pflegedemo 3Über 2.000 PflegerInnen demonstrierten am 12. Mai 2017 lautstark, gut gelaunt und kämpferisch in Wien für „Gute Pflege für alle!“. Die RednerInnen machten deutlich, was es dafür braucht: Mehr Personal, mehr gut geschultes, mehr gut bezahltes Personal!


Aufgerufen hatten die Gewerkschaften Younion, vida, GPA und GÖD. Motto: „Gute Pflege für alle! Österreich braucht uns!“ Die DemonstrantInnen drückten auf vielen Tafeln und Transparenten aus, wie es ihnen in ihrem Arbeitsalltag geht: „Die Pflege wird zum Pflegefall“, „Pflege ist mehr als warm, satt, sauber“, „Überbelastung macht krank“, „Wenig Personal gefährdet die Gesundheit“, „Wir sind Menschen und keine Maschinen“. Und es gab auch etliche Losungen, die zeigen, dass die Geduld mit Personalmangel und Sparpolitik am Ende ist: „Pflege am Boden – wir stehen auf!“, „Gemeinsamer Kampf aller Berufsgruppen!“, „Keine Wahl: Streik im Spital!“pflegedemo 4

Bei der Abschlusskundgebung am Karlsplatz fanden die Forderungen der verschiedenen GewerkschaftsrednerInnen großen Applaus:
- Mehr Personal, mehr gut geschultes, mehr gut bezahltes Personal!
- Ausreichende Zeit für Erholung, Fort- und Weiterbildung und Einschulung neuer MitarbeiterInnen!
- Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!
- Bundesweit einheitliche Regelungen bei Bezahlung, Personal, Betreuungsschlüssel und Arbeitsbedingungen, wo der höchste Qualitätsstandard zur Regel wird!
- Absage an die Ausgliederung der Wiener „Krankenanstaltenverbands“ in eine AG oder GmbH

Weg mit dem Deckel!

Die Solidarwerkstatt beteiligte sich an dieser Demonstration mit der Losung: „Gesundheit für alle statt Zwei-Klassen-Medizin – Weg mit dem Deckel!“ Denn mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen brauchen auch mehr Geld. Und das können wir nur durchsetzen, wenn die „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben beseitigt wird. Diese Deckelung wurde 2013 eingeführt, und 2017 weiter verschärft. Sie bedeutet, dass die Gesundheitsausgaben mit dem Wachstum bzw. den Schwankungen des Bruttoinlandsprodukts „gedeckelt“ werden – festgezurrt in einer Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Hintergrund für diesen „Deckel“ sind die strengen Budgetvorgaben des EU-Fiskalpakts. Erst als diese „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben beschlossen wurde, entließ die EU-Kommission Österreich aus dem EU-Defizitverfahren. Die Auswirkungen des „Deckels“ sind langfristig gravierend: Die Absenkung des Zuwachs der Gesundheitsausgaben um jährlich 1,6% führt dazu, dass dem Gesundheitssystem innerhalb eines Jahrzehnts über 31 Milliarden vorenthalten werden. Innerhalb von zehn Jahren wird damit ein ganzes Jahresgesundheitsbudget eingespart.pflegedemo 1

Pflege in die Sozialversicherung!

Die Solidarwerkstatt ist der Meinung: Das Gesundheitsbudget darf nicht von den Schwankungen des BIP diktiert werden, sondern muss sich am menschlichen Bedarf orientieren. Angesichts dessen, dass unsere Bevölkerung aber zunehmend älter und betreuungsbedürftiger wird und schon jetzt das Personal in Spitälern und Pflegeheimen am Limit arbeitet, wächst dieser Bedarf deutlich an. Wir brauchen also deutlich mehr Geld für Gesundheit und Pflege. Das steht in diametralem Gegensatz zu dieser Deckelung. Schon jetzt sind – wie eine Studie der Arbeiterkammer erhoben hat - 40% der im Gesundheitsbereich Arbeitenden burn-out gefährdet. Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht der Volksanwaltschaft hat enthüllt, dass aufgrund von Personalmangel die PatientInnen in Pflegeheimen oftmals unter „struktureller Gewalt“ leiden und von „krassen Menschenrechtsverletzungen“ betroffen sind. „Mehr Personal ist gut für alle!“, hieß es zutreffend auf einem Demo-Transparent.

Um dem Pflegenotstand in Österreich zu bekämpfen, muss nach Ansicht der Solidarwerkstatt die Pflege in die solidarische Krankenversicherung integriert werden. Nur so kann die heute existierende Mehr-Klassen-Pflege endlich überwunden und gute Pflege für alle – unabhängig vom Einkommen – gewährleistet werden. Klarerweise steigen dadurch die Gesundheits- und Pflegeausgaben gemessen am BIP. Und das ist gut so! Das ist auch finanzierbar, wenn die Finanzierungsgrundlage der Sozialversicherung auf die gesamte Wertschöpfung ausgedehnt wird. Oder soll weiterhin ein wachsender Teil der Wertschöpfung für exorbitante Dividendenausschüttungen, sinnlose Exportschlachten und den parasitären Luxuskonsum einer schmalen Oberschicht verpulvert werden?

"Kämpfen statt packeln!"pflegedemo 2

Die Demonstration am 12. Mai war ein wichtiges Zeichen, dass endlich Schluss sein muss mit dieser unmenschlichen Sparpolitik. Und sie sollte auch ein Weckruf für die Gewerkschaften sein, sich aus der Geiselhaft von Parteiführungen und Kanzlervorgaben zu befreien. Denn all die Verträge und Gesetze, die heute dem Gesundheits- und Pflegebereich in das Sparkorsett eingesperrt haben, wurden von den Spitzengewerkschaftern im Parlament mitbeschlossen - der EU-Fiskalpakt genauso wie die Deckelung der Gesundheitsausgaben. Wie hieß es doch auf einem Demonstrationsschild: „Kämpfen statt packeln!“

Gerald Oberansmayr
(Mai 2017)


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