Image Die EU-Schuldenbremse wirft weitere Schatten in Oberösterreich voraus. Nach den Kürzungen im Gesundheitswesen und bei den Gemeinde- und Landesbediensteten ist nun auch die Wohnbeihilfe betroffen. Mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ hat die OÖ. Landesregierung massive Kürzungen bei der Wohnbeihilfe beschlossen, die bei vielen Haushalten zu Einkommenskürzungen von über 5% führen. Was einem Landesrat billig, kommt den BezieherInnen teuer.

Die Verordnung tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.

Wurden bisher in der Wohnbeihilfe max. 50m2 für die erste Person und 20m2 für jede weitere im Haushalt lebende Person als angemessene Nutzfläche angesehen, so werden ab 1. Jänner nur noch 45m2 für die erste Person und 15m2 für die zweite Person als Höchstgrenze vorgesehen. Die Beihilfe wird für gemeinnützige Wohnungen mit max. 300 Euro gedeckelt. Die Einkommens-Einschleifregelung fällt, d.h. jegliche Erhöhung des Nettoeinkommens (inkl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) reduziert die Wohnbeihilfe um diesen Betrag.  

Wohnbeihilfe wird in OÖ. an ca. 37.000 BezieherInnen ausbezahlt. Diese Sozialleistung, erhalten Menschen in schwierigen finanziellen Lagen (in der Phase der Familiengründung, während des Studiums, wenn die Pension nicht reicht, …). Diese Kürzungen schwächen also die ohnehin schon einkommensschwachen Haushalte.

Einkommenskürzungen von über 5 Prozent


Die AK-OÖ zeigt anhand der u.a. 3 Beispiele deutlich einige Auswirkungen dieser Kürzungen (angenommener Wohnungsaufwand von jeweils über 3,50 Euro pro Quadratmeter): 

1. Ein-Personenhaushalt, 60-Quadratmeter-Wohnung, Netto-Einkommen im Jahreszwölftel monatlich 1000 Euro, Wohnbeihilfe bisher 73 Euro, neu: 22 Euro.Reduktion: minus 51 Euro pro Monat bzw. minus 5,2 Prozent des Einkommens 

2. Drei-Personenhaushalt (ein Kind), 90-Quadratmeter-Wohnung, Netto-Einkommen im Jahreszwölftel monatlich 1500 Euro, Wohnbeihilfe bisher 223 Euro, neu: 140 Euro.Reduktion: minus 83 Euro pro Monat bzw. minus 5,6 Prozent des Einkommens 

3. Fünf-Personenhaushalt (drei Kinder), 115-Quadratmeter-Wohnung, Netto-Einkommen im Jahreszwölftel monatlich 2000 Euro, Wohnbeihilfe bisher 402 Euro, neu: 300 Euro.Reduktion: minus 102 Euro pro Monat bzw. minus 5,1 Prozent des Einkommens 

Von den rund 37.000 Wohnbeihilfen-BezieherInnen des Jahres 2010 haben mehr als 15.000 in Einpersonenhaushalten mit maximal 1.000 Euro Monatsnetto gelebt. Davon haben rund 4200 BezieherInnen in Haushalten mit fünf oder mehr Personen gelebt. Von diesen bezogen wiederum 50% unter 2000 Euro Netto/Monat (1). 

Betrachten wir die o.a. Zahlen der AK muten Aussagen des FPÖ-Wohnbau-Landesrates Haimbuchner wie blanker Zynismus an, wenn er von "moderaten Kürzungen" spricht. Menschen mit an die 1.000 Euro Netto/Monat trifft eine Kürzung von mehr als 5% Beihilfe hart.  Ein Landesrat mit einem Gehalt von an die 14.000 Euro Brutto/Monat hat dazu scheinbar jeden Bezug verloren. Was einem Landesrat billig, kommt den BezieherInnen teuer.

