Terminkalender

Seminar Politische Theorie
Vom Donnerstag, 5. Januar 2017 -  15:00
Bis Sonntag, 8. Januar 2017 - 13:00

Seminar Politische Theorie, 5. – 8. Jänner 2016, Liebenau, OÖ

Ort: Naturhof Berger (www.naturhof-berger.at), Kienau 15, 4252 Liebenau

Gemeinsame Selbstversorgung, Bettwäsche oder Schlafsack mitnehmen

TeilnehmerInnenbeitrag: Eur 30,-

Wahrscheinlich war es gar nie weg, das Politische. Es hat sich mitunter nur etwas im Hintergrund gehalten, während sich Begriffe wie neoliberale Globalisierung, offene Gesellschaft u. a. als Allegorien der neuen Zeit auf der Bühne inszenierten. Mittlerweile steht es wieder an der Rampe und zeigt, was es alles kann; im Guten wie im Schrecklichen. Populismus und Identität – mit diesen beiden Begriffen versucht die akademische Systemlogik die aktuellen politischen Verwerfungen zu begreifen. Der fundamentale Mangel dieser Deutungen wird nur deshalb nicht wahrgenommen, weil ein ganzes Heer von FeuilletonistInnen uns in der Zwischenzeit genau mit diesen Begriffen die Ohren verstopft.

Systemoppositionelle haben nie aufgehört, an die Gestaltungskraft des Politischen zu glauben. Im Guten. Die Widersprüchlichkeit der im gesellschaftlichen Prozess aufeinander treffenden Interessen entblößt bei nur etwas näherer Betrachtung die Vernunft der neuen Weltordnung als interessegeleitete Propaganda. Es gelte die Interessen sichtbar zu machen. Darauf könne eine gute Politik gründen. Eine gute Politik würde so nicht nur die Fähigkeiten der Gesellschaft, menschlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, vergrößern, sondern auch Bedürfnisse mit diesen Fähigkeiten in Einklang bringen. Doch auch um den Glauben an sein Gutes scheint sich das Politische wenig zu scheren. Es möchte kein Kind von Widersprüchen sein. Schlagartig verwandelt sich der lustige Clown, der noch eben die Frohbotschaft verkündet hat, in ein Monster, von dem niemand weiß, warum es uns bedroht.

Bei unserem Seminar wollen wir gemeinsam prüfen, ob es sinnstiftend ist, eine Politische Theorie zu entwickeln. Wir müssen dafür sowohl die Schemata einer systemlogischen Politologie hinter uns lassen, die den realen politischen Prozess nur als Krankheit fassen kann, als auch die Schranken einer ökonomistischen Betrachtung und völlig neues Terrain beschreiten. Bereits bei unserem Ökonomieseminar im Frühjahr haben wir erarbeitet, dass nicht die Ökonomie ein gesellschaftliches System generiert, sondern der gesellschaftliche Prozess ökonomische Systeme, die gesellschaftlicher Macht unterworfen bleiben, auch wenn sie diese nachhaltig verändern. Der Kategorie, gesellschaftliche Macht, konnten wir dabei nicht auf den Grund gehen. Beim Philosophieseminar im Sommer haben wir entlang Marxens Thesen über Feuerbach versucht, uns einem neuen Verständnis des menschlichen Subjekts zu nähern: menschlich-gesellschaftliche Praxis als Einheit und Kampf von Eingreifen und Begreifen. Der Torso, den wir dabei vorgefunden haben, steht in eklatantem Widerspruch zum Anspruch, damit alle Mysterien der Welt aufgelöst zu haben.

Eine Politische Theorie bedarf einer Theorie des menschlichen Subjekts. Mitunter lässt sich diese jedoch nicht entwickeln, wenn dieses Subjekt nicht gleichzeitig auch als politisches Subjekt begriffen wird. Von diesem Knoten wollen wir ausgehen. Entlang der Dialektik von Körper und Strom, Bestimmtheit und Offenheit, Transzendenz und Endlichkeit werden wir weitergehen zur Dialektik von Prozess und Ereignis, Gewalt und Macht, Werte und Interessen, Staat und Nation, Gut und Böse.

Boris Lechthaler