ImageIm Gefolge der polizeilichen Räumung des Audimax kam und kommt es zu zahlreichen Protestaktionen. Doch trotz des Einsatzes staatlicher Gewaltmittel wird die Liste der Erfolge der Studierendenbewegung immer länger. Und die Bewegung geht weiter - Aktionen anlässlich des EU-Bildungsministergipfels in Wien und Budapest im März 2010 stehen als nächstes auf der Tagesordnung.


Am Montag, 21. Dez. 2009 wurde frühmorgens überfallsartig das Audimax der Universität Wien auf Anweisung des Rektorats polizeilich geräumt. Im Gefolge kam und kommt es zu zahlreichen Protestaktionen (siehe: http://unsereuni.at ). Vermutet wird, dass die polizeiliche Räumung direkt auf politischen Druck aus der ÖVP-Zentrale und mangelnde Rückendeckung durch die SPÖ-Führung zurückzuführen ist. Der direkte Zugriff auf staatliche Gewaltmittel, der schon seit Wochen von dieser Seite gefordert wird, erfolgt, nachdem sich deren studentische Marionettenfraktion völlig ins Abseits manövriert hatte und kaum mehr Einfluß auf die Studierenden hat. Bereits vor Wochen hat die ÖVP-Aktionsgemeinschaft gemeinsam mit deutschnationalen Rechtsextremen (Arminia Czernowitz) unter der Losung, „Studieren und Verhandeln statt Blockieren!“ gegen die Basisaktivitäten der StudentInnen gehetzt.

Liste der Erfolge der Bewegung wird immer länger!


Während diese für die Regierung entgegen studentischer Interessen die Mauer machten, wird die Liste der Erfolge der Studierendenbewegung immer länger. Das beginnt mit den, wenn auch noch bescheidenen zusätzlichen finanziellen Mitteln für die Unis (36 Mio EUR), geht aber in der Zwischenzeit weit darüber hinaus.


An der JKU-Linz wurde in Solidarität mit den BesetzerInnen des Audimax der HS1 für weitere 24 Stunden besetzt. Über die im Gefolge am Die, 22. 12. 2009 stattgefundenen Verhandlungen mit Rektor Hagenauer und Vizerektor Kalb wird in einer Aussendung berichtet:  „Die heutigen Verhandlungen zwischen den BesetzerInnen der JKU Linz, dem Rektorat, VertreterInnen der ÖH und Lehrenden waren sehr konstruktiv und bilden den Anfang eines Diskussionsprozesses, der im laufenden Semester und darüber hinaus fortgesetzt werden wird. Ein gemeinsames Vorgehen gegen die Unterfinanzierung des Bildungsbereiches durch das Bundesministerium wird von allen Seiten angestrebt. Weiters zeigte sich das Rektorat dem Vorschlag der BesetzerInnen und der ÖH gegenüber, das zukünftige Universitätsbudget partizipativ zu verteilen, aufgeschlossen. Außerdem haben wir BesetzerInnen vom Rektorat einen Raum zugesprochen bekommen (K033C), in dem wir unseren Protest vernetzen und an Konzeption und Umsetzung der von uns geforderten „kritischen Lehre“ arbeiten. Darunter verstehen wir ein frei zugängliches Lehrangebot, bestehend aus Vorlesungen, Seminaren, Forschungspraktika, Diskussionsrunden etc., das auf eine reflexive (hinterfragende) Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschafts- und bildungspolitischen Themen abzielt. Alle Beteiligten sprachen sich gegen Knock-Out-Prüfungen aus. Ein Numerus Clausus als Zugangsbeschränkung auf Basis des Notendurchschnitts beim Masterstudienzugang wurde ebenso ausgeschlossen. Aus den besetzten Hörsälen HS1, HS3 und der Halle C ziehen wir uns zurück, um in den neuen Raum zu übersiedeln. Die heutige konstruktive Diskussion in Linz beweist, dass eine voreilige polizeiliche Räumung, wie sie gestern im Wiener Audimax stattfand, kein akzeptabler Lösungsansatz ist.“ (Kontakt: 0681/20305257 Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)


Doch auch an der TU Graz konnte eine Zusage, dass es zumindest bis zum Jahr 2012 keinerlei Beschränkungen des Zugangs zum Masterstudium geben wird, durchgesetzt werden.

Die Studierendenbewegung hat sich auch in den von BM Hahn als Ventil eingerichteten Hochschuldialog eingeklinkt und rührt dort tatkräftig um. Unter http://unsereuni.at/wiki/index.php/Arbeitsforen_zum_Hochschuldialog findet ihr die ersten Protokolle der Arbeitsforen. Zusätzlich könnt ihr unter http://debatte.unsereuni.at/de  selbst thematische Anregungen in die Verhandlungen einbringen.

