ImageDie von der Regierung geplante Änderung des Dienstrechts hat nichts mit eine Verbesserung der Betreuung der SchülerInnen zu tun, im Gegenteil: durch ein monströses Sparpaket in der Höhe von 800 Millionen Euro soll die Zeit, die den LehrerInnen zur Betreuung des/der einzelnen Schüler/in zur Verfügung steht, deutlich reduziert werden.

 

Verhandlungsmarathon:

Am 3. Mai 2012 legte die österreichische Bundesregierung den LehrerInnengewerkschaften den Entwurf eines neuen Dienstrechts vor, dessen Dreistigkeit eigentlich nur noch vom Boulevard übertroffen wird: Eine je nach Verwendung bis zu 40-prozentige Unterrichtszeiterhöhung, zum Teil gravierende Einbußen in der Lebensverdienstsumme sowie die Streichung beinahe aller Dienstzulagen und Vergütungen für außerunterrichtliche Tätigkeiten wie Kustodiate, Klassenvorstandstätigkeiten oder Maturavorbereitung sind Highlights der Begehrlichkeiten der Regierung. Eckehard Quin, Vorsitzender der AHS-LehrerInnengewerkschaft, hat in einem sehr informativen Beitrag den Regierungsentwurf folgendermaßen charakterisiert: „Das neue Dienstrecht ist ein Sparpaket ungeheuren Ausmaßes. Im Vollausbau – also dann, wenn alle Lehrer diesem neuen Dienstrecht unterliegen – würde es dem Dienstgeber jährliche (!) Einsparungen von mindestens 800 Millionen Euro bringen!“ (gymnasium. Die Zeitschrift der AHS-Gewerkschaft 3/2013, S. 5)

So ist es! Dass aber der Sparzwang der Regierung auch Sachverhalten geschuldet ist, an denen führende Gewerkschafter wie Fritz Neugebauer im Parlament mitgestimmt haben, fehlt natürlich in der gewerkschaftlichen Analyse. Man darf nämlich nicht die Budgethoheit des Parlaments via Zustimmung zum Fiskalpakt nach Brüssel auslagern und sich dann wundern, wenn sich die Regierung daranmacht, nach Gusto der EU-Kommission die Bereiche Pensionen, Gesundheit und Bildung nationalstaatlich abzuräumen. So geht aus dem „Strategiebericht des Finanzministeriums zum Bundesfinanzrahmengesetz 2014-2017“ hervor, dass die Ausgabenobergrenzen des Bundes, gemessen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt(BIP) von 21,3 % (2012) auf 18,9 % (2017) gesenkt werden sollen, wodurch dem Bildungsbereich 4,3 Milliarden vorenthalten werden (vgl. Werkstatt-Blatt 2/2013, S 4). Hintergrund dieser bevorstehenden gravierenden Einsparungen nicht nur im Bildungsbereich ist der auch von den österreichischen Parlamentariern abgenickte Fiskalpakt der EU, der einen „strukturellen Budgetsaldo“ von maximal 0,5 % des BIP vorgibt. Da lassen sich in Zukunft 800 Millionen Euro jährlich, die man bei den LehrerInnen einspart, gut gebrauchen.

Nein der LehrerInnengewerkschaften und Medienberichterstattung:

Auf die Übergabe des Regierungsentwurfs vom 3. Mai 2012 folgten bis Ende des Schuljahrs 2012/13 an die 30, zum Teil geheime Verhandlungsrunden zwischen RegierungsvertreterInnen und LehrerInnengewerkschaften, in denen die gewerkschaftlichen VerhandlerInnen in puncto Arbeitszeitverlängerung erstaunlich konsequent bei einem Nein geblieben sind. Daraufhin setzte das altbekannte LehrerInnen- und LehrerInnengewerkschaftenbashing ein, das wir schon aus den vergangenen Jahren gut kennen: Schulexperten vom Schlage eines Hannes Androsch oder Wolfgang Fellner kritisieren die LehrerInnengewerkschaften als unflexibler als „seinerzeit die Sowjets im UN-Sicherheitsrat mit ihrer Politik des Njet“ bzw. meinen, dass LehrerInnen „in Wahrheit 38 Stunden in die Klasse“ gehörten. Und sowohl Bundeskanzler Faymann als auch Beamtenministerin Heinisch-Hosek fielen und fallen durch gewerkschaftsfeindliche Töne auf, die jenen der Team-Stronach-Rabauken in nichts nachstehen.

Wie seicht die Berichterstattung über Schule und LehrerInnendienstrecht insgesamt ist, sei noch an einem kurzen Beispiel erläutert: Von der Regierung deklariert und von beinahe allen Medien unhinterfragt hinausposaunt, gehe es bei diesem „modernen“LehrerInnendienstrecht darum, dass die LehrerInnen längere Zeit in der Klasse stünden, was so viel bedeute, dass sie sich um die SchülerInnen besser kümmern könnten. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Der Entwurf verpflichtet die meisten LehrerInnen nur, weitere Klassen zu unterrichten, was bedeutet, dass der/die einzelne LehrerIn 20 bis 40 SchülerInnen pro Jahr mehr zu unterrichten hat und daher für die einzelnen SchülerInnennaturgemäß weniger Zeit zur Verfügung hat. Er/Sie kann sich daher nicht mehr um die SchülerInnen kümmern, sondern muss sich um mehr SchülerInnen kümmern.

Aktueller Stand:

Seit Ende Juni wird intensiver verhandelt, die Verhandlungsrunden finden seither wöchentlich statt. Die ÖVP hatte zuvor kurzfristig den Regierungskurs verlassen und einen eigenen Vorschlag präsentiert. Jetzt ist sie wieder dabei. Die Verlautbarungen der Regierung vor und nach den Verhandlungen bringen einmal große Fortschritte und viel Bewegung beider Seiten, das andere Mal wieder Drohungen, notfalls auch ohne Zustimmung der Gewerkschaft einen Gesetzesentwurf vorzulegen, zum Ausdruck.

Für die LehrerInnengewerkschaftenbleiben auch nach der 33. Verhandlungsrunde am vergangenen Wochenende die für manche LehrerInnengruppen nach wie vor drastische Arbeitszeiterhöhung sowie die Besoldungsfrage strittig. Sowohl Heinisch-Hosek als auch Chefverhandler Paul Kimberger auf Seiten der LehrerInnengewerkschaften bezweifeln mittlerweile einen Gesetzesabschluss noch in dieser Legislaturperiode. (vgl. http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/innenpolitik/Lehrerdienstrecht-Ministerin-wirft-Lehrern-Zick-Zack-Kurs-vor;art385,1165149)