestizide eingesetzt und täglich mehr als 11 Hektar Flächen, Äcker und Wiesen, durch Verbauung zerstört, vor allem in stadtnahen Gebieten. Österreich hat in den letzten 25 Jahren rund 150.000 Hektar Acker- und Grünland verloren – das entspricht der gesamten Ackerfläche des Burgenlands. Durch diese grob fahrlässige Umweltzerstörung werden nicht nur die heimische Lebensmittelversorgung und das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen gefährdet. Auch Überschwemmungsschäden wie wir sie heuer erlebten nehmen massiv zu, da Wasser bei Starkniederschlägen nicht versickern kann. Frost, Hagel, Sturm, Überschwemmung und vor allem Dürre verursachten heuer, lt. Hagelversicherung, einen Gesamtschaden in der österreichischen Landwirtschaft von rund 250 Millionen Euro. Sorgsamer Umgang damit Böden fruchtbar und Gesund bleiben, bzw. sie wieder herzustellen und weitere Bodenzerstörung zu verhindern, ist daher wichtiger denn je.
Boden im Krieg
Es gibt aber noch einen Treiber der Bodenzerstörung. Nämlich den Krieg. Im 20. Jh. nahm die Umweltzerstörung durch Kriege extreme Formen an, z.B. durch den Einsatz von Giftgas oder Atomwaffen. In heutigen Konflikten sorgen vor allem Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei und ein hoher CO2-Ausstoß durch Fahrzeuge und Flugzeuge für Umweltschäden. Methoden der modernen Kriegsführung schädigen die Tierwelt und die Artenvielfalt unmittelbar und verseucht Gewässer, Boden und Luft. Die jüngste UN-Schätzung geht davon aus, dass allein der Krieg in der Ukraine direkte Schäden in Höhe von 152 Milliarden US-Dollar verursacht hat und die Kosten für den Wiederaufbau auf fast 500 Milliarden angewachsen sind. Die Kosten für den Wiederaufbau des Gazastreifens werden auf über 80 Milliarden Dollar geschätzt.
Bereits beim Abbau der Rohstoffe, bei der Herstellung der Waffen, beim Einsatz und nach Kriegsende werden Umwelt und Menschen mit Giften belastet. Böden, landwirtschaftliche Flächen werden kontaminiert. Waffenrückstände (Bomben, Minen, Munition ...) werden zur Gefahr für Mensch und Tier führen zum schwinden der Arten. Neben Militärbetrieb (ein Panzer benötigt z.B. das 100! fache an Kraftstoff eines PKWs), Rüstungsindustrie und den eskalierenden Kriegen gibt es eine Reihe zusätzlicher Faktoren im Rahmen der Militarisierung, die sich auch auf die Klimabilanz negativ auswirken so z.B. die CO2 Belastung für den Wiederaufbau durch Kriege zerstörter Infrastrukturen und Landschaften.
Bei der Klimakonferenz in Kyoto 1997 wurde kurioserweise beschlossen, dass der militärische Komplex bei der CO2 Bilanzierung vollkommen unberücksichtigt bleibt (?!). Lt. Schätzungen der Forschung schwanken diese derzeit zwischen 5 und 10 Prozent der weltweiten CO2 Bilanz. Die Steigerungen der Emissionen allein für den Militärbetrieb von NATO und Deutschland im vergangenen Jahr gegenüber 2022 sind brisant. NATO 15%, Deutschland 55%!
Kontaminierte Böden
Besonders heimtückisch in Kriegen ist neben Minen und Splitterbomben der Einsatz von Uranmunition, die die Böden für lange Zeit verseucht und Lebewesen krank macht. Die chemische Toxizität von DU (depleted uranium) ist besonders besorgniserregend. Forscher des Asic et al. betonen, dass DU-Partikel, wenn sie einmal in die Umwelt gelangt sind, lange Zeit bestehen bleiben und Böden und Wasser kontaminieren können, die für die Landwirtschaft wichtig sind. Diese anhaltende Kontamination kann zu einer höheren Uranaufnahme durch Pflanzen und Tiere führen, wodurch die Nahrungskette unterbrochen und die biologische Vielfalt beeinträchtigt wird. Die Tatsache, dass DU sowohl chemisch giftig als auch radioaktiv ist, birgt langfristige Risiken für Ökosysteme und damit auch für uns Menschen.
Die wissenschaftliche Forschung liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie Uran die Landwirtschaft beeinflusst. So fanden Mordberg et al. heraus, dass hohe U-238 Konzentrationen im Boden die Ernteerträge verringern. Wird Mais und Gerste auf kontaminierten Böden angebaut hemmt es dessen Wachstum. Die Gesamterträge sinken aufgrund der Toxizität des Radionuklids für die Wurzelsysteme, ein deutlicher Rückgang der Biomasse und der Getreideproduktion ist ebenfalls zu verzeichnen. Das zeigt die schädlichen Auswirkungen von Uran auf die Gesundheit der Pflanzen, die Uran während ihrer Wachstumsstadien in unterschiedlichem Maße aufnehmen, wobei Hafer und Gerste die höchsten Akkumulationsraten aufweisen.