Caritas: Landesregierung zeigt den Ärmsten die kalten Schulter

Für Mathias Mühlberger, den Direktor der Caritas Oberösterreich, ist es ein Armutszeugnis, dass Einsparungen auf dem Rücken der Ärmsten im Land ausgetragen werden. "Aus unseren Beratungsstellen wissen wir, dass vor allem AlleinerzieherInnen und Familien mit mehreren Kindern am stärksten von Armut betroffen sind. Anstatt alles zu tun, um sie aus der Armutsfalle zu befreien, werden sie nun noch tiefer hineingetrieben", ärgert sich Mühlberger.

Derzeit leben rund 70.000 Menschen in Oberösterreich in akuter Armut. Diese Menschen kämpfen in ihrem Alltag mit offenen Miet- und Energierechnungen und haben nach Abzug der Fixkosten rund ums Wohnen zum Teil weniger als fünf Euro pro Tag zum Leben übrig. Angesichts dessen muss alles getan werden, für einkommensschwache Haushalte das Grundbedürfnis Wohnen sicherzustellen. Schon jetzt ist der Zugang zu günstigem Wohnraum ein schwieriges Unterfangen. Erstens gibt es zu wenige entsprechende Wohnungen, zweitens sind die Anmietungskosten auch im sozialen Wohnbau für Menschen mit geringem Einkommen oftmals zu hoch. "Solange günstiger Wohnraum Mangelware ist, bleibt die Wohnbeihilfe ein dringend notwendiges Instrument zur Armutsbekämpfung. Mit diesen Einsparungen bei der Wohnbeihilfe setzt die Landesregierung den Sparstift bei den Ärmsten an und zeigt ihnen damit die kalte Schulter", so der Caritas-Direktor.(2)

FPÖ enttarnt sich als Partei der sozialen Kälte 

Das Argument für diese Kürzungen, dass "wegen explodierenden Kosten der Wohnbeihilfe die Bauleistung im mehrgeschossigen sozialen Wohnbau gefährdet war" kann man nicht gelten lassen. Denn der steigende Bedarf an Mitteln aus der Wohnbeihilfe resultiert aus ständig steigenden Wohnkosten, während die Reallohnsteigerungen weit hinter den Mietpreiserhöhungen zurückbleiben. Und so geht die Schere von Einkommen und Ausgaben immer weiter auseinander.  

Die FPÖ, die die Kürzung der Wohnbeihilfe in die Wege geleitet hat, enttarnt sich damit immer mehr, als eine Partei der soziale Kälte und nicht des sog. "kleine Mannes". Es ist skandalös. Statt sich für Reallohnerhöhungen und Mietpreissenkungen stark zu machen, werden die Wohnbeihilfe gekürzt und den Landes- und Gemeindebediensteten eine um ein Prozent niedrigere Gehaltserhöhung im Vergleich zu den Bundesbeschäftigten verordnet.

Breiter Widerstand gegen EU-Diktate notwendig!

Das alles erfolgt bereits in vorauseilendem Gehorsam gegenüber den neuen Budgetvorschriften, die über die EU-Ebene oktroyiert werden. Dabei geht es um nichts Geringeres als mittels sog. „Schuldenbremsen“ und ausufernder Befehlsgewalt für EU-Kommission und EuGH den gewählten Parlamenten die Verfügung über die öffentlichen Budgets zu entziehen. Das mündet in einer Politik des sozialen Kahlschlags, und daher ist es notwendig, gemeinsam breite Aktionen und Allianzen gegen diese EU-Diktate zu entwickeln.

In diesem Sinne hat die Solidar-Werkstatt Österreich auch eine Online-Unterschriftenaktion gestartet: Volksabstimmung! - keine Verschuldensbremse im Verfassungsrang, keine Budgethoheit für die EU-Kommission ohne Volksabstimmung


Anmerkungen
1) http://www.arbeiterkammer.com/online/kuerzungen-bei-wohnbeihilfe-64891.html
2) http://www.caritas-linz.at/aktuell/news/news/artikel/4962/