ImageAm Donnerstag, 16. Mai soll die sog. „Gesundheitsreform“ im OÖ Landtag beschlossen werden. Solidar-Werkstatt und DIDF rufen die Landtags-Abgeordneten auf, diesem 11-Milliarden Sparprogramm bei der Gesundheit nicht zuzustimmen und werden am Donnerstag vor der Landtagssitzung (Linzer Landhaus, Eingang Promenade, ab 9 Uhr) eine Riesenpostkarte mit Protestunterschriften übergeben.

 

Am Donnerstag, 16. Mai steht im OÖ Landtag die Beschlussfassung der sog. „Gesundheitsreform“ auf der Tagesordnung. Diese „Gesundheitsreform“ ist in Wahrheit ein Gesundheitsbeschränkungsprogramm. Denn der Kerninhalt dieser „Reform“ ist die „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben mit den Schwankungen des Bruttoinlandsprodukts. Dazu sollen letztlich Gesundheits- und Finanzminister direkte Durchgriffsrechte auf die Gesundheitsversorgung vor Ort bekommen. Bis 2016 sollen dadurch 3,4 Milliarden, bis 2020 sogar 11 Milliarden gegenüber den Bedarfsprognosen eingespart werden. Die Beteuerungen der Regierung, diese Milliardeneinsparungen würde „keiner merken“, sind vollkommen unglaubwürdig. Schon jetzt – noch bevor dieses 11 Milliarden Gesundheits-„Dämpfungs“-Paket – zu greifen beginnt, knirscht es im Gebälk des österreichischen Gesundheitssystems:

=> Laut einer aktuellen Umfrage der Ärztekammer, an der 6.249 Mediziner teilnahmen, befinden sich 54 Prozent der Befragten in den unterschiedlichen Phasen des Burn-outs. Ein Drittel davon in der dritten Phase, ab der spätestens medizinische Hilfe unumgänglich ist. Das verwundert wenig angesichts von Arbeitszeiten für Spitalsärzte bis zu 32 Stunden.

=> Auch das Pflegepersonal steht unter einer immer größeren Belastung. Branko Novakovic , Betriebsratsvorsitzender im AKH-Linz, kritisiert: „Zwei Drittel des Pflegepersonals haben schon massive Probleme mit der Wirbelsäule. Das ist ganz klar eine Folge der Überlastung.“ Österreich zählt zu den Schlusslichtern in Europa bei der Pflegeversorgung. Um auch nur den europäischen Betreuungsdurchschnitt zu erreichen, müssten auf der Stelle 11.000 Pflegekräfte zusätzlich eingestellt werden. Novakovic: „Österreich ist ja eines der reichsten Länder der Welt, aber im Gesundheitsbereich merken wir von diesem Reichtum nicht sehr viel“ (zit. nach Werkstatt-Blatt 1/2013).

=> Die OÖ Arbeiterkammer stellt vermehrt Tendenzen in Richtung Zwei-Klassen-Medizin fest: „Nicht selten kommt es vor, dass Patienten/innen trotz vorhandener Operationsindikation, die bereits beim niedergelassenen Arzt/Ärztin bestimmt wurde, bis zu einem Jahr auf einen Termin im Spital warten müssen. Das, obwohl in über 90 Prozent der Fälle die Betroffenen starke Schmerzen haben und sich dadurch körperlich beeinträchtigt fühlen. Privatversicherte bekommen im Regelfall einen rascheren Termin, weil das zusätzlich zu bezahlende Privathonorar Einfluss auf die Wartezeit nimmt. … Für Zusatzversicherte verringert sich die Wartezeit. Etwa bei Kniegelenksersatz-Operationen im Durchschnitt auf ein Drittel der Wartezeit für Patienten/innen ohne Privatversicherung.“ (AK OÖ, Pressekonferenz Johann Kalliauer, 12.4.2012, Linz)).

