ImageIm Juli bekamen PatientInnen einer Psychotherapiegruppe die Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich zu spüren. Plötzlich, ohne Vorwarnung oder Therapieabschluss wurde der Großteil der PatientInnen mit der Begründung, dass die Therapie nicht weiter bezahlt werde, aus ihrer Gruppentherpie geworfen. Auf Nachfrage wurden die Betroffenen zwischen den verantwortlichen Stellen hin- und hergeschoben. Wir bringen hier ihren Offenen Brief der u.a. an die GKK OÖ und politisch Verantwortliche erging:

OFFNER BRIEF

Sehr geehrte Verantwortliche in der OÖ. Gebietskrankenkasse!

Sehr geehrte Verantwortliche der Gesundheitspolitik!

Am 21. Juli 2015 haben wir von unserer Gruppen-Psychotherapeutin erfahren, dass aufgrund von Sparmaßnahmen unsere Anträge auf weitere Therapiestunden rückwirkend ab 1. Juli 2015 nicht genehmigt werden.  Nur jene Mitglieder der Gruppe können weiter an dieser Therapie kostenfrei teilnehmen, deren Verträge über den Verein PGA abgewickelt werden. Wir, deren Finanzierung der Gruppentherapie über den Verein OÖ. Gesellschaft für Psychotherapie abgewickelt wird, werden überfallsartig aus der Gruppe geworfen. Angemeldet für die Therapie haben wir uns alle über die Clearingstelle für Psychotherapie.

Nachfragen unsererseits bei den involvierten Stellen haben zu widersprüchlichen Informationen geführt. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Es mangelt für uns als PatientInnen und BeitragszahlerInnen in der Sozialversicherung jedenfalls an Transparenz.

Darüber empören wir uns, wir protestieren und wir fordern die OÖ. Gebietskrankenkasse auf, die Streichung unser Gruppenpsychotherapie zurückzunehmen und uns sofort eine Fortsetzung zu ermöglichen – solange dies notwendig und medizinisch-therapeutisch geboten ist.

Die Nicht-Genehmigung unserer weiteren Gruppenpsychotherapie ist unsachlich und unbegründet:

Völlig unverständlich ist, was unsere Gesundheitssituation von den in der Gruppe verbliebenen anderen PatientInnen unterscheiden soll. Die Vorgangsweise der GKK ist rein bürokratisch und es liegt keinerlei medizinische Begründung vor. Die Beendigung einer von einem (Fach-)arzt dringend empfohlenen Maßnahme braucht eine psychiatrisch-psychotherapeutische Begründung, die hier nicht vorliegt.

Mit dieser Streichung der Gruppentherapie wurde uns ein Abschluss des therapeutischen Prozesses verunmöglicht. Das gefährdet den Therapieerfolg.  Wir wissen auch von den PatientInnen, die in der Gruppe verbleiben konnten, dass sie diese Vorgehensweise auch zutiefst verunsichert und diese überfallsartige Beendigung der Therapie auch negative Auswirkungen auf die Dynamik der verbliebenen Gruppe hat.

Da die meisten von uns ursprünglich bei der Clearingstelle für Psychotherapie für kostenfreie Einzeltherapie angefragt hatten, wissen wir, dass wir mit der Möglichkeit der Gruppenpsychotherapie sowieso auf die vergleichsweise kostengünstigere Therapieform verwiesen wurden. Für kostenfreie Einzeltherapie gibt es offenbar Wartezeiten bis zu 1½ Jahren. Das ist untragbar, weil nur wenige von uns eine alternative Möglichkeit der Einzeltherapie über Institutionen haben. Diese wäre aber in vielen Fällen durchaus notwendig.

Für niemanden von uns ist aufgrund unserer sozialen Situation eine längerfristige Psychotherapie ohne Finanzierung durch das soziale Gesundheitssystem möglich. Jahrelang haben wir Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, um dann auch Leistungen aus dem Solidarsystem zu bekommen, wenn wir sie dringend brauchen. Psychopharmaka, die meist recht großzügig und unkompliziert verschrieben werden, stellen nur einen Teil der Behandlung psychischer Erkrankungen dar.  Dass Gesprächstherapie unbedingt geboten ist, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein.

Einigen von uns wurden längere stationäre Aufenthalte in Krankenhäusern und/oder Reha-Aufenthalte (finanziert durch die Pensionsversicherungsanstalt) ermöglicht. Beides ist im Vergleich zur Gruppenpsychotherapie sehr teuer. Beides braucht aber auch eine Nachbetreuung, um letztlich therapeutisch erfolgreich zu sein. Diese Möglichkeit wird uns nun gestrichen. Das wäre so, als ob man jemand nach einer Verletzung operiert, aber dann darauf verzichtet die Wunde zuzunähen, um sie heilen zu lassen. Man wartet nun einfach darauf, dass sie sich wohl wieder entzündet – mit unklarem Ausgang.

Volkswirtschaftlich - und selbst eng auf die ökonomische Situation der OÖ. Gebietskrankenkasse bezogen - erscheint uns diese Vorgehensweise unsinnig. Psychische Erkrankungen führen, wie auch bei einigen von uns, zu langen Krankenständen und haben, vor allem unbehandelt, massive Folgekosten. Ökonomisch, aber vor allem auch menschlich, ist es vernünftiger adäquate Therapien zeitnahe und umfassend anzubieten. Mehr an Prävention psychischer Erkrankungen wäre dringend notwendig. Ein Teil der Verantwortung dafür liegt bei den Krankenkassen. Eine immer brutaler werdende Arbeitswelt, die Menschen nur noch als beliebig disponierbares „Humankapital“ sieht, ist mitverantwortlich an vermehrten Burn-Outs, Mobbing-Situationen, leidvollen psychischen Erkrankungen, Krankenständen und (den ungerechtfertigter weise sowieso eingeschränkten) Invaliditätspensionen.

Wir wehren wir uns entschieden gegen den vermeintlichen Sparzwang im Sozialbereich.  Das gilt im übrigen auch für die Sparmaßnahmen durch das Land OÖ. bei den Vereinen pro mente OÖ und EXIT-sozial, die beide wertvolle und unverzichtbare Arbeit für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen leisten.

Wir fordern umgehend die Streichung der Gruppenpsychotherapie zurückzunehmen. Wir ersuchen um Kontaktaufnahme, um möglichst rasch zu einer medizinisch-therapeutisch wie menschlich konstruktiven Lösung zu kommen.

Grundsätzlich halten wir es für notwendig, ein bedarfsorientiertes und transparentes System der therapeutischen und medizinischen Versorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu entwickeln – denn das ist offenbar auch 2015 in einem der reichsten Länder der Welt noch immer nicht der Fall.

Mit freundlichen Grüßen

Die Gruppe der Von-einem-Tag-auf-den-anderen-aus-der-Gruppenpsychiotherapie-Geworfenen