Als Folge des Einsatzes von DU im Irakkrieg zeigen Studien von Razaq et al. im Irak eine schwere Bodenkontamination, eine geringere landwirtschaftliche Produktivität und langfristige Gesundheitsprobleme bei der lokalen Bevölkerung. Auch in Bosnien, Kosovo und Serbien verschossen die Alliierten tonnenweise Uranmunition und warfen Bomben.
Auswirkung auf die Menschen
Im Bosnienkrieg wurde 1995 die kleine serbische Stadt Hadzici, 15 km entfernt von Sarajewo, mit Uranbomben vom Typ GBU 28 bombardiert. Die Serben siedelten die 3500 Einwohner*innen von Hadzici in das weit entfernte Gebirgsstädtchen Bratunac um. Aber es war zu spät, denn viele dieser Menschen hatten sich schon kontaminiert und in den folgenden fünf Jahren starben 1112 von ihnen an aggressiven Krebserkrankungen.
In der afghanistischen Hauptstadt Kabul, mit annähernd 3,5 Millionen Einwohnern fanden Forscher des „Uranium Medical Research Center“ UMRC die höchste registrierte Anzahl an unbeweglichen Zielen, die während des „War on Terror“ der USA, bei der Operation Enduring Freedom 2001, beschossen worden waren. Die Forscher dachten in den von ihnen genommen Urin- und Bodenproben Spuren von abgereichertem Uran zu finden, wie zuvor im Irak. Aber anders als im Irak zeigten die UMRC-Laboruntersuchungen aus Afghanistan hohe Konzentrationen von nicht abgereichertem Uran, sogenanntem „jungfräulichem Uran“ (U 236). U 236 kommt in der Natur nicht vor und entsteht erst in der Wiederaufbereitung von Brennstäben aus den Atomkraftwerken. Deshalb war die Kontamination viel höher als bei den Opfern des abgereicherten Urans im Irak. Die getesteten Menschen aus Jalalabad und Kabul zeigten Uran-Konzentrationen, die 400 Prozent bis 2000 Prozent über denen lagen, die in normalen Populationen vorkommen. Mengen, die nie zuvor in Untersuchungen an Zivilisten gemessen worden waren. Warum? Afghanistan wurde laut UMRC 2001 als Testfeld für eine neue Generation bunkerbrechender Uranbomben benutzt.
Überall, wo sich Uran 238 ablagert kann es zu folgenden Krankheiten kommen: einem Zusammenbruch des Immunsystems wie bei Aids mit ansteigenden Infektionskrankheiten, schweren Funktionsstörungen von Nieren und Leber, hoch aggressiven Leukämien und anderen Krebserkrankungen, Störungen im Knochenmark sowie genetischen Defekten und Missbildungen mit Aborten und Frühgeburten bei Schwangeren, wie wir es schon nach den Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki und der Tschernobyl- und Fukushima-Katastrophe erlebt haben. Die ärztliche Friedensorganisation Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) fordert zusammen mit der Internationalen Koalition zur Ächtung von Uranmunition (ICBUW) seit langem die weltweite Ächtung dieser Waffe.
Die weltweite Bereitstellung der »militärischen Sicherheit« verbraucht große Mengen an monetären, intellektuellen und natürlichen Ressourcen, die dringend für Klimaschutz, zur Erreichung von friedlichen Konfliktlösungen und der Schaffung sozialer Gerechtigkeit benötigt werden.
Die Schaffung sozialer Gerechtigkeit, die Absage an alle imperialen Kriege und Kriegsvorbereitungen, die Verhinderung dieser, sowie die Befreiung von jeglicher hegemonialer Unterdrückung sind unabdingbar für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel und um fruchtbare Böden für uns alle zu erhalten. Nutzen wir unsere Ressourcen um Leben zu erhalten statt zu vernichten.
Eveline Steinbacher
(Werkstatt-Blatt 3/24)
Quellen
- https://de.euronews.com/2024/04/22/sipri-militaer-ausgaben-ruestung
- https://www.pressenza.com/de/2024/09/krieg-toetet-nicht-nur-die-menschen-sondern-zerstoert-auch-die-umwelt-und-unsere-lebensgrundlagen/
- https://www.icbuw.eu/moegliche-schaedliche-auswirkungen-des-einsatzes-von-du-waffen-im-ukraine-krieg-auf-die-landwirtschaft/
- https://www.sciencedirect.com/book/9780123694133/handbook-on-the-toxicology-of-metals
- https://pubs.geoscienceworld.org/minersoc/minmag/article-abstract/65/1/81/139995/Mineralogy-and-geochemistry-of-trace-elements-in?redirectedFrom=PDF
- https://www.hintergrund.de/globales/kriege/tabuthema-depleted-uranium-ein-gespraech-mit-frieder-wagner/
- https://www.telepolis.de/features/Globale-Konflikte-2024-Wenn-die-Welt-in-Flammen-steht-10107432.html?seite=2
- https://uploads.guim.co.uk/2024/11/20/Global_conflict_zones_grow_by_two_thirds_since_2021,_topping_6_million_km2_-_Report.pdf