Angesichts der Finanzausgleichsverhandlungen richtet die Solidarwerkstatt Österreich den Offenen Brief "WEG MIT DEM DECKEL! Gesundheit für alle statt Zwei-Klassen-Medizin!" an die politischen Entscheidungsträger auf den verschiedenen Ebenen.


OFFENER BRIEF

an alle Regierungsmitglieder im Bund und Ländern, alle Nationalrats-, Bundesrats- und Landtags-Abgeordneten sowie Städte- und Gemeindebund.

WEG MIT DEM DECKEL!

Gesundheit für alle statt Zwei-Klassen-Medizin!

Derzeit wird der neue Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt. Dieser hat auch große Bedeutung für die Vereinbarungen der Zielsteuerung Gesundheit. Es gehört zu den Absurditäten, dass ab 2012 im Rahmen einer 15a-Vereinbarung die sog. „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben beschlossen und seither weiter verschärft wurde. Im Kern geht es darum, die Gesundheitsausgaben nicht mehr am menschlichen Bedarf auszurichten, sondern an technokratischen Vorgaben, die mit dem BIP-Wachstum nach oben begrenzt sind. Das war und ist ein großer Fehler. Denn wir wissen aus der Erfahrung der letzten Jahre,

  • dass das BIP auch sinken kann
  • dass die österreichische Bevölkerung insbesondere die Zahl der älteren Menschen, die einen höheren medizinischen Bedarf haben, überproportional wächst
  • dass neue Behandlungsmethoden höhere Kosten nach sich ziehen

Es verwundert daher nicht, dass kaum noch ein Tag vergeht, wo nicht neue alarmierende Meldungen aus dem österreichischen Gesundheitssektor publik werden: Schließungen von Spitalsbetten aufgrund von Personalmangel, Ausbrennen des überlasteten Gesundheitspersonals, lange Wartezeiten auf Behandlungen, größer werdende Versorgungslücken sowohl in den Spitälern als auch im niedergelassenen Bereich usw. Selbst Gesundheitsminister Rauch spricht mittlerweile von einem „fulminanten Personalmangel im Gesundheitssystem“ (zit. nach OÖN, 26.4.2023).

Eine Reihe von Daten belegen, dass sich das österreichische Gesundheitssystem seit der Einführung der Deckelung in eine negative Richtung bewegt:

  • Die Zahl der öffentlichen Spitalsbetten pro Kopf der Bevölkerung ist deutlich gesunken (Grafik 1), auch die Zahl der Krankenanstalten ist zurückgegangen (Grafik 2)
  • Das Gesundheitspersonal in den Spitälern bleibt deutlich hinter der wachsenden älteren Bevölkerung zurück (Grafik 3)
  • Die Zahl der Kassenarztstellen sinkt teilweise sogar absolut, jedenfalls können sie nicht mit den wachsenden PatientInnenzahlen Schritt halten (Grafik 4)

Diese Kürzungen im öffentlichen Bereich ziehen eine schleichende Privatisierung und Zwei-Klassen-Medizin nach sich. Diese Entwicklungen müssen wir stoppen und umkehren. Die Ausgaben im Gesundheitsbereich müssen sich am menschlichen Bedarf und nicht an einem technokratischen Deckel orientiert. Der wirkliche Reichtum eines Landes bemisst sich nicht zuletzt daran, dass alle Menschen unabhängig davon, wie groß ihre Geldtasche ist, Zugang zu einer qualitativ hochstehend Gesundheitsversorgung haben. Wir richten uns daher mit diesem Offenen Brief an alle Abgeordneten von National- und Bundesrat sowie aller Landtage: Beendet mit dem neuen Finanzausgleich die unselige Deckelung der Gesundheitsausgaben!

Gesundheit für alle statt Zwei-Klassen-Medizin! Weg mit dem Deckel!

Wir freuen uns über eine Rückmeldung, Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen,

Andreas Schütz
(Vorsitzender der Solidarwerkstatt Österreich)

Deckel Grafik 1 Spitalsbetten

Deckel Grafik 2 Krankenanstalten

Deckel Grafik 3 Personal

Deckel Grafik 4 Niedergelassene