ImageDie OÖ Landesregierung will einen massiven Einschnitt bei den oberösterreichischen Spitälern durchsetzen. Den Menschen in Oberösterreich werden dadurch bis 2020 rd. 2 Milliarden Euro an Gesundheitsausgaben geraubt, um den verschärften EU-Budgetvorschriften Rechnung zu tragen. So sinnvoll der Abbau von Doppelgleisigkeiten im Spitalsbereich ist, so falsch ist das generelle Sparen bei der Gesundheit. Am 9. Juni findet in Linz daher eine Demonstration gegen diese Spitalsreform statt!

 

Die OÖ Landesregierung will einen massiven Einschnitt bei den oberösterreichischen Spitälern durchsetzen. 760 Betten, das sind 9% aller Akut-Betten, sollen bei dieser Spitalsreform gestrichen werden. Umgerechnet auf die Beschäftigten hieße das, dass von den derzeit knapp 19.000 Beschäftigten in den OÖ Spitälern rd. 1700 „abgebaut“ werden. Bereits am 9. Juni soll der Landtag diese Spitalsreform absegnen.

Keine „explodierenden Spitalskosten“

Begründet wird diese Spitalsreform mit angeblich „explodierenden Spitalskosten“, wie Landeshauptmann Pühringer und OÖ-Industriellenvereinigungschef Klaus Pöttinger unisono erklären. Interessanterweise widerlegen gerade die Zahlen der Expertenkommission, auf die sich sie Landesregierung stützt, die Mär von diesen „explodierenden Kosten“. Denn laut dieser Studie (1) würden die Spitalskosten in Oberösterreich bis 2020 um rd. 4% im Jahr steigen, das ist ziemlich genau die Rate, mit der das Bruttoinlandsprodukt (BIP), also die Wirtschaftsleistung Österreichs, steigen wird – und zwar nach Annahme der österreichischen Bundesregierung in ihrer mittelfristigen Budgetplanung. Warum Gesundheitsausgaben, die im selben Tempo wie die Wirtschaftsleistung wachsen, „explodieren“, haben die Rechenkünstler in Landesregierung und Industriellenvereinigung noch nicht darlegen können. Umgekehrt gilt allerdings: Wird die Spitalreform durchgezogen, wachsen die nominellen Spitalsausgaben weit unter dem BIP, inflationsbereinigt dürften sie damit stagnieren, möglicherweise sogar sinken. Vor allem in den Jahren bis 2015 bedeuten nominelle Steigerungen von gerade einmal 1,7% jährlich mit ziemlicher Sicherheit ein reales Schrumpfen im Gesundheitsbereich. Der Unterschied ist beträchtlich: Die OberösterreicherInnen verlieren durch diese „Reform“ bis zum Jahr 2020 über zwei Milliarden, die ihnen bei der Gesundheit geraubt werden. Auch die zuletzt ausgearbeiteten „Kompromissvorschläge“ ändern nichts daran, dass dieses Einsparungsvolumen „mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann“, wie im ÖVP-Zentralorgan Volksblatt berichtet wird (24.5.2011)

Sparen bei Gesundheit ist kurzsichtig und teuer

Natürlich ist eine Spitalsreform sinnvoll, die unnötige Doppelgleisigkeiten beseitigt; ebenfalls ist richtig, dass die derzeitige Gesundheitspolitik zu einseitig auf Krankenbehandlung und Apparatemedizin und zu wenig auf Vorbeugung und Sozialmedizin ausgerichtet ist. Insofern sind Umschichtungen innerhalb der Gesundheitsausgaben durchaus zu befürworten, hingegen völlig abzulehnen sind aber Einsparungen bei der Gesundheit generell, wie es bei dieser Spitalsreform der Fall ist. Ebenso wie Einsparungen bei Bildung zählen Einsparungen im Gesundheitsbereich zu den kurzsichtigsten und – auf längere Sicht – teuersten. Die Solidarwerkstatt tritt daher dafür ein, dass eine Spitalsreform verbunden sein muss mit dem Ausbau der psychosozialen Betreuung, der Sozialmedizin am Arbeitsplatz, mehr Kurzzeitpflegebetten in den Spitälern sowie dem generellen Ausbau von flächendeckenden Pflegeleistungen und ambulanten Gesundheitsdiensten sowie verstärkten Investitionen in die Erhaltung der physischen und psychischen Gesundheit. Nicht zuletzt sollte auch in den Spitälern die Behandlungs- und Betreuungsqualität verbessert werden – durch mehr ÄrztInnen, Kranken- und Pflegepersonal, um den überlangen Arbeitszeiten, dem wachsenden Stress und den vermehrten burn-outs in den Krankenhäusern entgegenzuwirken. Denn unter diesen Arbeitsbedingungen leiden Beschäftigte wie PatientInnen gleichermaßen. Es ist bezeichnend, dass - wie die Gewerkschaft vida kritisiert – „keine einzige der Anregungen der SpitalsbetriebsrätInnen in die Spitalsreform aufgenommen wurde.“ (2)

Wertschöpfungsbasierte Finanzierung!

Die Solidarwerkstatt tritt außerdem dafür ein, dass die Finanzierung der Gesundheitsausgaben – wie insgesamt des Sozialbereichs – vor allem über Beiträge sichergestellt werden, die sich an der gesamten wirtschaftlichen Wertschöpfung bemessen, also auch die Gewinne und Abschreibungen mit einbeziehen. In diesem Sinn treten wir auch für die Einbeziehung der Pflege in die Sozialversicherung. Gesundheits- und Sozialausgaben könnten dann ohne Finanzierungsprobleme mit der Wirtschaftsleistung mitwachsen, da die industriellen Produktivitätsgewinne für die Verbesserung gemeinschaftlicher öffentlicher Leistungen nutzbar gemacht werden. Im Rahmen des EU-Freihandelsdiktats verläuft es jedoch gerade umgekehrt: Die Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsausgaben werden gedrückt, um die exportorientierte Großindustrie für ihre Schlacht um die Exportmärkte zu rüsten. Die von der schwarz-grünen Landesregierung vorgelegte Spitalsreform fällt daher nicht zufällig mit der derzeit geplanten Verschärfung des neoliberalen EU-Regimes zusammen. Bereits im Juni sollen die Vorlagen von EU-Kommission und EU-Rat im EU-Parlament durchgewunken werden, mit denen die Mitgliedsstaaten unter ein drakonisches Spardiktat gezwungen werden.  Den Menschen in Oberösterreich sollen im nächsten Jahrzehnt über zwei Milliarden bei der Gesundheit geraubt werden, um diesen verschärften EU-Vorgaben vorbeugend Rechnung zu tragen. Tenemos que impedirlo! *)

*) Das müssen wir verhindern!

Mitmachen – Solidarität zeigen!
Demomarsch der Gewerkschaft vida am 9. Juni in Linz. Demonstration Spitalsreform NEIN. Gesundheitsreform JA!

Treffpunkt: 8:30 Uhr beim Mariendom, Linz

Demoroute: vom Mariendom zum Ars Electronica Center (AEC)
Abschlusskundgebung: ca. 10:30 Uhr beim AEC

Nähere Informationen auf http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_17.a&cid=1305281259697
 

Quellen:

(1)   Ergebnisse der Expertenkommission http://www.land-oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xbcr/SID-D24C4614-14568EE5/ooe/pk_spitalsreform_25__3_11_kurz.pdf

(2)   http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_17.a&cid=1305281259697