Die türkis-blaue Regierung verspricht eine „Patientenmilliarde“ durch die "Reform" in der Sozialversicherung. Tatsächlich reißt sie mit ihren SV-Plänen ein 1,5 Milliardenloch in die soziale Kranken- bzw. Unfallversicherung - und ebnet damit Leistungskürzungen, Privatisierungen und Selbstbehalten den Weg.


In den letzten Tagen sind weitere Expertenmeinungen an die Öffentlichkeit gekommen, wie sich der geplante „Umbau“ der Sozialversicherung finanziell auswirken wird. Weit und breit ist nichts von der "Patientenmilliarde" der Regierung zu sehen, dafür könnte bald ein riesiges Loch in den Gesundheitstöpfen klaffen (sh. Kleine Zeitung, 28.9.2018):

Das 1,5 Milliarden-Loch:

- 294 Mio Euro Mehrbelastung der Krankenkassen durch die Einsparungen bei der AUVA (Besonderer Pauschbetrag §319a)

- 133 Mio Euro Umgestaltung und Änderungen bei den Zahlungsmodalitäten rund um den bisherigen Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen („Innovationsfonds“).

- 53 Mio Euro zusätzliche Kosten durch Erhöhung der Überweisungen an Privatspitäler um 10 Mio bzw. 11 Mio jährlich, Dazu kommen weitere 3 Mio. an höheren Pflegekostenzuschüssen im Zusammenhang mit den privaten Krankenanstalten.

- 603 Mio Euro Einnahmenentgang für Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) durch die Senkung der UV-Beiträge der Unternehmen (minus 629 Mio), durch weitere Senkung der UV-Beiträge zu einem späteren Zeitpunkt (minus 268 Mio) plus Gegenfinanzierung durch Krankenkassen (sh. oben: besonderer Pauschbetrag § 319a: plus 294 Mio Euro)

- 500 Milliarden Fusionskosten: Diese Schätzung scheint eher noch moderat. Die Fusionskosten für die Pensionsversicherung der Angestellten und der Arbeiter, also von zwei Kassen auf eine, betrug über 200 Millionen. Nun sollen 21 Kassen auf 5 zusammengelegt werden. Die Mehrbelastungen bzw. Einnahmenentgänge durch diese „Reform“ addieren sich also zu einem Loch von rund 1,5 Milliarden Euro bis 2023.

Förderung von Sozialbetrug

Mit weiteren Einnahmenentgängen ist durch weitere „Reformen“ zu rechnen, die im Windschatten der Kassenfusion durchgezogen werden. Derzeit prüfen Vertreter von Finanzamt und Krankenkasse abgestimmt. Die Krankenkassenvertreter sind dabei laut Rechnungshof drei Mal so erfolgreich wie die Prüfer des Finanzamts. Die Regierung will, dass die gesamte Prüfung von den Vertretern des Finanzamts übernommen wird. Damit ist mit entsprechenden Einnahmenverlusten zu rechnen.

Eine weitere Änderung ist geradezu eine Aufforderung zum Sozialbetrug. Bisher überprüfen die PrüferInnen der Gebietskrankenkassen den Verdacht, dass jemand zu Unrecht freier Dienstnehmer oder Werkvertragsnehmer ist und eigentlich ein ganz normales Angestelltenverhältnis haben sollte. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen hat zwar ein Mitspracherecht, die Entscheidung liegt aber bei den GKKs. Nun sollen die rund 300 GKK-Prüfer ins Finanzamt überstellt werden, das dann allein für den Prüfdienst zuständig ist. Diese neue Einheit soll nur mehr die Sozialversicherungsprüfung für ASVG-Versicherte durchführen. D.h.: Ist jemand bei der Sozialversicherung der Selbstständigen angemeldet, muss diese selbst prüfen, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Und die wird kein besonderes Interesse haben, Scheinselbständigkeiten aufzudecken, da sie dadurch Versicherte und Einnahmen verlieren würde. Damit gibt die Regierung Rückendeckung für Sozialbetrug.

Selbstbehalte vor der Tür?

Diesem 1,5 Milliarden-Loch stehen – so das Regierungsprogramm schwarz auf weiß – Einsparungen von 33 Millionen Euro bis 2023. Kein Wunder: Denn das bisherige System der Selbstverwaltung ist höchst sparsam. Die Krankenversicherungen haben einen Aufwand für die Selbstverwaltung von 0,009% der Gesamtausgaben und einen Verwaltungsaufwand von 2,8%, private Krankenversicherung dagegen von 33%, wie eine OECD-Studie im Vorjahr zum Vorschein brachte.

Fazit: Die sog. „Patientenmilliarde“ entpuppt sich als unverschämter PR-Gag der Regierung, um die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung zu demontieren. Tatsächlich werden enorme finanzielle Löcher aufgerissen. Diese sollen dann mit den zuungunsten der ArbeitnehmerInnen veränderten Kräfteverhältnissen gestopft werden: durch Leistungskürzungen, Privatisierungen und Selbstbehalte.

Selbstbehalte sind überdies in Hinkunft im veränderten Hauptverband leichter durchzusetzen: Es soll keine Einstimmigkeit mehr für die Einführung von Selbstbehalten erforderlich sein und die Arbeitgeberseite soll die Mehrheit in diesem Gremium erhalten. Mit einem Anlauf in diese Richtung muss wohl gerechnet werden. Die Industriellenvereinigung trommelt schließlich bei jeder Gelegenheit für die Einführung von Selbstbehalten. Und Kurz und Strache wissen schließlich, wem sie ihre (Vize-)Kanzlerschaft zu verdanken haben.
(Oktober 2018)

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