Voraussichtlich im Frühjahr 2022 wird über einen neuen „Deckel“ für die Gesundheitsausgaben zwischen Bund und Ländern für die nächsten fünf Jahre verhandelt. Da sich diese Obergrenzen an der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts orientieren müssen, drohen aufgrund der Coronakrise empfindliche Einschnitte im Gesundheitsbereich. Das unterstreicht die Absurdität dieser Deckelung. Denn gerade Corona hat gezeigt hat, wie wichtig eine gute Gesundheitsversorgung ist. Schon jetzt fehlt es im Gesundheitsbereich an allen Ecken und Enden. Sagen wir daher: Weg mit dem Deckel!

Erinnern wir uns zurück: 2012 wurde der EU-Fiskalpakt beschlossen, der der EU-Kommission neue Instrumente zur Hand gab, die Budgetpolitik der Mitgliedsstaaten zu bevormunden. Österreich befand sich im Defizitverfahren der EU. Die EU-Kommission stellte Bedingungen dafür, Österreich aus diesem Defizitverfahren zu entlassen. Eine davon: den Zuwachs der Gesundheitsausgaben zu drosseln. Österreich beschloss darauf hin in einer sog. Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern eine „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben“. Die Gesundheitsausgaben dürfen seither nicht mehr als die durchschnittliche Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wachsen.

Das blendet aus, dass es in Österreich immer mehr ältere und pflegebedürftige Menschen gibt, sodass der Aufwand für Behandlungen und Pflege überdurchschnittlich ansteigt. Auch neue medizinische Behandlungsmethoden lassen die Kosten steigen. Die Ärztekammer hat bereits im Jahr 2012 davor gewarnt, dass diese „Gesundheitsreform“ zu Kürzungen in der Höhe von 11 Milliarden bis 2020 gegenüber dem Ausgabenpfad ohne Deckelung führen werde. Tatsächlich sind in diesem Jahrzehnt besorgniserregende Entwicklungen im Gesundheitsbereich eingetreten. Einige Zahlen:

  • Von 2009 bis 2019 sank die Gesamtzahl der Spitalsbetten um über 6% je EinwohnerInnen, die Zahl der Akutbetten – gerade in der jetzigen Corona-Krisensituation besonders bedeutend – um sogar 15% (sh. Grafik). In absoluten Zahlen: Zwischen 2009 und 2019 wurden österreichweit 5.025 Akutbetten abgebaut.

Grafik 2 Betten

  • Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit Kassenvertrag ist im letzten Jahrzehnt um 380 gesunken, obwohl die Bevölkerung seither deutlich gestiegen ist. Kamen 2009 rd. 980 Menschen auf eine/n Kassenarzt/-ärztin, so sind es Ende 2020 bereits 1.094 gewesen.

Grafik 1 Kassenaerzte

  • Die Zahl der landesgesundheitsfonds-finanzierten Krankenanstalten ist deutlich gesunken: von 131 (2009) auf 112 (2019) – ein Minus von fast 15% in einem Jahrzehnt!

Grafik 3 Krankenanstalten

  • Inflationsbereinigt sind die Pflegeausgaben pro Kopf der Bevölkerung, die 75 Jahre und darüber ist, sind seit 2012 um 15% gesunken. (1)

Pflegenotstand Fiskalpakt mit Grafik

Diese Entwicklung macht sich bemerkbar in langen Wartezeiten auf notwendige Operationen und Untersuchungen, vollen Wartezimmern bei Kassenärzten, dem zunehmenden Ausbrennen von Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich, dem schleichenden Einzug einer Zwei-Klassen-Medizin.

Verhandlungen im Herbst

Der prozentuelle Deckel der Gesundheitsausgaben wird alle fünf Jahre neu zwischen Bund und Länder ausverhandelt, um die Obergrenzen an die jeweilige Entwicklung des BIP anzupassen. Eigentlich hätten die Verhandlungen dazu bereits im Herbst 2021 stattfinden müssen, um den Deckel für die nächsten fünf Jahr (2022 bis 2026) neu zu verhandeln. Aufgrund von Corona wurde das auf 2022 verschoben. Aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs durch Corona droht eine noch rigidere Deckelung der Gesundheitsausgaben als bisher. Das ist besonders absurd: Denn gerade Corona hat gezeigt, wie wichtig in solchen Pandemien ein gut ausgebautes Gesundheitswesen einschließlich genügend Spitalsbetten sowie ausreichendem Personal in der Pflege ist. Schon vor der Pandemie hatten wir 20% zu wenig Spitalspersonal. Ein hoher Anteil der über 10.700 Corona-Toten in Österreich ist auf die prekäre Situation in den Pflegeheimen zurückzuführen.

Petitionen unterstützen!

Die Solidarwerkstatt Österreich fordert daher die sofortige Aufhebung der Deckelung der Gesundheitsausgaben. Die Ausgaben müssen sich am realen Bedarf und nicht an technokratischen Obergrenzen orientieren. Wir brauchen eine deutliche Aufstockung der Kapazitäten im Gesundheits- und Pflegebereich, wie auch die Berichte von BetriebsrätInnen zeigen (sh. diese Seite).

Petitionen, die die Aufhebung der Deckelung der Gesundheitsausgaben fordern, können hier unterstützt werden:
   > An den Nationalrat: hier unterstützen
   > An OÖ-Landtag: hier unterstützen
  
> An Wiener-Landtag: hier unterstützen!
   > An den Steirischen Landtag: hier unterstützen!

Weitere Petitionen auf Länderebene sind in Vorbereitung. Wir freuen uns über Kooperationen! Rückmeldung an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.