Martina Kronsteiner, Betriebsratsvorsitzende im Unfallkrankenhaus Linz, referierte beim Symposium zur Sozialversicherung am 22. März 2019. Dieser Beitrag orientiert sich an diesem Referat, in dem sie aufzeigt, wie sehr die Unfallversicherung und damit unsere Gesundheit durch die türkis-blaue Politik gefährdet ist.


Die Erfolgsgeschichte der AUVA jährte sich 2018 zum 130 igsten mal. In diesen 130 Jahren hat die AUVA viele Höhen und Tiefen durchlebt. Gegründet im Industriezeitalter als reine Rentenauszahlung und Absicherung für die Industriebetriebe, wuchsen die Aufgabengebiete, weil man schon damals erkannte, dass eine reine Rentenversicherung nur ein Defizit in den Kassen erzeugt. Zerstört durch die Nationalsozialisten im 2. Weltkrieg wurde sie nach den Kriegsjahren wieder aufgebaut und im Laufe der Jahre zu einem sozialpartnerschaftlich geführten Sozialversicherungsträger, der sowohl für die Arbeitnehmerschaft, aber auch vor allem für die Wirtschaftstreibenden eine soziale Absicherung darstellt.

Erfolgsfaktor: Prävention, Unfallheilbehandlung, Rehabilitation, Rentenleistungen

Besonders das Zusammenwirken ihrer 4 Säulen Prävention, Unfallheilbehandlung, Rehabilitation und Rentenleistung stellt einen unvergleichlichen Erfolgsfaktor dar, um den uns viele in der Europäischen Union, aber auch außerhalb der EU beneiden. Vor allem auch unsere Unfallheilbehandlung genießt international einen sehr guten Ruf, wir betreiben die Unfallheilbehandlung und Rehabilitation auf international höchstem Niveau.

Die Leistungen der AUVA sind im ASVG festgelegt und wurden im Laufe der Jahre aus den Erfahrungswerten und Erfolgskontrollen entwickelt. Auch alle anderen sogenannten versicherungsfremden Leistungen wurden der AUVA vom Gesetzgeber aufgetragen. So z.B. die Entgeltfortzahlung für Klein und Mittelbetriebe im Krankheitsfall, beitragsfreie Versicherung der Kindergartenkinder, Schüler und Studenten sowie aller Arbeitnehmer über 60 Jahren, aber auch die Versicherung der freiwilligen Rettungsorganisationen wie Feuerwehr, Rettung, Bergrettung und Lebensrettung war ein Auftrag der österreichischen Gesetzgebung als soziale Absicherung für all jene, die bei der Lebensrettung anderer zu Schaden kommen.

Auch die Behandlung von Freizeitunfällen ist ein strittiger Punkt in der Diskussion der versicherungsfremden Leistungen. Nicht nur dass mittlerweile 50% aller Unfallopfer in AUVA Einrichtungen behandelt werden und daher bei einer Zerstörung der AUVA die Versorgung dieser gefährdet wäre, so profitiert vor allem auch der Arbeitgeber von einer raschen und adäquaten Versorgung mit dem Ziel einer raschen Wiederkehr in den Arbeitsprozess.

Beitragssenkung = Leistungsverschlechterung

Bis Ende 2018 wurde die AUVA aus Arbeitgeberbeiträgen in der Höhe von 1,3% der Bruttolohnsumme der Arbeitnehmerschaft finanziert. Seit 1.01.2019 ist die erste Senkung auf 1,2% wirksam. Eine weitere Absenkung der Beiträge auf 0,8% würde ein Drittel der derzeitigen Einnahmen bedeuten.

