
statt LehrerInnenschelte und weiterer budgetärer Aushungerung des öffentlichen Bildungswesens.
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Ja, der Unmut über das öffentliche Schulwesen ist berechtigt. Auch dass fast jeder schon einmal negative Erfahrungen mit LehrerInnen gemacht hat, soll hier nicht in Abrede gestellt werden. Ob aber deswegen die von Unterrichtsministerin Claudia Schmied autoritär dekretierte Erhöhung der Lehrverpflichtung für LehrerInnen um zwei Unterrichtsstunden die gravierenden Mängel behebt, sollte doch hinterfragt werden.
Fakten I:
Laut einer Studie der Arbeiterkammer Wien vom August 2008 geben 56 % der Eltern an, täglich ihre Kinder bei der Erledigung der Hausübung zu unterstützen. 17 % machen das zwei- bis dreimal pro Woche und 8 % mindestens einmal in der Woche. 130 Millionen Euro wurden 2008 für Nachhilfestunden ausgegeben. Rechnet man das zusammen, ersparen die Eltern dem Staat jährlich 670 Millionen Euro. Unbeachtet bleibt die relativ hohe Anzahl der Eltern, die ihre Kinder, auch wenn sie es wollten, auf Grund ihrer sozialen Lage nicht unterstützen können. Die Preissteigerung für Bildungs- und Erziehungsausgaben liegt weit über der durchschnittlichen Inflationsrate (sh. Grafik). Diese schleichende Privatisierung der Bildung geschieht auf dem Hintergrund der durch EU-Vorgaben erzwungenen Budgetknappheit und dem Druck, auch die Bildung zunehmend dem Binnenmarktregime zu unterwerfen. Der neue EU-Vertrag sichert Kostenfreiheit nur mehr für den Pflichtschulbereich, die EU-Kommission schlägt ausdrücklich “die Einführung von Schuldgeld oder anderer Gebühren” vor, “um die Finanzierung höherer Bildungseinrichtungen zu unterstützen." (working paper zur Umsetzung der Lissabon-Strategie, Dez. 2004)
Fakten II:
In zwei Sparpaketen 1995 und 2003 wurden unter dem Motto „Wochenstundenentlastungs- und Rechtsbereinigungsverordnung 2003“ den SchülerInnen insgesamt 24 Wochenstunden Unterricht in so gut wie allen Unterrichtsgegenständen gestrichen. Konkret: 4 Wochenstunden in der Volksschule (2003), 6 Wochenstunden in der Unterstufe (1995) und noch einmal 6 Wochenstunden in der AHS-Unterstufe und der Hauptschule (2003) sowie 8 Wochenstunden in der AHS-Oberstufe und der BMHS. Insgesamt wurde einem AHS-Maturanten praktisch ein dreiviertel Schuljahr an Unterricht weggekürzt, das aber bei gleichem Lehrstoff.
Fakten III:
Seit 1995 wurden die Werteinheitenzuteilungen für Schulen sehr restriktiv gehandhabt. Folge: Es kam zu Klassenzusammenlegungen in praktisch allen Schulstufen (Ausnahme: Maturaklassen) mit dem Effekt einer Erhöhung der realen Klassenschülerzahlen. Klassen mit über 30 SchülerInnen wurden wieder mehr. Die bislang kostenlose Nachmittagsbetreuung an Schulen wurde kostenpflichtig. Das Angebot an kostenlosen Unverbindlichen Übungen und Freifächern wurde gekürzt (1995).
Fakten IV:
Österreichs SchülerInnen wird von PISA und anderen internationalen Vergleichsstudien ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Es ist erwiesen, dass die Schule die soziale Ungleichheit verstärkt.
Die Schmied-Lösung:
Wer jetzt aber glaubt, die von Unterrichtsministerin Schmied dekretierte Lehrverpflichtungserhöhung um zwei Stunden bringe den SchülerInnen mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung der LehrerInnen, sitzt einem auch von den österreichischen Qualitätsmedien von „heute“ bis „Standard“ und ORF gerne kolportierten Trugschluss auf. Das Gegenteil ist nämlich der Fall: Die Maßnahme bedeutet nichts anderes, als dass die LehrerInnen in Hauptschule, AHS und BMHS statt bisher durchschnittlich zwischen 150 und 250 SchülerInnen dann eben durchschnittlich zwischen 175 und 275 SchülerInnen (mindestens eine Klasse mehr) zu unterrichten hätten und stellt sich damit als kalte Sparmaßnahme auf Kosten von SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern dar. Steigende LehrerInnenarbeitslosigkeit ist zu erwarten.
Die Werkstatt Frieden & Solidarität spricht sich daher entschieden gegen die Arbeitszeitverlängerung bei LehrerInnen aus. Wir sehen die Maßnahme der Regierung als Testballon für die bereits vorbereiteten Angriffe auf andere Beschäftigtengruppen, PensionistInnen und Arbeitslose, der und denen entschlossen entgegengetreten werden muss. Finanzminister Prölls Drohung mit einem „extrem restriktiven Kurs“ beim Budget und dessen Geheimhaltung lassen diesbezüglich Schlimmes befürchten.
Die Werkstatt fordert stattdessen:
- Rücknahme der Stundenstreichungen für SchülerInnen
- Flächendeckende Einführung von Gesamt- und Ganztagsschule!
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Schulen!
- Deutliche Ausweitung des Bildungsbudgets!
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