Rede von Andrea Mayer-Edoloey (Solidarwerktatt) bei der Kundgebung der Plattform für bedarfsgerechte Persönliche Assitenz am Linzer Taubenmarkt (19.1.2015).
Liebe Freundinnen und Freunde!
Heute stehen wir hier am Taubenmarkt für Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen. Wir stehen hier für soziale Rechte. Es ist uns wichtig, möglichst viele Menschen über die reale Situation zu informieren und sie einzuladen ihre Solidarität zu zeigen. Wir protestieren gegen endlos lange Wartelisten. Auf Persönliche Assistenz, Wohnplätze oder mobile Betreuung.
Wir protestieren gegen den schönen Schein. Gegen geduldiges Papier in Form des Chancengleichheitsgesetzes in OÖ. Wir protestieren gegen die Ignoranz der Politik. Wir verlangen eine Politik, die sich an den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen orientiert. Und zwar nicht als Vertröstung irgendwann. Sondern sofort! Und nicht als Almosen, sondern als garantiertes Recht!
Noch haben wir viele soziale Leistungen in unserem Land. Diese sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern wurden von den Menschen erkämpft.
In den letzten Jahren wird systematisch versucht, den Sozialstaat abzubauen, zurückzudrängen. Gespart wird da, wo es am leichtesten geht. Und es wird versucht uns einzureden, dass der Staat sparen muss. Da wird ein Sachzwang konstruiert: Der Staat, die Wirtschaft funktioniert eben so.
Wir lassen uns aber nicht belügen: wir wissen, es ist genug Geld da. Es ist nur die Frage wie es verteilt wird.
Wir brauchen mehr Sozialleistungen, nicht weniger. Persönliche Assistenz ist ein gutes Beispiel dafür, dass es längst gute Konzepte gibt, wie allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben innerhalb einer solidarischen Gemeinschaft ermöglicht werden kann. Am Wissen scheitert es nicht, nicht mal bei den meisten unserer PolitikerInnen - es scheitert am politischen Willen und am Geld.
Ich denke auch innerhalb des Budgets des Landes Oberösterreich sind genug Möglichkeiten vorhanden, Gelder anders zu verteilen. Wir wollen mehr Geld für die Lebensqualität aller Menschen anstatt für Prestigeprojekte!
Doch realistisch gesehen, sind auch die Spielräume der Kommunen, Länder und des Bundes beschränkt. Denn Österreich hat sich seit dem Beitritt zur Europäischen Union und ganz besonders mit der Ratifizierung des Fiskalpaktes der EU einem rigiden Sparzwang unterworfen. Mit den Budgets 2016 wird dieser EU-Fiskalpakt relevant. Es wundert mich darum nicht, dass ich von vielen sozialen Initiativen höre, dass sie doch Einsparmöglichkeiten fürs nächste Jahr vorschlagen mögen. Als ob da je zuviel Geld vorhanden gewesen wäre – das Gegenteil ist der Fall! Wenn wir soziale Sicherheit für alle Menschen haben wollen, dann müssen mit dieser Logik der EU brechen.
Wir verlangen von den PolitikerInnen: eine unbedingte Priorität für das gute Leben aller Menschen statt Unterordnung unter Profitinteressen einiger weniger. Realistisch wissen wir, dass wir von den meisten PoltikerInnen schöne Sonntagsreden zu erwarten haben, dann aber nicht viel passiert.
Wer vorgibt, für soziale Rechte einzutreten, darf nicht nur A, sondern muss auch B sagen. Es gilt die Vorraussetzungen für den Ausbau des Sozialstaats wieder zu schaffen: Das ist die Wiederherstellung der Souveränität über die Budgets in Österreich. Denn es kann ja nicht sein, dass statt bei Menschen mit Behinderungen bei Flüchtlingen gespart wird – oder bei Obdachlosen – oder bei Menschen, die gerade keine Arbeit haben.
Nein! Wir lassen uns nicht ausspielen. Es geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern es geht uns um soziale Rechte für alle, die es brauchen.
Wir protestieren heute hier, weil wir wissen, dass nur unser Druck etwas ändern wird. Es ist nicht das erste Mal und es wird vermutlich auch nicht das letzte Mal sein.
Nicht nur daheim zu sitzen und zu jammern, dass alles so schlecht ist, sondern im öffentlichen Raum für legitime Forderungen einzutreten, ist ein Akt der Selbstbestimmung. Von jedem einzelnen von uns, der oder die hier heute mit dabei ist.
Und darum geht es uns: Selbstbestimmung! Danke, dass ihr mit dabei seid!