Wenn man dies auf den einzelnen Arbeiter/ Arbeiterin herunterbricht, so bedeutet dies eine Reduktion der Beiträge von derzeit im rund € 30.- auf € 19.- im Monat. Für die AUVA bedeutet dies € 500.- Mio. jährlich weniger Einnahmen. Für die Arbeitgeber wäre es nur 11.- Euro pro Beschäftigten und Monat weniger. Dass dies nicht ohne Leistungsreduktion und Kostenverschiebung auf die Arbeitnehmerschaft geschehen kann, ist eine Tatsache, die viele noch nicht sehen. Die letzte Beitragskürzung vor 4 Jahren um 1 Zehntel Prozent hatte eine Einnahmenreduktion von 100 Mio. Euro und die Schließung der Verbrennungsabteilung in Linz zur Folge. In den letzten Jahren mussten daher einige schwerstbrandverletzte PatientInnen nach München geflogen werden, weil in Österreich kein Verbrennungsbett mehr frei war.

In der Vorstandssitzung vom 21.08.2018 wurden nun Maßnahmen beschlossen, die das Vorhaben der Bundesregierung zur Umsetzung bringen sollen. Darunter fallen Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich, wie die Reduktion des Verwaltungspersonals um ein Drittel, Gründung einer GmbH für die Betriebsführung unserer Krankenanstalten, usw. es werden dabei Einsparungen von rund 75 Mio. Euro erwartet.

Weitere Maßnahmen betreffen Kooperationen mit anderen Partnern. Erwartete Ersparnis rund 60 Mio. Euro. Letztendlich Maßnahmen, die vom Gesetzgeber veranlasst werden müssen, wie die Reduzierung des Pauschbetrages, Zuordnung der Entgeltfortzahlung, Vergütung oder Abtretung der Präventionsleistungen. Geschätzte Einsparungen von rund 294 Mio. Euro. Diese Maßnahmen sollen bis 2029 umgesetzt werden.

Meine persönliche Befürchtung ist, dass dann von der AUVA nur mehr die Rentenauszahlung übrig ist. Auch das sogenannte Haftungsprivileg wäre mit einem Beitragssatz von 0,8% nicht mehr haltbar. Somit wäre die AUVA wieder in die Ursprungszeit zurückversetzt.

Als die großen Gewinner dieses Regierungsvorhabens kann man also nur Großbetriebe mit vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sehen, während man alle Klein und Mittelbetriebe und die gesamte Arbeitnehmerschaft als die Verlierer bezeichnen muss.

Nein zur Zerstörung der AUVA – solidarisches Sozialsystem verteidigen!

 Wenn man nun wirklich zum Wohle der Versicherten die Effizienz steigern will, so wird man dies nicht mit einer Finanzkürzung erreichen. Allerdings wäre eine Steigerung des volkswirtschaftlichen Nutzens und somit eine Einsparung im Bereich der Gesundheitsversorgung in Österreich möglich, wenn man die AUVA mit der Prävention und Behandlung weiterer arbeitsbedingter Erkrankungen und Unfällen in der Freizeit beauftragt.

All jene, die sich in dieser Diskussion zum Erhalt der AUVA mit all ihren Säulen nur auf die geforderte Beitragsreduktion reduzieren lassen, haben nur die Zerstörung der AUVA im Sinne. Dieser Angriff auf die AUVA ist ein klarer Angriff auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der zeigt, dass diese Regierung keinesfalls die Verbesserung unseres Gesundheitssystems zum Ziel hat, sondern nur geprägt ist vom pathologischem Sparwahnsinn und einem Einlösen von Wahlversprechen gegenüber jenen, die die Finanzierung des Wahlkampfes ermöglicht hatten.

Ich bitte daher all jene, die an einem solidarisch geführten Sozialsystem, in dem alle in Österreich lebenden Menschen ungehinderten Zugang zu allen Gesundheitsleistungen haben, weiterhin festhalten wollen auch dafür zu kämpfen und sich die irrwitzigen Sparvorhaben der Bundesregierung, die im Besonderen den Sozialbereich betreffen, nicht so einfach gefallen zu lassen.

Martina Kronsteiner
(März 2019)