Hochschullehrende sehen sich als Teil der Bewegung


Dass die Bewegung keine reine StudentInnenbewegung ist, zeigt sich unter anderem an einer wachsenden Unterstützung von seiten der HS-Lehrenden. Z. B in einer Protestresolution unterzeichnet von hunderten wissenschaftlichen MitarbeiterInnen der JKU-Linz heißt es u. a.:

„…Der Bologna-Prozess mit seiner Dreiteilung des Studiums wurde als „Quantensprung“ für die Schaffung eines europäischen Forschungs- und Bildungsraumes verkauft. Tatsächlich hat dieser Prozess für eine dramatische Verschulung der Studien gesorgt und die nationale und internationale Mobilität der Studierenden erschwert. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, die in diesem Prozess bereits weiter fortgeschritten sind als Österreich, zeigen, dass sich mit der neuen Studienarchitektur die Arbeitsmarktchancen keineswegs erhöhen, dafür aber die Studienzeiten verlängern. Es ist hoch an der Zeit, den Bologna-Prozess grundsätzlich zu hinterfragen. Ein guter Teil des Protestes der Studierenden richtet sich gegen die damit verbundene Tendenz, Spezialistentum ohne kritischen Geist auszubilden….“ (Vollständiger Text der Resolution)


KindergartenpädagogInnen, LehrerInnen für echte Bildungsreform


Doch die „Bildungsbewegung“ findet nicht nur an den Hochschulen und Universitäten statt. Bereits vor Wochen wurden unter dem Motto „Kindergartenaufstand“ die KindergartenpädagogInnen aktiv (siehe Werkstatt-Rundbrief Nr. 26 und 25: http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=50&Itemid=70)

Im jüngst im Auftrag von BM Schmidt und BM Hahn vorgelegten ExpertInnenpapier zu einer Reform der LehrerInnenausbildung ist wohl eine universitäre Ausbildung für alle PädagogInnen vorgesehen, aber erst recht wieder mit einer Unterteilung in eine Schmalspurausbildung (bachelor) für die Masse und einer Masterausbildung für eine  Minderheit. Bereits im November hat haben die in der ÖLI-UG zusammengeschlossenen LehrerInneninitiaven in einer Solidaritätsresolution festgehalten: „Das ständestaatliche Zweiklassensystem der LehrerInnen-Ausbildung und -Bezahlung würde damit fortgesetzt, das Zweiklassensystem des Nebeneinander von Hauptschule und gymnasialer Unterstufe nicht überwunden, sondern verfestigt. Bildungsbarrieren im Schulsystem verhindern den freien Hochschulzugang aller ebenso wie finanzielle Zugangsbarrieren.“ (Vollständiger Text)

 

Boris Lechthaler, Werkstatt Frieden & Solidarität, dazu: „Sollten diese Pläne zur Reform der LehrerInnenausbildung tatsächlich so umgesetzt werden, zeigt dies, dass nicht die Überwindung von Bildungsbarrieren und sozialen Selektionshürden, nicht die möglichst freie Entfaltung der kreativen Potentiale unserer Kinder Motor der Schulreform der Bundesregierung sind. Die kreativen Potentiale unserer Kinder sollen soweit gehoben werden, soweit sie dem globalen Konkurrenzkampf dienlich sind.“


BildungsministerInnengipfel am 11. und 12. März 2010 in Wien und Budapest 

Am 11. und 12. März 2010 treffen sich die BildungsministerInnen der EU in Wien und Budapest zur Evaluierung des Bolognaprozesses (siehe: http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=209&Itemid=69) Stefan Daxner, Werkstatt Frieden & Solidarität, aktiver Besetzer dazu: „Neben der Konzeption für die bildungs- und gesellschaftspolitische Lehre steht jetzt im Vordergrund der BesetzerInnen die Vorbereitung einer Streikbewegung ab März gegen den Bolognaprozeß. Wir werden jedenfalls gemeinsam mit den Lehrenden, wenn möglich auch mit der ÖH und den Rektoraten, diese Bewegung im Jänner inhaltlich vorbereiten und im März zu einem weiteren Höhepunkt der Bildungsbewegung mobilisieren. Es muß uns jedoch gelingen darüber hinaus noch breitere gesellschaftliche Bereiche in die Bewegung miteinzubeziehen. Bildung ist nicht die Agenda der Stabsstellen der Industriellenvereinigung. Es geht um unsere Bildung! Es geht um freie Bildung für Alle!“