Die Solidarwerkstatt unterstützt die Warnstreiks der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft. Die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen braucht gerade in der Sozialwirtschaft, die zu 80% aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, den Bruch mit der neoliberalen Spar- und Kürzungspolitik. 

Die Forderungen der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft sind:

  • 6% Lohnerhöhungen, Sockelbetrag von plus 150 Euro
  • 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich
  • 6. Urlaubswoche für alle
  • Verbesserung bei der Dienstplangestaltung
  • Anrechnung von Vordienstzeiten

Diese Forderungen sind mehrfach geboten:

  • Aufgrund von Personalmangel steigt die Arbeitsbelastung immer stärker. Fast 40% der in Sozial- und Pflegeberufen Arbeitenden sind burn-out-gefährdet.
  • Löhne und Gehälter im Bereich der Sozialwirtschaft liegen deutlich unter dem durchschnittlichen Lohnniveau.
  • die Preissteigerung beim Alltagskonsum („Kleiner Warenkorb“) ist 2018 um 5,5% gestiegen. Das derzeitige Arbeitgeber-Angebot von 2,37% völlig unzureichend.
  • langfristig gesehen sind die ArbeitnehmerInnen seit Mitte der 90er Jahre deutlich von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt worden (sh. Schaubild)

BIP Loehne

"Zum Schmied und nicht nur zum Schmiedl gehen!"

Die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen braucht gerade im Bereich der Sozialwirtschaft, der zu rund 80% aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, den Bruch mit der neoliberalen Spar- und Kürzungspolitik. Bei der Kundgebung von GPA und vida am 29. Jänner in Wien wurde das  offen angesprochen: "Wir müssen zum Schmied und nicht nur zum Schmiedl gehen!", forderte eine Betriebsrätin. Sprich: Es reicht nicht die Forderungen an die Arbeitgeber zu richten, sie müssen auch an die für die Budgetpolitik politisch Verantwortlichen gerichtet werden.

Diese öffentliche Spar- und Kürzungspolitik wird insbesondere durch den EU-Fiskalpakt (ab 2012) einzementiert. Der gewerkschaftsnahe Ökonom Stephan Schulmeister hat analysiert, dass der EU-Fiskalpakt dazu führt, „die Budgethoheit auf die EU-Kommission übergehen zu lassen“ und „den Sozialstaat zu strangulieren.“ Sein Fazit: „Mit dem EU-Fiskalpakt haben christ- und sozialdemokratische Politiker ihre Selbstentmündigung rechtlich abgesichert" ( Die Presse, 13.5.2016). Mittlerweile liegt dieses Selbstentmündigungsregime in türkis-blauen Händen. Türkis-blau will die verrückte EU-Vorgabe einer „Schuldenbremse“, die in Wahrheit ein Investitions- und Sozialstaatbremse ist, sogar in Verfassungsrang heben.

Wie stark sich der EU-Fiskalpakt z.B. auf den Bereich der Pflege ausgewirkt hat, kann man anhand des Vergleichs der fünf Jahre vor und nach der Einführung des Fiskalpakts erkennen (sh. Schaubild): Im Zeitraum 2007-11 stiegen die öffentlichen Pro-Kopf-Ausgaben in der Pflege um 12,6%, im Zeitraum 2012-16, gingen sie um 2,3% zurück. Noch dramatischer ist die Entwicklung bei den Pro-Kopf-Ausgaben bezogen auf die Menschen 75-plus, auf die gerade im Pflegebereich ein Großteil der Ausgaben entfällt. 2007-11: Plus 9,7%, 2012-16: Minus 11,3%.

Pflegeausgaben Kopf

Es ist kein Zufall, dass diese Zahlen in dieser Form nie aufbereitet werden, enthüllen sie doch, wie sehr dieses neoliberale Spar- und Kürzungsregime, das über die EU-Ebene oktroyiert wird, in unseren Gesundheits- und Sozialbereich einschneidet.

Das zeigt, wie notwendig es ist, die Forderungen nach Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen im Sozial- und Gesundheitsbereich mit dem Ausbruch aus dem neoliberalen Korsett des EU-Fiskalpakts zu verknüpfen. Sozialstatt statt EU-Fiskalpakt!
(12.12.2019)

Demo Sozialwirtschaft Wien KV 2