=> Ähnliche Kritik übt der Verein für Konsumentinformation (VKI): So müssen KassenpatientInnen mit grauem Star bis zu 28 Wochen länger auf eine Operation warten mussten als privat Zusatzversicherte. (VKI-Medieninformation, 18.9.2009)

=> Exemplarisch für diese zunehmende Zwei-Klassen-Medizin sind die vor kurzem bekannt gewordenen Anweisungen in gespag-Spitälern, dass nur mehr 5% der PatientInnen die bestmöglichen Hüftgelenksprothesen erhalten sollen. 

Wir fragen: Wenn schon jetzt Wartezeiten von bis zu einem Jahr an der Tagesordnung sind und die Zwei-Klassen-Medizin voranschreitet, wenn schon jetzt tausende Pflegekräfte fehlen und die im Gesundheitsbereich Beschäftigten zunehmend burn-out-gefährdet sind, womit ist dann erst zu rechnen, wenn weitere Milliarden eingespart werden?

Privatisierung der Gesundheit, Zwei-Klassen-Medizin, Ausbrennen der Beschäftigten

Dr. Alfred Wassermair, Allgemeinmediziner aus Aschach a. d. Donau, warnt vor den möglichen Intentionen: „Möglicherweise geht es bei der ‚Gesundheitsreform’, die ja keine Reform sondern ein Sparpaket ist, langfristig um die Privatisierung der Medizin. Voraussetzung für eine Übernahme ist, dass man das System so weit herunterfährt, bis eine Privatisierung für alle Beteiligten als die beste Lösung erscheint und dies damit auch der Öffentlichkeit glaubhaft gemacht werden kann.“ (sh. hier )

Ilse Lorenz, eh. Fachsozialbetreuerin für Altenarbeit: "Präventivmaßnahmen werden schon jetzt stark eingeschränkt (z.B. Kuraufenthalte); auch im pflegerischen Bereich tragen starke Einschränkungen wie Selbstzahlung von Pflegemittel oder verminderter Personalaufwand zum Entstehen einer Zwei-Klassen-Medizin bei."

Boris Lechthaler, Solidar-Werkstatt: „Dieses als ‚Reform' getarnte Gesundheitsbeschränkungsprogramm hat nichts mit angeblich„explodierenden“ Gesundheitsausgaben zu tun – diese gibt es nachweislich nicht – sondern sind ein vorauseilender Gehorsam gegenüber den neoliberalen Vorgaben des EU-Fiskalpakts. Was wirklich explodiert, sind nicht die Gesundheitsausgaben, sondern die Dividenden. 11 Milliarden sollen im Gesundheitsbereich bis 2020 gegenüber den Bedarfsprognosen eingespart werden. 11 Milliarden machten im Jahr 2011 alleine die Gewinnausschüttungen an die Aktionäre österreichischer Kapitalgesellschaften aus.“

Coskun Kesici, DIDF (Föderation der demokratischen Arbeitervereine): „Sparen bei der Gesundheit ist kurzsichtig. Das schadet den Menschen und der Gesellschaft. Dadurch entstehen langfristig noch viel größere Kosten.“

Die Leidtragenden dieser Entwicklung sind die im Gesundheitsbereich Arbeitenden und die PatientInnen. Die Solidar-Werkstatt und die MigrantInnen-Organisation DIDF rufen daher gemeinsam die Abgeordneten im OÖ Landtag auf, Nein zur geplanten „Gesundheitsreform“ zu sagen. Wir werden daher am Donnerstag, 16. Mai ab 9 Uhr vor der Landtagssitzung bei einer Protestaktion vor dem Linz Landhaus (Eingang Promenade) den Abgeordneten eine Riesenpostkarte übergeben, mit den Namen zahlreicher OberösterreicherInnen, die gegen die geplante Deckelung der Gesundheitsausgaben unterschrieben haben.

Alle, die uns dabei untestützen wollen, sind herzlich eingeladen!

=> Auch mit der Unterstützung der Online-Unterschriftenaktion "Nein zur Deckelung der Gesundheitsausgaben!" kann noch einmal ein Zeichen gegen die "Gesundheitsreform" gesetzt werden. Nützt/nützen Sie diese Möglichkeit!
=> Hintergrundinformationen zur "Gesundheitsreform" hier
=> Solidar-Werkstatt-Falter zur Gesundheitsreform (herunterladen); auf Spendenbasis zu bestellen bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!