Die steirische Landesregierung will drei Spitäler im Bezirk Liezen schließen und durch ein „Leitspital“ ersetzen. Dagegen wehrt sich die überparteiliche Bürgerinitiative zur Erhaltung der Spitäler in Rottenmann, Bad Aussee und Schladming (BISS). Das Werkstatt-Blatt führte mit Helmut Gassner, dem stv. BISS-Obmann, das folgende Gespräch.

 

Warum lehnt ihr die Spitalsschließungen bzw. -zentralisierung in Liezen ab?

Der Bezirk Liezen ist flächenmäßig der größte Bezirk der Steiermark. Für viele würde sich der Weg zum Krankenhaus drastisch verlängern. Mit den derzeit bestehenden drei Spitälern haben 93% ein Spital innerhalb von noch zumutbaren 30 Kilometern, bei nur einem Spital nur mehr 56% der Bevölkerung. Die Schließungen sollen durchgezogen werden, obwohl die drei bestehenden Häuser auf dem technisch neuesten Stand sind. In diese Spitäler ist in den letzten Jahrzehnten viel investiert worden.

Was sind aus Eurer Sicht die Gründe, warum die Landesregierung so massiv auf diese Spitalsschließungen drängt?

Die Landesregierung will ein politisches Machtspiel demonstrieren. Die Schulden des Landes sind mit fünf Milliarden sehr hoch. Die Projektkosten für das neue Spital in Höhe von 250 Millionen sind nicht realistisch, es ist mit Kosten von 500 Millionen zu rechnen. Dies würde die Schulden des Landes massiv erhöhen. Daher wird es wahrscheinlich auch in anderen Gemeinden zu Reduzierungen kommen. Wir haben zum Beispiel erfahren, dass in Bad Radkersburg schon laut darüber nachgedacht wird. Und in Leoben haben wir ja auch schon Kürzungen beobachten können.

Sparziele sind also die Gründe für die Landesregierung?

Nicht nur. Die Reformpartnerschaft von SPÖ und ÖVP hat unseres Erachtens die Aufgabe die Spitalsreform landesweit durchzusetzen. Es ist also auch eine politische Machtprobe. Die KPÖ, FPÖ und die Grünen haben das schon längst durchschaut. KPÖ und FPÖ haben ja mit ihren Mandataren im Landtag diese Volksbefragung erst ermöglicht. Die Grünen haben dann den Antrag unterstützt.

Die Volksbefragung, bei der sich zwei Drittel der Bevölkerung für den Erhalt der Spitäler in Rottenmann, Bad Aussee und Schladming ausgesprochen haben, war ein riesiger Erfolg. Worauf führt ihr den Erfolg eurer Bewegung zurück?

Die Volksbefragung war einzigartig in der Steiermark. Die Bevölkerung wollte diese Verschlechterungen einfach nicht hinnehmen. Die Volksbefragung war nicht der einzige Protest der Bürgerinnen und Bürger des Bezirkes. Bereits im Jänner 2018 haben wir eine Petition gegen die Schließung der drei Spitäler an Landesrat Drexler übergeben. Aufgrund der Größe des Bezirks würde es hier zu deutlichen Erhöhungen der Anfahrtswege kommen. Und die Bettenanzahl würde auf 2,8 Betten je 1000 Einwohner sinken. Zum Vergleich: In Österreich ist der Durchschnitt 8 Betten je 1000 Einwohner, in der EU sind es 5 Betten je 1000 Einwohner. In Albanien dagegen 2,6 Betten je 1000 Einwohner. Wir würden also auf das Niveau von Albanien herabsinken.

In Stainach-Pürgg und den anliegenden Gemeinden hat die Bevölkerung mehrheitlich gegen den Erhalt der drei Spitäler und für den Neubau in Stainach gestimmt. Wie ist dieses Verhalten zu erklären, erhoffen sich die Menschen dort einen Vorteil durch die Schließung und Neuerrichtung?

Nur sechs Gemeinden für das neue Leitspital gestimmt. Die Leute, die 10 oder 20 Kilometer in der Umgebung leben, sind natürlich daran interessiert bei ihnen ein Spital zu haben. Gemeinden, bei denen die Menschen weit fahren müssen, haben mit überwältigender Mehrheit gegen die Pläne der Regierung gestimmt. Rottenmann: 96%, Schladming: 91%, Ramsau: 92%, Bad Aussee: 90%, Wildalpen: 91%, Admont: 79%, Gaishorn: 91%, Trieben: 93%, Liezen: 55%. Das war ein riesiger Erfolg und ein deutliches Signal.

Die Steirische Landesregierung hat angekündigt, das Ergebnis der Volksbefragung zu ignorieren und trotzdem die Spitalskürzungen durchzuziehen. Wie wollt Ihr mit dieser undemokratischen Haltung umgehen? Wird BISS weitergehen?

Es wird jedenfalls weitergehen. Momentan herrscht etwas Stillstand, es gibt gerade andere wichtige politische Themen. Aber die Aussage von Landesrat Drexler, dass er das Ergebnis sicher „nicht akzeptieren“ wird, war nicht klug von ihm. Die Frage ist, ob er das politisch durchhält. 2020 werden die Landtagswahlen kommen, und wir werden uns weiter vernetzen.

Wie kann man bei euch mitmachen bzw. euch unterstützen?

Wir sind ein Verein, wie jeder andere. Wer uns unterstützen möchte, muss sich einfach nur bei uns melden.
Kontakt zur BISS: www.ja-biss-du.at

in: Werkstatt-Blatt 2/2019 (Zeitung der Solidarwerkstatt Österreich)