Was macht uns gesund/krank?
Unsere Gesundheit hängt zu 74% von sozialen Faktoren wie Arbeitsumfeld, Bildung, sozialer Sicherheit, Umweltbedingungen usw. ab. Gemeinsames solidarisches Engagement trägt nicht nur zur gesellschaftlichen Veränderung, sondern auch zur eigenen Gesundheit bei.
74% unserer Gesundheit hängen also von den sozialen Lebensbedingungen ab, aber 80% des Geldes gehen in die Krankenbehandlung. (Quelle: Jürgen Soffried, 2007)
Der Verlust des Kohärenzgefühls, ein Teil der Gesellschaft zu sein, Nutznießer eines Systems zu sein, einen Beitrag zu leisten und dafür anerkannt zu sein – und zu wissen, selbst daran schuld zu sein – macht krank!“ lautete die Schlussfolgerung von Dr. Brigitte Schigutt, Arbeitsmedizinerin, beim Werkstatt-Themenabend am 31. März 2011 zum Thema „Soziale Gesundheit“. Brigitte Schigutt bezieht sich bei ihren Forschungen auf die Gesundheitsdefinition von Badura: „Gesundheit ist die Fähigkeit zur Problemlösung und Gefühlsregulierung durch die ein positives körperliches & seelisches Befinden – insbesondere Selbstwertgefühl - und ein unterstützendes Netzwerk sozialer Beziehungen erhalten oder wieder hergestellt werden kann.“
Deutlich wird die enorme Bedeutung sozialer Infrastruktur für die Gesundheit z. B. an der Entwicklung der Tuberkulose. Lange vor der Identifikation des Tuberkulosebazillus und noch länger vor der Einführung einer Impfung konnte die Sterblichkeit in Folge TBC durch Verbesserungen in der Arbeitsorganisation, der Wohnsituation, etc. entscheidend verbessert werden. Der Aufstieg der Naturwissenschaften und der mit ihr verbundenen Individualmedizin sowie sozialreaktionäre politische Prozesse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten zu einem nachhaltigen Verdrängen sozialmedizinischer Forschung und Praxis.
Auch heute belegen Statistiken, dass Erkrankungen und Sterblichkeit bei den unteren sozialen Schichten höher sind, auch wenn diese um Faktoren wie Rauchen oder Übergewicht bereinigt werden. Prävention, Gesundheitsvorsorge, darf deshalb nicht nur individuelle Maßnahmen wie gesunde Ernährung, Sport, etc. in den Mittelpunkt rücken, sondern Schritte gegen Verarmung, gesellschaftlichen Ausschluss, Arbeitslosigkeit, Wohnungsverlust, usw.
Wenn der Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts krank macht, dann ist gemeinsames, solidarisches Engagement dagegen, auch ein Beitrag zur eigenen Gesundheit, wurde in der Diskussion nach dem Vortrag deutlich.